Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Widerruf von Beteiligungen an geschlossenen Fonds nach dem Haustürwiderrufsgesetz bestätigt (Aktenzeichen: C-215/08). Demnach steht die deutsche Rechtsprechung, wonach der Anleger nicht unbedingt die volle Einlage zurückerstattet bekommt, nicht im Widerspruch zu den EU-Normen.
Für die Branche hat die Entscheidung große Bedeutung. Nach dem Haustürwiderrufsgesetz können Anleger ihre Beteiligung innerhalb von zwei Wochen widerrufen, wenn sie in einer „Haustürsituation“ (womit hauptsächlich die Wohnung des Anlegers gemeint ist) abgeschlossen wurde. Die Frist beginnt jedoch erst zu laufen, wenn der Anleger korrekt über dieses Recht belehrt wurde.
War die Belehrung fehlerhaft, kann der Widerruf unter Umständen noch Jahre später erfolgen. Die Widerrufsbelehrungen, deren gesetzeskonforme Ausgestaltung immer wieder strittig ist, sind für Anlegeranwälte ein probates Mittel, wenn ein Fonds in Schieflage geraten ist. In dem entschiedenen Fall zum Beispiel widerrief der Anleger 2002 die Beteiligung an einer GbR (also mit persönlicher Haftung), die er 1991 eingegangen war.
Nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen der „fehlerhaften Gesellschaft“ wird der Widerruf jedoch in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet. Der ausscheidende Anleger erhält damit lediglich seinen Anteil am Fondsvermögen zum Zeitpunkt des Widerrufs. Das soll zu einem gerechten Ausgleich mit den Anlegern führen, die in dem Fonds verbleiben. Unter Umständen kann der Wert – wie in dem entschiedenen Fall – sogar negativ sein und der ausscheidende Anleger muss noch eine Nachzahlung leisten.
Der EuGH verhindert mit der Entscheidung ein „Windhundrennen“ der Anleger bei solchen Fonds. Würde der ausscheidende Anleger den ursprünglichen Beteiligungsbetrag zurückerhalten, ginge das zu Lasten der verbleibenden Gesellschafter. Die schnellsten Anleger könnten sich so lange am Fondsvermögen schadlos halten, bis nichts mehr da ist. Die restlichen gingen leer aus und müssten sogar noch die anteiligen Verluste zusätzlich tragen.
„Der EuGH sorgt mit der Entscheidung für mehr Rechtssicherheit für Fondsgesellschaften und deren Anteilseigner“, kommentiert Rechtsanwalt Martin Führlein, Partner der Nürnberger Kanzlei Rödl & Partner. „Denn über den Widerruf darf ein Anleger nicht besser gestellt werden als die Mitgesellschafter des Fonds“, so Führlein weiter.
Der BGH hatte den Fall dem EuGH vor zwei Jahren aus eigenen Stücken vorgelegt. Er wollte zwar an seiner Rechtsprechung festhalten, hatte aber Zweifel, ob diese noch dem europäischen Recht entspricht. Die EuGH-Entscheidung gilt offenbar auch für Fonds in der üblichen Rechtsform der GmbH & Co. KG und dürfte auch auf das ähnlich ausgestaltete Widerrufsrecht nach dem Fernabsatzgesetz übertragbar sein, also bei Abschlüssen etwa über das Internet oder allein auf dem Postweg. (sl)
Foto: Shutterstock