Wie realistisch ist es aus Ihrer Sicht – so eines der Studienergebnisse – dass sich Investitionen in die Digitalisierung rasch rentieren?
Müller: Es kommt ganz darauf an, über welchen Bereich der digitalen Transformation wir sprechen. Bei Union Investment haben wir beispielweise die Erfahrung gemacht, dass sich Standardprozesse zum Teil gut und schnell digitalisieren ließen.
Insofern ist hier die Hoffnung auf rasche Verbesserung und einen frühen Return on Invest an vielen Punkten berechtigt. Gleichzeitig sollten die Immobilien-Unternehmen aber nicht nur im kleinen Maßstab denken, sondern sich auch größere Handlungsfelder vornehmen, die unter Umständen einen etwas längeren Atem erfordern.
Eine gute Digitalisierungsstrategie deckt kurzfristige Erfolgsmomente ebenso ab wie mittelfristige Fortschritte und langfristig orientierte Veränderungsprojekte.
Nur wenige Unternehmen wollen im Rahmen der Digitalisierung auch neue Geschäftsfelder erschließen. Welche Gründe lassen sich dafür erkennen und wie bewerten Sie es, mögliche Chancen ungenutzt zu lassen?
Müller: Ich vermute stark, dass in der Immobilienwirtschaft noch eine recht große Unsicherheit gegenüber neuen digitalen Geschäftsfeldern besteht. Das mag auch damit zusammenhängen, dass es die Branche gewohnt ist, in großen Entwicklungszyklen zu denken.
Die Entwicklung digitaler Geschäftsbereiche aber funktioniert anders und zwar in der Regel über sogenannte Minimal Viable Products. Das heißt, man stellt relativ schnell einen nutzbaren Prototypen her und entwickelt diesen dann im Laufe der Anwendung fortlaufend weiter.
Auf diese Weise sind fast alle großen digitalen Geschäftsmodelle an den Markt gekommen. Der Gedanke der Minimal Viable Products mag in der Immobilienszene noch relativ neu sein, ich bin aber gleichzeitig auch überzeugt, dass in vielen Unternehmen derzeit genau auf diese Weise Lösungen entwickelt werden, die den Markt an diversen Punkten verändern werden.
Was leiten Sie aus den Ergebnissen der Studie für das eigene Geschäft bei Union Investment Real Estate ab?
Müller: In Sachen Digitalisierung haben wir selbst noch viel Arbeit vor uns, um das Zielbild des digitalen Asset Managers zu erreichen, das wir selbst für uns definiert haben. Gleichzeitig zeigt uns aber die Studie, dass es viele Marktteilnehmer gibt, die sich noch in der Umsetzung ihrer Digitalisierungsstrategie befinden.
Die neuen digitalen Benchmarks für die Immobilienbranche sind längst noch nicht gesetzt. Das kann auch eine Motivation sein, mit vollem Elan an geplanten Projekten weiterzuarbeiten.
Das Interview führte Frank Milewski.
Foto: Union Investment Real Estate