Wie bei einem Boxkampf mussten Banken und ihre Aktien in den letzten Jahren so einige linke und rechte Haken aushalten…
Kolumne von Robert Halver, Baader Bank
Etwa die geborstene Immobilienblase, die Schuldenkrise in der Eurozone, scharfe Eigenkapitalanforderungen und heftigste Nackenschläge durch die Politik.
Staatsschuldenkrise geldpolitisch k.o.
Wenn selbst Griechenland auch außerhalb des Euro-Rettungsschirms wieder Geld freiwillig am freien Kapitalmarkt erhält, muss die Schuldenkrise in Euroland das Zeitliche gesegnet haben. Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube und behaupte, dass diese glückliche Fügung wohl weniger auf beherzte Standortreformen der griechischen Regierung zurückzuführen ist, obwohl uns das die Euro-Politiker vor der Europa-Wahl von morgens bis abends um die Ohren hauen werden. Und mit Katja Ebsteins „Wunder gibt es immer wieder“ hat es auch nichts zu tun. Nein, es ist die frei nach einem alten Gewerkschaftsmotto ablaufende Geldpolitik der EZB: Alle Euro-Krisen-Räder stehen still, wenn der starke Arm Mario Draghis es will. Und wie er will: Mit seiner im Juli 2012 gegebenen Bestandsgarantie für urbi – die einzelnen Euro-Länder – und damit orbi – die gesamte Eurozone – nahm er griechischen Anleihen das Ausfallrisiko wie eine Bleiweste ab.
Mit diesem großzügigen Hilfspaket verdienen die Banken richtig viel Geld. Denn über die sogenannte Fristentransformation – auf gut deutsch aus kurz mach lang – erhalten sie bei Marios Sorgenpause, auch EZB genannt, zu Nullkommanix-Zinsen unendlich viel Geld und kaufen sich damit wie im Kaufrausch deutlich höher verzinsliche, garantiert ausfallfreie Staatstitel aus Euro-Süd. Süßer die Kassen der Banken nie klingeln…
Schuldenfinanzierungsprozess mit Durchlauferhitzer
Auch zukünftig wird es klingeln, denn um die Wirtschafts- und Finanzrenitenz der Euro-Staaten auszugleichen, um Deflation zu bekämpfen und schlechte Konjunktur- und soziale Stimmung aufzuhellen ist eins so sicher wie Norbert Blüms eigene Rente: Mehr Schulden für die Eurozone. Unsere Maastricht-Kriterien haben wir doch ohnehin schon längst wie einen alten Mantel in die Kleiderspende gegeben.
Mario Draghi fällt dabei weiter in etwa die Rolle des Vertriebschefs für den Absatz neuer Staatsschulden zu. Und nach der Europa-Wahl kann die EZB den Vertriebserfolg mit weiteren geldpolitischen Geschenken sogar noch etwas steigern. Die Banken haben das Dollar-Zeichen – besser das Euro-Zeichen – schon in den Augen.
Euro-Konjunktur: Und bist Du nicht willig…
Aber die EZB wird vermutlich noch eine Zugabe geben. Wenn Banken lieber in risikolose Staatspapiere investieren als risikoreiche Kredite vergeben, wird sich die Geldpolitik auch hier der Probleme annehmen. Dann muss man den Euro-Banken eben auch noch die Kreditrisiken abkaufen. Das hat Amerika auch schon gemacht.
Damit hat man dort den Krediten Beine gemacht, weil die US-Banken wussten, dass man sie zur Not bei der Fed entsorgen konnte. Bei uns bekäme so in einem Aufwasch die Euro-Konjunktur einerseits wieder mehr Kredit-Luft unter ihre Flügel und die Banken verdienten andererseits ausfallsorgenbefreit wieder nach alter Väter Sitte Geld mit ganz normalen Darlehen.
Banken im politischen Schonwaschgang
Nicht zuletzt werden die Banken auch politisch nicht mehr wie Kochwäsche behandelt. Eher kommt der Wollwaschgang zur Anwendung. Denn erstens haben die Banken nach der Europawahl als populistisches Wahlkampfthema keine wirkliche Bedeutung mehr.
Zweitens müssen sich auch ängstlichste Finanzmarktteilnehmer vor dem anstehenden Bankenstresstest nicht fürchten. Zunächst hat die EZB der Ertragslage der Geschäftsbanken und damit erhöhten Eigenkapitalerfordernissen schon kräftig auf die Sprünge geholfen. Sollte die eine oder andere Bank beim Test dennoch zu Molltönen Anlass geben, wird man einfach die rosarote Brille aufsetzen und solange „La vie en rose“ singen, bis auch die Finanzmärkte beschwingt sind. Ein Comeback der Euro-Krisensymptome will kein Euro-Politiker mehr riskieren.
Und drittens: Ab Herbst ist die EZB oberste politische Schutzpatronin über die Euro-Banken. Dann liegen Liquiditätsproblemerkennung und Liquiditätsproblembeseitigung in Personalunion bei ihr. Kann da noch etwas anbrennen? Nein, nicht in unserer Euro-Antihaft-Finanzwelt.
Die Aktien von Banken wird es freuen
Verehrte Anlegerinnen und Anleger, versuchen Sie erst gar nicht, die gute alte Stabilität der Deutschen Bundesbank in der Euro-Finanzwelt zu finden. Eher finden Sie Trüffel im Vorgarten. Die Banken der Eurozone beherbergen ein immer größer werdendes, instabiles Klumpenrisiko in Form von Staatspapieren. Kursverluste von Staatstiteln und damit großen Abschreibungsbedarf der Banken muss die EZB von nun an bis in Ewigkeit mit permanent fließenden Liquiditäts-Brünnlein verhindern. Mario Draghi wird aus seiner Rettungsnummer nicht mehr heraus kommen. Das eigentliche Problem – die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, Strukturreformverweigerung – wird jedoch nicht gelöst, nur mit viel geldpolitischem Make-Up in die Zukunft verschoben und…größer.
Allerdings würde die Rückkehr zur Stabilität der germanischen Machart die stabile Seitenlage der Eurozone gefährden. Euroland bleibt das Land des (Probleme weg-)Lächelns. Immerhin, einstweilen wird das Wohl der euroländischen Banken nicht an der EZB, ihrem Präsidenten oder allgemein der Euro-Politik scheitern.
Wenn Euro-Banken so viel Schönes wird beschert, das ist schon ihre Outperformance 2014 wert.
Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernseh- und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen präsent.
Foto: Baader Bank