Handelsvertreter nehmen eine besondere Rolle in der Wirtschaft ein. Als selbständige Unternehmer vertreten sie die Interessen eines Unternehmens und sind dabei häufig die Schnittstelle zwischen An-bieter und Kunden. Die rechtliche Grundlage ihrer Tätigkeit bildet in Deutschland das Handelsgesetz-buch (HGB), das auch die Rahmenbedingungen für Wettbewerbsverbote regelt. Doch gerade in einem Arbeitsumfeld, das von Selbständigkeit geprägt ist, stellt ein Wettbewerbsverbot eine erhebliche Einschränkung dar. Es beeinflusst nicht nur die berufliche Freiheit der Handelsvertreter, sondern wirft auch rechtliche und praktische Fragen auf.
„Ein Wettbewerbsverbot untersagt es dem Handelsvertreter, während oder nach der Vertragslaufzeit in Konkurrenz zu seinem Auftraggeber zu treten. Ziel ist es, den Geschäftsbetrieb des Unternehmens zu schützen, indem sensible Informationen, Kundenkontakte oder Markteinblicke nicht an Wettbewerber weitergegeben werden. Im laufenden Vertragsverhältnis ist ein Wettbewerbsverbot gesetzlich impliziert, da Handelsvertreter sich aus Treuepflicht gegenüber ihrem Auftraggeber verhalten müssen. Anders verhält es sich jedoch bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten. Diese bedürfen einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung und sind nur dann wirksam, wenn sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen“, erklärt Dr. Tim Banerjee, Rechtsanwalt und Partner bei Banerjee & Kollegen.
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote dürfen laut HGB nicht unangemessen sein. Sie müssen auf maximal zwei Jahre begrenzt sein und eine räumliche, zeitliche sowie inhaltliche Beschränkung auf-weisen, die den Handelsvertreter nicht unverhältnismäßig einschränkt. Zudem ist eine sogenannte Karenzentschädigung zwingend erforderlich, um den Einkommensverlust des Handelsvertreters auszugleichen. Diese Entschädigung muss mindestens die Hälfte des zuletzt erzielten Durchschnittsverdienstes betragen. Andernfalls ist das Wettbewerbsverbot unwirksam.
„Trotz dieser gesetzlichen Vorgaben bleibt die praktische Umsetzung oft streitbehaftet“, so Banerjee. Handelsvertreter stünden vor der Herausforderung, ihre berufliche Freiheit und wirtschaftliche Existenz zu wahren, während Auftraggeber ihre Marktposition absichern möchten. Daher stelle sich häufig die Frage, wie Handelsvertreter ein Wettbewerbsverbot umgehen oder einschränken könnten, ohne gegen vertragliche Pflichten zu verstoßen. Eine Möglichkeit bestehe laut Banerjee darin, das Wettbewerbsverbot durch eine genaue Prüfung der vertraglichen Regelungen anzugreifen. Sei das Verbot inhaltlich zu weit gefasst oder fehlt die angemessene Karenzentschädigung, könne es rechtlich unwirksam sein. Handelsvertreter sollten hierbei juristische Unterstützung hinzuziehen, um eine sachgerechte Einschätzung zu erhalten. Auch der Gang in Verhandlungen mit dem Auftraggeber könne sinnvoll sein, um das Verbot abzumildern oder auf bestimmte Geschäftsbereiche zu begrenzen.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist die genaue Definition des Tätigkeitsbereichs. Handelsvertreter können versuchen, sich auf Geschäftsfelder zu konzentrieren, die außerhalb der vertraglich geregelten Wettbewerbsbeschränkung liegen. So können sie ihre Tätigkeit diversifizieren und die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Wettbewerbsverbots minimieren. Langfristig bietet sich an, bereits bei der Vertragsgestaltung auf eine ausgewogene Regelung zu achten. Handelsvertreter sollten darauf bestehen, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot klar und fair formuliert wird und ihren wirtschaftlichen Interessen Rechnung trägt. Eine transparente Kommunikation zwischen den Vertragsparteien und eine klare rechtliche Absicherung sind dabei unerlässlich.
Für Banerjee gilt daher: „Das Wettbewerbsverbot ist ein zweischneidiges Schwert. Es schützt die Interessen des Auftraggebers, darf jedoch nicht die berufliche Existenz des Handelsvertreters gefährden. Ein sensibler Umgang mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie eine strategische Herangehensweise an Vertrags-verhandlungen können helfen, die Herausforderungen dieses Themas zu meistern.“ Zudem weist er darauf hin, dass die Problematik des Wettbewerbsverbots auch für Arbeitnehmer im Vertrieb gilt.