Stichwort Digitalisierung: Getsurance-Gründer Dr. Viktor Becher sagt, eine BU lässt sich komplett digital vertreiben. Wie sehen Sie das?
Piccon: Ich bin Bereichsleiter für Konzept- und Digitalvertriebe bei Swiss Life und wir betreuen die großen Vertriebseinheiten in Deutschland, die Digitalvertriebe und Vergleichsportale. Meine Erfahrung aus den vergangenen drei Jahren in Deutschland ist, dass die digitale Leadgenerierung sehr gut funktioniert.
Menschen reagieren auf den Lead, melden ihr Interesse an. Im Rahmen des Prozesses füllen dann Menschen Antrags- und Gesundheitsfragen aus, werden Menschen von Menschen beraten. Der Prozess, den Getsurance nutzt, ist mir darum sehr fremd.
Und ich kenne keinen unabhängigen BU-Versicherer, der einen Prozess mit wenigen Fragen nutzt, um danach eine BU abzuschließen. Bei einfacheren Versicherungen mag es funktionieren. Bei komplexeren und komplizierten Themen wie der BU lehrt uns die Erfahrung, dass es an zwei oder drei Stellen immer Rückfragen gibt, und dann ist es gut wenn es einen unabhängigen Berater oder Vermittler gibt, der die Fragen beantworten kann.
Wir haben über 80 Lebensversicherer im Markt und nahezu jeder dürfte auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung anbieten. Swiss Life ist seit über 150 Jahren in dem Markt aktiv. Was macht Ihrer Erfahrung nach eine gute BU-Versicherung aus?
Piccon: Meines Erachtens spielen drei Dinge eine wichtige Rolle: Erst einmal ist es wichtig, einen finanzstarken Versicherer zu wählen, der stabile Beiträge garantiert. Denn Sie zahlen den Beitrag ja über 30 oder 35 Jahre. Wenn dieser nicht steigt, ist ein BU-Vertrag sehr kalkulierbar. Doch falls der Versicherer die Prämie nicht im Griff hat, gibt es Sprünge und letztlich zahlen Sie immer mehr.
Zweitens ist es wichtig, dass der Versicherer eine vernünftige Schadenregulierungsquote vorweisen kann, mit einem vernünftigen, also entsprechend großen Bestand dahinter. Zudem müssen die Bedingungen flexibel gestaltet sein – wir sprechen von einer Flexibilität in den Features. Das Arbeitsleben läuft nicht mehr linear. Daher braucht es Flexibilität im Vertrag, um etwa in Krisenzeiten wie diesen den Beitrag reduzieren zu können.
Oder Nachversicherungsgarantien, wenn man sich beruflich verbessert. Die Versicherer, die das können und derartige Features anbieten, rangieren in der Gunst des Vertriebs ganz weit vorne. Swiss Life bietet nun bereits seit 126 Jahren die BU-Versicherung in Deutschland an. Heute haben wir einen BU-Bestand von knapp 500.000 BU-Verträgen und im Schnitt 7.000 bis 7.500 Leistungsfälle pro Jahr. Und die Schadenregulierungsquote liegt im Schnitt der letzten 20 Jahre bei rund 84 Prozent. Das spricht für sich.
Das Interview führte Jörg Droste, Cash.
Bild: Swiss Life