Eine gute Investition: Hausse auf dem Kunstmarkt

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Eduard Stückelmaier leitet die Abteilung Kunst- und Valorenversicherung bei der Ergo Versicherung AG

Trotz Inflation sinkt das weltweite Interesse an Kunst nicht. Ist ein Kunstinvestment also genau jetzt die richtige Anlageklasse? Von Cash-Online-Spezialist Eduard Stückelmaier.

Kunst macht glücklich. Sie kann eine Augenweide sein, eine Inspiration, ein Denkanstoß. Was genau das Herz höherschlagen lässt, liegt im Auge des Betrachters: Mal ist es ein Gemälde, mal eine Installation oder Skulptur und manchmal auch eine Antiquität oder ein Gobelin. Aber Kunst kann noch mehr sein: eine gute Investition. Das gilt nicht nur für die sogenannte „Blue Chip Kunst“, also die teuersten Künstler und Künstlerinnen national und international.

So viel Kapital muss nicht sein. Irgendwo fangen die großen Namen der Zukunft gerade klein an. Wer sie beizeiten erkennt, kann mit vertretbarem Startkapital und ausreichender Geduld auf eine Preissteigerung setzen. Nicht anders als bei Aktien und Anleihen stellt sich auch hier die ewige Anleger-Frage: Wann ist der richtige Zeitpunkt, um einzusteigen? Und wie wirkt sich die weltweit galoppierende Inflation auf die Preise in dieser Assetklasse aus?

Dazu gibt es viele Studien. Nicht alle kommen über den Lauf der Geschichte zu denselben Werten, aber eine Korrelation zeichnet sich klar ab. Während in Krisenzeiten Aktien, Anleihen und oft auch Immobilien häufig an Wert verlieren oder zumindest stagnieren, ist es bei der Kunst anders. Sie bleibt – zumindest am oberen Ende des Marktes – wertstabil. Oft treibt die Suche nach krisenfesten Investments ihre Preise sogar nach oben. Denn Kunst sichert ab gegen Inflation und Währungsschwankungen. Zugleich lässt sich eine Kunstsammlung mit Blick auf eine Wertsteigerung planen und kuratieren.

Rekordzahlen in der Pandemie

Das vergangene Jahr hat das für Werke, die auf Auktionen versteigert wurden, eindrucksvoll bestätigt. Nach der Wiedereröffnung von Kunstgalerien, Auktionshäusern und Messen wechselte Kunst inmitten der Corona-Pandemie und trotz steigender Inflation zu Rekordpreisen die Besitzer.
Andy Warhols „Shot Sage Blue Marilyn“ (1964) wurde mit 195 Millionen Dollar zum teuersten Kunstwerk des 20. Jahrhunderts, das je auf einer Auktion versteigert wurde. Man Rays „Le Violon d’Ingres“ (1924) erzielte 12,4 Millionen Dollar – die teuerste je verkaufte Fotografie.

Die Sammlung Paul G. Allen wurde bei Christie‘s mit 1,6 Milliarden Dollar zur am teuersten verkauften Einzelsammlung überhaupt. Die Nachfrage hat gute Gründe: vermögende Investoren, bis vor kurzem noch niedrige Kreditzinsen, steigende digitale Verkäufe – und ein knappes Angebot. Profi-Käufer wissen aber auch, dass es Blasen, Zyklen und Korrekturen nicht nur im DAX oder MCSI World, sondern ebenso auf dem Kunstmarkt gibt. Erlischt das Interesse am Künstler etwa in Zeiten einer Rezession, entscheidet nicht mehr der vormalige Hype, sondern die Qualität seiner Werke über die Wertstabilität.

In inflationären Zeiten verhält es sich bei Kunstwerken die auf dem Primärmarkt angeboten werden –  also zum ersten Mal verkauft werden – so, dass auch dort die Nachfrage groß ist. Sammler suchen weltweit nach aufstrebenden Talenten und noch unterschätzten Meistern und Meisterinnen. Manche Experten sehen bei den teuersten Objekten auf diesem Markt schon ein irrationales Käuferverhalten. Tatsache ist aber auch: Diese Werke erweisen sich in turbulenten Zeiten als preisstabil bzw. steigen sogar im Wert. Nur nicht in dem Maß, wie die alten Meister.

Steigende Nebenkosten

Kunst wird aber nicht nur teurer, weil die Nachfrage kaum zu stillen ist. Die Inflation trifft auch Künstler und Galerien. Die Kosten für Künstlermaterialien, für den Transport, den Handel und die Auslieferung sind genauso gestiegen wie die Preise beim täglichen Lebensmitteleinkauf oder beim Hausbau. Internationale Galerien berichten von bis zu zehn Prozent, um die sich ihre Objekte deshalb verteuert haben – ganz unabhängig von der Provenienz des Werkes oder dem Können der Künstler. Mittel- und langfristig spüren auch die Versicherer diese Kostensteigerungen. Es bleibt daher spannend zu beobachten, wie diese damit umgehen und welche Antworten sie abseits von Prämiensteigerungen finden werden.

Preiserhalt durch Sicherheit

Einen Nachteil hat die Liebe zu den schönen Künsten aber. Egal, ob es sich um Gemälde, Videokunst, Plastiken, Installationen, Antiquitäten, wertvolles Porzellan, Teppiche oder antiquarische Bücher handelt. Sie lagern nicht wie Aktien oder Anleihen in einem Depot bei einer Bank: Sie können in einem speziellen Kunstlager oder Freihafen aufbewahrt werden – Orte, die durchaus ihre Risiken bergen. Oder sie hängen an der Wand bzw. stehen im privaten oder teilweise weiter zugänglichen Raum.

Kunst lebt gefährlich. Außer der Gefahr von Dieben können ihr Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen, Schädlinge, Beschädigung und im schlimmsten Fall Feuer oder Wassereinbruch schwer zusetzen. Deshalb ist eine individuelle Allgefahrenversicherung sinnvoll. Gute Anbieter übernehmen weltweiten Schutz, sie sichern Beschädigungen durch Transporte oder einen Restaurator ab. Selbst Kosten bei einem unwirksamen Eigentumserwerb gehören zu ihren Leistungen.

Gute Kunst in allen Preislagen

Hinzu kommt auch die Vorsorge für den Fall, dass sich ein Objekt oder eine Sammlung im Ernstfall als unterversichert herausstellt. Das kann passieren, wenn zuvor der Wert – etwa nach dem Tod des Künstlers – gestiegen ist. Dann übernimmt die Versicherung eine Wertsteigerung bis zu 25 Prozent der Versicherungssumme bis zum Renewal. Die Experten der Kunstversicherungen haben noch ein Ass im Ärmel: Weil sie die Werke zum aktuellen Wert versichern wollen, sind sie über Preise bestens im Bild.

So bleibt die Gretchenfrage: Welche Kunst sollte man kaufen? Sammeln ist eine Leidenschaft und ein Lebensstil. Es müssen auch nicht zwei Herzen in der Brust des Sammlers schlagen – inspirierendes Werk versus lukratives Investment. Denn gute Kunst gibt es in allen Preislagen.

Der Autor Eduard Stückelmaier leitet die Abteilung Kunst- und Valorenversicherung bei der Ergo Versicherung AG.

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