Wie bewerten Sie das Vertriebsjahr 2024 für die Gewerbeversicherung?
Hackbarth: Insgesamt ist der Markt 2024 mit verschiedenen Entwicklungen konfrontiert gewesen. Aus der Sicht eines Risikoträgers: Die Inflation der Vorjahre hat zu steigenden Schadenaufwänden geführt, die sich in den Tarifen niederschlagen. Gleichzeitig finden sich Starkregenzonen des GDV zunehmend in den gewerblichen Produkten, was auch Auswirkungen auf die Tarife hat.
Außerdem sind die Rückversicherungskosten angestiegen. Pauschal gesagt, wurde Versicherungsschutz für den Gewerbekunden teurer. Gleichzeitig ist im Vertrieb viel Bewegung aufgrund der fortschreitenden Maklerkonsolidierung. 2024 war also ein spannendes Jahr und ich kann für uns sagen, dass wir zufrieden sind.
Welche Trends sehen Sie derzeit in der Gewerbeversicherung? Welche Sparten sind derzeit besonders attraktiv für den Vertrieb?
Hackbarth: Die Produkte werden aus unserer Sicht individueller. Aufgrund des steigenden Drucks auf die versicherungstechnischen Ergebnisse wird der Versicherungsschutz in der Regel im Schnitt auch teurer. Die klassischen Risiken, also insbesondere Haftpflicht, aber auch Feuer, Leitungswasser, ED, Betriebsunterbrechung haben nach wie vor eine hohe Relevanz, hier besteht weiterhin ein hoher Beratungsbedarf.
Aktuell und auch zukünftig werden die Naturgefahren Hochwasser und Starkregen ein prägendes Thema sein. Höhere Nachfrage aufgrund Klimaveränderung wird es bei Elementarschadendeckungen für die Sachversicherungen geben. Aufgrund des Anstiegs von Extremwetter-Situationen werden erhöhte Beiträge für Elementarschadendeckungen im Markt erwartet.
Zudem wird sich zeigen, ob die Pläne für eine Pflichtversicherung im privaten Bereich auch für Gewerbekunden Relevanz haben werden. Persönliche Beratung, also der Kontakt zum Vermittler, bleibt weiter wichtig. Wir erwarten nur einen moderaten Trend zum digitalen Abschluss. Hierzu müssen aber die Prozesse barrierefrei sein und bis in den After-Sales-Bereich für den Kunden integriert sein. Papier wird nach und nach verschwinden.
Dass die Babyboomer in den Ruhestand gehen, hat nicht nur Auswirkungen auf das Fachkräfteangebot, sondern auch auf die Unternehmensnachfolge. So steht in vielen Familienbetrieben bald eine Übergabe an die nächste Generation an. Doch nicht überall gibt es bereits einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin aus der eigenen Familie.
Welche Trends sehen Sie bei der Cyberversicherung?
Hackbarth: KMU sind auch zunehmend für die Gefahren im digitalen Raum sensibilisiert. Das zeigt die wachsende Anzahl an Unternehmen, die sich mit einer Cyberpolice gegen Cyberrisiken absichern. Unserer aktuellen KMU-Studie zufolge hatten 2023 nur 20 Prozent der Mittelständler eine Cyberpolice abgeschlossen, 2024 waren es mit über 25 Prozent deutlich mehr. Im Vergleich zum Jahr 2021 ist sogar ein Anstieg von 9 Prozentpunkten zu verzeichnen. KMU sehen der Studie zufolge auch eine wachsende Bedrohung durch Cybergefahren.
37 Prozent der befragten KMU gehen davon aus, dass das Risiko, Opfer eines Cyberangriffs zu werden, in den nächsten zwölf Monaten zunehmen bzw. stark zunehmen wird. 2023 waren es noch 34 Prozent. 49 Prozent erwarten, dass die Gefahr gleichbleibt und nur zwei Prozent gehen von einem sinkenden Risiko aus. Größte Sorge von Unternehmen sind Hackerangriffe. Knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) sieht in einem Hackerangriff das bedrohlichste Risiko für ihren Betrieb.
Damit bleibt die Furcht vor Cyberkriminalität nach wie vor auf Platz eins der größten Gefahren für KMU. Auf den Plätzen zwei und drei der am meisten gefürchteten Risiken folgen menschliches Versagen (41 Prozent) und Betriebsausfälle (40 Prozent).
Können Sie konkrete Aussagen über anstehende Prämienanpassungen und die Gründe dafür machen? In welchen Bereichen müssen Kunden mit höheren Prämien rechnen?
Hackbarth: Wir bitten um Verständnis, dass wir aus kartellrechtlichen Gründen keine Aussagen zur Prämienentwicklung machen dürfen. Aufgrund des Anstiegs von Extremwetter-Situationen und Aufwendungen für Rückversicherung werden im Schnitt erhöhte Beiträge für Elementarschadendeckungen im Markt erwartet.
KI wird im Bereich der gewerblichen Versicherungen immer beliebter, welche Auswirkungen sehen sie hier für die nächsten Jahre? Wie profitieren Kunden (und Makler) davon?
Hackbarth: Hier sehe ich eine ganze Reihe möglicher Ansätze: Für Vertriebspartner und Kunden kann KI bei der Beauskunftung von Informationen aus dem Versicherungsunternehmen helfen, zum Beispiel zu Bedingungen, oder intelligente Next-Best-Offer-Angebote zur ganzheitlichen Absicherung machen.
2. Kunden kann die KI bei der Recherche zum Versicherungsschutz unterstützen.
3. Die Versicherungsunternehmen können mit KI-Support beispielsweise bessere Schadenprognosen erstellen.
4. Vertriebspartner und Versicherer erhalten Unterstützung bei der Vereinfachung von Prozessen, etwa bei der Datenmigration und dem Auslesen von Informationen aus Altverträgen und der Übertragung in die Angebotssysteme.
Erwarten Sie eine Zunahme der nutzungsabhängigen Versicherung, bei der die Prämien auf der Grundlage des tatsächlichen Nutzungsverhaltens und nicht auf der Grundlage versicherungsmathematischer Prognosen berechnet werden?
Hackbarth: Versicherer haben an solchen Modellen dann ein Interesse, wenn sie durch diese Tarifierung den echten Schadenbedarf besser abbilden können. In der Kfz-Versicherung haben sich nutzungsabhängige Tarife in Verbindung mit Telematik nicht durchgesetzt. Die Risikodifferenzierung in den Gewerbetarifen ist bereits hoch und komplex und die Tätigkeit sowie die Nutzungsintensität und Schadenhäufigkeit wird durch die Betriebsarten und den Umsatz bereits abgedeckt. Deshalb wären weitere Parameter zwar für eine Feindifferenzierung geeignet, sorgen aber wieder für mehr Komplexität. Deshalb erwarten wir kurz- bis mittelfristig keine große Relevanz für nutzungsabhängige Versicherungen
Das Interview führte Oliver Lepold, Dipl. Wirtschaftingenieur und freier Finanzjournlist mit Schwerpunkten Versicherungen und Vertrieb
1. Für Vertriebspartner und Kunden kann KI bei der
Beauskunftung von Informationen aus dem Versicherungsunternehmen helfen, zum
Beispiel zu Bedingungen, oder intelligente Next-Best-Offer-Angebote zur
ganzheitlichen Absicherung machen.
2. Kunden kann die KI bei der Recherche zum Versicherungsschutz unterstützen.
3. Die Versicherungsunternehmen können mit KI-Support beispielsweise bessere
Schadenprognosen erstellen.
4. Vertriebspartner und Versicherer erhalten Unterstützung bei der
Vereinfachung von Prozessen, etwa bei der Datenmigration und dem Auslesen von
Informationen aus Altverträgen und der Übertragung in die Angebotssysteme.
Erwarten Sie eine Zunahme der
nutzungsabhängigen Versicherung, bei der die Prämien auf der Grundlage des
tatsächlichen Nutzungsverhaltens und nicht auf der Grundlage
versicherungsmathematischer Prognosen berechnet werden?
Hackbarth: Versicherer haben an solchen Modellen dann ein Interesse,
wenn sie durch diese Tarifierung den echten Schadenbedarf besser abbilden
können. In der Kfz-Versicherung haben sich nutzungsabhängige Tarife in
Verbindung mit Telematik nicht durchgesetzt. Die Risikodifferenzierung in den
Gewerbetarifen ist bereits hoch und komplex und die Tätigkeit sowie die
Nutzungsintensität/Schadenhäufigkeit wird durch die Betriebsarten und den
Umsatz bereits abgedeckt. Deshalb wären weitere Parameter zwar für eine Feindifferenzierung
geeignet, sorgen aber wieder für mehr Komplexität. Deshalb erwarten wir kurz-
bis mittelfristig keine große Relevanz für nutzungsabhängige Versicherungen
Henning
Hackbarth, BarmeniaGothaer, zum Gewerbeversicherungsmarkt: „Die Produkte werden
individueller und teurer“ Elementarschäden, Cyber, KI – Henning
Hackbarth, Leiter Geschäftsfeld Gewerbe Komposit bei der BarmeniaGothaer,
erläutert die wichtigsten Trends bei Gewerbeversicherungen, ein Geschäftsfeld,
das aktuell deutlich unter Druck steht. Wie bewerten Sie das Vertriebsjahr 2024 für die
Gewerbeversicherung?
Hackbarth: Insgesamt ist der Markt 2024 mit verschiedenen
Entwicklungen konfrontiert gewesen. Aus der Sicht eines Risikoträgers: Die
Inflation der Vorjahre hat zu steigenden Schadenaufwänden geführt, die sich in
den Tarifen niederschlagen. Gleichzeitig finden sich Starkregenzonen des GDV
zunehmend in den gewerblichen Produkten, was auch Auswirkungen auf die Tarife
hat. Außerdem sind die Rückversicherungskosten angestiegen. Pauschal gesagt,
wurde Versicherungsschutz für den Gewerbekunden teurer. Gleichzeitig ist im
Vertrieb viel Bewegung aufgrund der fortschreitenden Maklerkonsolidierung. 2024
war also ein spannendes Jahr und ich kann für uns sagen, dass wir zufrieden
sind.
Welche Trends sehen Sie derzeit in
der Gewerbeversicherung? Welche Sparten sind derzeit besonders attraktiv für
den Vertrieb?
Hackbarth: Die Produkte werden aus unserer Sicht individueller.
Aufgrund des steigenden Drucks auf die versicherungstechnischen Ergebnisse wird
der Versicherungsschutz in der Regel im Schnitt auch teurer. Die klassischen
Risiken, also insbesondere Haftpflicht, aber auch Feuer, Leitungswasser, ED,
Betriebsunterbrechung haben nach wie vor eine hohe Relevanz, hier besteht
weiterhin ein hoher Beratungsbedarf.
Aktuell und auch zukünftig werden die Naturgefahren Hochwasser und Starkregen
ein prägendes Thema sein. Höhere Nachfrage aufgrund Klimaveränderung wird es
bei Elementarschadendeckungen für die Sachversicherungen geben. Aufgrund des
Anstiegs von Extremwetter-Situationen werden erhöhte Beiträge für
Elementarschadendeckungen im Markt erwartet. Zudem wird sich zeigen, ob die Pläne
für eine Pflichtversicherung im privaten Bereich auch für Gewerbekunden
Relevanz haben werden.Persönliche Beratung, also der
Kontakt zum Vermittler, bleibt weiter wichtig. Wir erwarten nur einen moderaten
Trend zum digitalen Abschluss. Hierzu müssen aber die Prozesse barrierefrei sein
und bis in den After-Sales-Bereich für den Kunden integriert sein. Papier wird
nach und nach verschwinden.Dass die Babyboomer in den
Ruhestand gehen, hat nicht nur Auswirkungen auf das Fachkräfteangebot, sondern
auch auf die Unternehmensnachfolge. So steht in vielen Familienbetrieben bald
eine Übergabe an die nächste Generation an. Doch nicht überall gibt es bereits
einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin aus der eigenen Familie.
Welche Trends sehen Sie bei der Cyberversicherung?Hackbarth:
KMU sind auch zunehmend für die Gefahren im
digitalen Raum sensibilisiert. Das zeigt die wachsende Anzahl an Unternehmen,
die sich mit einer Cyberpolice gegen Cyberrisiken absichern. Unserer aktuellen
KMU-Studie zufolge hatten 2023 nur 20 Prozent der Mittelständler eine
Cyberpolice abgeschlossen, 2024 waren es mit über 25 Prozent deutlich mehr. Im
Vergleich zum Jahr 2021 ist sogar ein Anstieg von 9 Prozentpunkten zu
verzeichnen. KMU sehen der Studie zufolge auch
eine wachsende Bedrohung durch Cybergefahren. 37 Prozent der befragten KMU
gehen davon aus, dass das Risiko, Opfer eines Cyberangriffs zu werden, in den
nächsten 12 Monaten zunehmen bzw. stark zunehmen wird. 2023 waren es noch 34
Prozent. 49 Prozent erwarten, dass die Gefahr gleichbleibt und nur 2 Prozent
gehen von einem sinkenden Risiko aus. Größte Sorge von Unternehmen sind
Hackerangriffe. Knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) sieht in einem
Hackerangriff das bedrohlichste Risiko für ihren Betrieb. Damit bleibt die
Furcht vor Cyberkriminalität nach wie vor auf Platz eins der größten Gefahren
für KMU. Auf den Plätzen zwei und drei der am meisten gefürchteten Risiken
folgen menschliches Versagen (41 Prozent) und Betriebsausfälle (40 Prozent).
Können Sie konkrete Aussagen über
anstehende Prämienanpassungen und die Gründe dafür machen? In welchen Bereichen
müssen Kunden mit höheren Prämien rechnen?
Hackbarth: Wir bitten um Verständnis, dass wir aus kartellrechtlichen
Gründen keine Aussagen zur Prämienentwicklung machen dürfen. Aufgrund des
Anstiegs von Extremwetter-Situationen und Aufwendungen für Rückversicherung
werden im Schnitt erhöhte Beiträge für Elementarschadendeckungen im Markt erwartet.KI wird im Bereich der
gewerblichen Versicherungen immer beliebter, welche Auswirkungen sehen sie hier
für die nächsten Jahre? Wie profitieren Kunden (und Makler) davon?
Hackbarth: Hier sehe ich eine ganze Reihe möglicher Ansätze: