Herr Dr. Sepp, Hauck Aufhäuser Lampe ist unter anderem im Bereich Asset Servicing sehr stark aufgestellt. Wie hat sich das Geschäft dort entwickelt?
Sepp: Das Asset Servicing und das Private Banking sind in der Tat die beiden starken Geschäftsfelder der Bank. Das Geschäftsfeld Asset Servicing von Hauck Aufhäuser Lampe umfasst die Kernfelder von KVG/ ManCo, Administration und Verwahrstelle in Deutschland, Luxemburg und Irland. Wir sind extrem stolz, dass wir uns in den letzten Jahren in toto über die drei Bereiche hinweg extrem gut weiterentwickeln konnten. 2013 waren wir bei 19 Milliarden Euro Assets under Service (AuS), Ende 2023 administrierten wir bereits knapp 240 Milliarden Euro in den drei Ländern. Und selbst 2023, was ein sehr schwieriges Jahr war, sind wir um 13 Milliarden Euro AuS gewachsen – in den zwei Jahren davor jeweils um 30 Milliarden Euro pro Jahr. Wir haben pro Jahr ca. 200 neue Mandate gewonnen. Das heißt, wir haben in der Folge jeden Arbeitstag ein neues Mandat an Bord genommen. Über die Real-Asset-Seite sind wir in den letzten Jahren besonders stark gewachsen und liegen jetzt bei 185 Milliarden Euro AuS, während wir auf der Financial-Asset-Seite bei knapp 54 Milliarden Euro liegen. Wenn wir über Real Assets reden, dann ist das ein sehr breites Spektrum von Sub-Assetklassen. Das umfasst Immobilien, Private Equity, Venture Capital und auch Infrastruktur oder Wälder. Wir haben letztes Jahr beispielsweise für die MEAG einen großen Waldfonds auflegen dürfen. Besonders stolz sind wir auf die Top-3-Position als Verwahrstelle in Deutschland im Real-Asset-Bereich, wo wir seit Jahren zu den wachstumsstärksten Häusern gehören. Da waren wir vor fünf Jahren noch auf Rang 9 und haben jetzt in den letzten Jahren die großen Wettbewerber überholt. Auf der Financial-Asset-Seite sind wir im Vergleich zu den Wettbewerbern die Nummer 4 Verwahrstelle im Markt, mit einem klaren Fokus auf unabhängige Vermögensverwalter.
Mit Blick auf die Segmente Financial Assets und Real Assets, wie haben sich die Bedürfnisse der Kunden verändert, vielleicht vor der Corona-Pandemie zu der Phase, die wir jetzt gerade durchleben? Es gibt ja nach wie vor multiple Krisen in der Welt.
Sepp: Corona hat nicht so sehr das Anlageverhalten verändert, wohl aber die Form der Kommunikation. Für Meetings großflächig auf Videokonferenzen zurückzugreifen, das wäre vor Corona undenkbar gewesen. Wir schaffen es dadurch auch, deutlich enger getaktet mit den Kunden zu kommunizieren. Das ist extrem positiv.
Was wir deutlich stärker sehen, ist der Wechsel vom Negativzins in die neue Welt eines deutlich angestiegenen Zinsniveaus, die natürlich die Dynamik auf der Real-Asset-Seite tangiert hat. Wir sind letztes Jahr um 13 Milliarden gewachsen, die zwei Jahre davor um 30 Milliarden. Daran sieht man, dass sich diese Dynamik verändert hat. Das Gute ist, ich muss sagen, wir haben jetzt in den letzten Wochen, Monaten auch wieder viel mit institutionellen Investoren gesprochen, und da sieht man schon zwei Lager. Da gibt es Häuser, die durchaus sagen, der Zins ist jetzt so attraktiv, dass diese Häuser wieder vermehrt in Bonds investieren. Nichtsdestotrotz spiegeln uns viele gerade institutionelle Investoren, dass sie weiter auch verstärkt in Sachwerte investieren werden. Die deutschen Versicherer haben sich jetzt in den letzten Jahren in ihrer Real-Asset-Allocation von um die acht Prozent auf 13 Prozent entwickelt. Hier gibt es durchaus für einige Häuser noch Entwicklungsbedarf.
Inwieweit ist das Thema Digital Assets eine relevante Säule für Sie?
Sepp: Vor zweieinhalb Jahren haben wir für uns entschieden, dass wir in dieses Feld Digital Assets investieren wollen. Deshalb haben wir ein Set-up aufgesetzt, das vom Portfoliomanagement über die eigene Master-KVG, die Fondsbuchhaltung bis zur Verwahrstelle alles für Kryptofonds liefern kann. Wir haben einen eigenen Kryptofonds aufgelegt zu einem schwierigen Zeitpunkt, direkt, bevor dann der Krypto-Winter kam. Aber das war für uns wichtig, um zu sehen: Funktionieren unsere Prozesse? Unser Fokus liegt klar auf institutionellen Investoren, die noch eher zurückhaltend sind. In Deutschland dürfen sie zum Beispiel auch aktuell noch keine Fonds für Retail-Investoren im Krypto-Bereich auflegen. Unser Fokus ist wirklich die Fondswelt.
Aber sie erwarten sicher ein größeres Wachstum jetzt mit der Zulassung auch in den USA?
Sepp: Ja, es kommt mehr Dynamik hinein, allerdings nur im Privatkundenbereich. Die institutionellen Kunden sind da nach wie vor zurückhaltend.
Wenn wir über Krypto sprechen, sprechen wir dann nur über Bitcoin?
Sepp: Nein, wir reden da über deutlich mehr. In unserem eigenen Fonds sind wir aktuell in knapp 20 Coins investiert. Die haben wir auch nach verschiedenen Anlageklassen – Infrastruktur, Metaverse und andere – allokiert. Es ist ein Fonds, der relativ breit aufgestellt ist, der auch übergewichtet ist eher in kleineren Coins, während Bitcoin und Ethereum unterrepräsentiert sind. In der Übergangszeit waren wir sehr gut damit positioniert, weil die kleinen Coins deutlich stärker gewachsen sind. Aber das ist ein Produkt, was wirklich breit gestreut ist, und damit eine breite Risikodiversifikation anbietet.
Kommen wir einmal zum Thema ELTIF. Inwieweit ist diese Anlageform für Sie, aber auch für durch Sie betreute Kunden ein Thema?
Sepp: Wir haben letztes Jahr angefangen, uns darauf vorzubereiten und letzten Endes für uns dieses Produkt neu aufgesetzt. Das Spannende am ELTIF ist, dass es einen hybriden Fonds erlaubt, also verschiedene Real-Asset-Klassen in kleinen Tranchen für Retail-Anleger oder auch eine Kombination zwischen Real Assets und liquiden Assets. Der ELTIF ist in sehr spannendes Produkt, weil es auch Retail-Investoren erlaubt, in kleinere Tranchen von Real Assets anzulegen, die sonst erst ab Mindestvolumina von 200.000 Euro investierbar sind. Wir sind dabei, den ersten Kunden dafür an Bord zu nehmen und sehen jetzt auch durchaus aktuell, wo sich am Markt die verschiedenen Häuser positionieren. Ich hoffe einfach, dass diese Chance für den Markt dieses Mal wirklich ergriffen wird. Wir müssen allerdings konzedieren, dass wir nicht mehr im Niedrigzinsumfeld sind und Privatanleger auch für eine Anleihe 3,5 Prozent erzielen können. Das Timing von ELTIF 2.0 ist also nicht ganz trivial. Es wäre vor zwei Jahren deutlich einfacher gewesen. Aber es ist ein phantastisches Vehikel, und ich bin sicher, dass es sich über die Zeit durchsetzen und etablieren wird.
Ein weiteres Trend-Thema ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Asset Management. Wie ist da der Status-quo bei Ihnen?
Sepp: KI ist auf jeden Fall interessant, wenn wir über Prozesseffizienz intern reden. Ich gebe Ihnen ein konkretes Beispiel. Wir haben ein Tool entwickelt, was uns erlaubt, innerhalb kürzester Zeit Fondsprospekte zu screenen und zu analysieren und uns bestimmte Ergebnisse zu liefern: Wie ist der Fonds aufgelegt, wer sind die Provider dahinter, et cetera. Das funktioniert mit KI in ein paar Sekunden. Darüber hinaus haben wir KI-Lösungen intern im Einsatz, um bestimmte operative Prozesse zu unterstützen, wo es darum geht, Abstimmung zwischen Datenbeständen und Ähnliches vorzunehmen. Auf der Portfoliomanagementseite sehen wir durchaus, dass Kunden im Bereich Assets Management entweder eigene KI-basierte Fonds auflegen oder KI bei sich nutzen, um Prozesse, Research et cetera mit einarbeiten zu können.
Interview: Frank O. Milewski, Cash.