Glauben Sie, dass dies das Geschäft der Zukunft sein wird?
Bachmann: Ja.
Hornung: Das, was Hanna Bachmann beschrieben hat, ist auch Teil von Insurtech 2.0, vielleicht auch von 3.0. Es geht um Echtzeit-Schadenregulierung und das ganze Thema Replacement, Repair Services, um das sich der Kunde nicht mehr kümmern muss. Jeder, der auch schon mal einen größeren Hausratschaden hatte, weiß, was das bedeutet, zehn Handwerker im Haus zu haben. Das ist natürlich bei der Art Produkt, über das wir sprechen, deutlich einfacher. Aber da wird die Reise hingehen. Für die B2B-Partner geht es ja nicht nur um Provisionsvereinnahmung. Er will seine Services erweitern, mehr Umsatz generieren. Aber nicht nur durch den Verkauf des Care-Produktes. Er hat die Möglichkeit, sich direkt an der Schadenleistung zu beteiligen. Denn wo stammt das neue Produkt her? Es kommt wieder von dem B2B-Partner. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten. Der „Embedded“-Anteil liegt aktuell unter einem Prozent. Prognosen zeigen, dass er in den nächsten zehn Jahren 20 Prozent vom Gesamtgeschäft ausmachen wird. Und wer heute nicht dabei ist, lässt viel an sich vorbeiziehen. Ich glaube, viele Versicherer unterschätzen das, was da gerade am Markt passiert. Da wird es neue Player geben. Wir kennen es aus dem Handel, wir kennen es aus der Automobilindustrie und wir werden es auch in der Versicherungswirtschaft kennenlernen. Die Frage ist nur: Wer ist der Erste, der daraus etwas wirklich Großes macht?
Die Investitionen in InsurTechs sind rückläufig. Und auch über Disruption wird kaum noch gesprochen. Warum sind Sie sicher, dass Ihr Geschäftsmodell zukunftsfähig ist?
Hornung: Wie eingangs gesagt bilden wir am Ende die Schnittstelle. Wobei wir als Hepster uns von Beginn an als Kooperationspartner gesehen haben. Das ist auch der Grund, warum wir als MGA tätig sind. Das Geschäft verändert sich immer mehr im Bereich der Digitalisierung und Versicherer müssen schauen, wie sie ihre Kunden sauber beliefern können. Deswegen sind Unternehmen wie Hepster einfach unerlässlich. Das Ziel ist, ein Gesamtökosystem zu schaffen, bei dem sämtliche Stakeholder zusammengebracht werden: Der Risikoträger, der Endkunde beim Webshop, der B2C-Partner aber auch gewisse Servicedienstleister, die Repair Services anbieten. Also diese ganzen Unternehmen zusammenzubringen, um am Ende für den Kunden die größtmögliche Erfahrung zu schaffen und das möglich „convenient“. Es geht darum, dass sich der Kunde möglichst wenig mit dem Versicherungsprodukt auseinandersetzen muss, im besten Fall gar nicht.
Bachmann: Ich würde gerne zwei Dinge ergänzen. Punkt eins: Wir sind sieben Jahre alt, es gibt uns noch. Das ist schon mal eine gute Quote im Start-up-Ökosystem. Es gibt aktuell eine unfassbare Nachfrage im Markt nach unserem Angebot. Und ich spreche da nicht von der Risikoträgerseite. Sondern von der Marken-, der Brand-, von der Merchantseite. Alle Unternehmen haben die gleichen Herausforderungen – egal ob Venture Capital-Funded oder schon 100 Jahre bootstrapped. Im aktuellen Markt, der wirtschaftlich schwierig und von viel Unsicherheit geprägt ist, müssen die Unternehmen schauen: Wie kann ich mich noch mehr als jemals zuvor von meinem Wettbewerb differenzieren? Wie kann ich meinen Kunden ein noch besseres Angebot machen? Wie kann ich mein Kernprodukt um Dienstleistungen zum Beispiel erweitern? Und am Ende auch: Wie kann ich mit jedem Kunden noch mehr Geld verdienen? Alle Unternehmen stellen sich diese Frage. Und genau da setzt ja „Embedded Insurance“ an. Deswegen gibt es aktuell eine riesengroße Nachfrage. Und ja, es gab eine Marktbereinigung, auch im Bereich Insurtechs. Aber Start-up-Unternehmen, die effizient und nachhaltig über die letzten Jahre gewachsen sind, erfahren immer noch eine große Nachfrage, auch von Fonds. Denn das Geld ist im Markt. Es wird nur zurückgehalten, weil alle unsicher sind. Wir sehen eine große Nachfrage von Kooperationspartnern im Markt aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation. Und wir sehen auch nach wie vor eine große Nachfrage von VCs.
Ich würde jetzt gerne nochmals auf das Thema „Embedded Insurance“ zurückkommen. Inwieweit wird es den Markt verändern?
Bachmann: Das ist dem Grunde nach darin begründet, dass wir darin einen kompletten Change im Kundenverhalten sehen. Also wir haben nicht mehr diese direkte Beziehung Versicherungsunternehmen – Endkunde, sondern wir haben eben einen neuen Player. Dadurch wird Versicherung zu einem Plattformgeschäft. „Embedded“ bedeutet, zwischen dem Versicherer und den Endkunden oder den vielen Endkunden tritt eine Vielzahl anderer Marken – bildlich wie prozessual gesprochen. Das Versicherungsprodukt verlagert sich vom Versicherungsunternehmen hin zu den Marken und den Unternehmen. Deswegen sprechen wir und auch viele andere eben von diesem riesengroßen Trend. Weil der Kunde in Zukunft nicht mehr proaktiv ein Versicherungsprodukt konsumiert. Nochmals, wir reden hier hauptsächlich über den P&C-Bereich. Der Kunde wird sich nur noch entscheiden müssen: Möchte ich das jetzt abschließen, ja oder nein.
Dann sprechen wir aber auch nicht mehr von langlaufenden Versicherungen
Bachmann: Genau. Ein Smartphone haben Sie zwei Jahre, ein Fahrrad haben Sie vier Jahre, eine Katze oder einen Hund haben Sie hoffentlich deutlich länger. Genau das ist der Punkt.
Hornung: Und ist die Herausforderung. Wir gehen weg von langen Laufzeiten hin zu temporärer Absicherung. Deswegen sind auch diese Vermiet-Modelle entscheidend. Das Unternehmen, was in Zukunft kein Care-Produkt anbieten wird, wird es am Markt schwer haben. Deswegen ist „Embedded“ so wichtig.
Aber nach welchen Kriterien wird entschieden, welcher Versicherer die passende Versicherung liefert?
Bachmann: Ein Beispiel sind sogenannte MaaS-Plattformen, also Mobility as a Service. Der Versicherer, der für alle Angebote auf der Plattform ein Produkt liefern kann. Da sprechen wir von ÖPNV, E-Bike-Sharing, Carsharing, Scooter Sharing, E-Roller-Sharing, also für alle diese Produkte ein Versicherungsprodukt hat, das am Ende auch genau das absichert, was die Kunden brauchen. Ich habe es irgendwo abgestellt, habe es nicht abgeschlossen, was ist dann damit? Also all diese ganzen Themen, die in der Customer Journey von der Plattform wichtig sind, die müssen versichert sein. Und natürlich spielt auch der Preis am Ende eine Rolle. Das Versicherungsangebot darf ja nur einen gewissen Teil des Kernangebots kosten. Und derjenige, der beides abbilden kann und dann auch noch die technischen Möglichkeiten hat, dies nahtlos über alle Produkte, alle Anbieter – da stecken ja unterschiedliche Anbieter dahinter – anzubieten und technisch sauber zu lösen, der wird den Zuschlag bekommen.
Bei Versicherungen spielt der Faktor Vertrieb in der Beratung eine wichtige Rolle. Fällt der nicht aus der Gleichung heraus?
Hornung: Das glaube ich nicht. Am Ende haben trotzdem Menschen gern Kontakt zu Menschen. Und nicht jeder ist so onlineaffin. Es gibt viele, die sagen: „Amazon mag ich nicht. Check24 mag ich nicht.“ Deswegen wird der Berater immer eine wichtige Funktion einnehmen. Wir reden hier über sehr konkrete konsumorientierte Versicherungsprodukte. Spannend wird der Bereich Smart Home. Das kann auch noch mal eine große Veränderung geben. Und was man natürlich auch nicht vergessen darf, ist, dass Makler eine viel größere Rolle bei der Gewinnung dieser B2B-Partner einnehmen werden. Es wird darum gehen, vorausschauend zu arbeiten, sich breiter aufzustellen und sich nicht mehr nur darum zu kümmern, an den Endkunden die Produkte zu verkaufen. Sondern vielmehr schauen, welche Möglichkeiten sich meinen Kunden, bieten, um am Ende Teil dieses „Embedded“ zu sein. Und ein paar Kunden werden immer beim Makler bleiben.
Bachmann: Ich würde gerne meinem Mitgründer widersprechen. Und zwar zu dem Thema Berater. Wenn Sie sich heute die Zeit nehmen, irgendwo an einem x-beliebigen Marktplatz eine Weile die sogenannte Generation Z zu beobachten und daraus zu adaptieren: „Wenn das meine zukünftige Kundengruppe ist, was bedeutet das für mich, meine Customer Journey und meine Systeme?“, dann werden Sie sich sehr schwer in der Vorstellung tun, dass auch nur einer von denen bei einem Berater anruft. Also Anrufen ist das neue Faxen, habe ich das Gefühl. Das findet in dieser Generation nicht mehr statt. Das werden wir in den nächsten zehn, 15 Jahren im Konsumverhalten unserer Zielgruppen feststellen. Das heißt, die klassische Beratung wird sich verlagern. In dieser Generation liegt das auf TikTok, Instagram, vielleicht noch ein wenig bei YouTube, wobei das auch schon uncool ist wie Facebook. Natürlich brauchen die Leute Beratung. Aber wie diese stattfindet und durch wen diese erfolgt, das wird sich in den nächsten zehn Jahren fundamental ändern.