Die Zentralbanken nähern sich dem Ende ihrer Zinserhöhungszyklen. Eine sanfte Landung oder eine leichte Rezession sind sowohl für die USA als auch für Europa mittlerweile am wahrscheinlichsten. Dieses wachstumsarme Umfeld hat sich in der Vergangenheit positiv auf die Renditen von festverzinslichen Wertpapieren ausgewirkt. Insbesondere auf Risikoanlagen wie Hochzinsanleihen, die immer noch ein hohes Maß an Carry bieten.
Kurze Laufzeiten im Fokus
Selbst nach der jüngsten Rallye sind europäische Hochzinsanleihen für Anleger immer noch interessant, da ihre Bewertungen nach wie vor attraktiv sind. Die Anlageklasse, die durch den ICE BofA Merrill Lynch European Currency High Yield Index repräsentiert wird, bietet Investoren derzeit eine Rendite von knapp über sieben Prozent. Diese Rendite liegt in der Nähe der Höchststände der letzten zehn Jahre. Innerhalb der Anlageklasse liegt der Sweet Spot unseres Erachtens im Segment der kurzen Duration. Die Renditekurven haben sich umgekehrt, da die Märkte die Möglichkeit einer Rezession eingepreist haben. Das bedeutet, dass die Anleger für das Halten von Anleihen am kürzeren Ende der Kurve eine höhere Rendite erhalten. Die Märkte scheinen auch weitere Straffungen durch die Zentralbanken eingepreist zu haben, so dass die Renditen am vorderen Ende der Kurve wahrscheinlich nicht wesentlich steigen werden – ein weiterer positiver Faktor für die Rendite.
Wettbewerbsfähig im Vergleich zu anderen Anlageklassen
Europäische Hochzinsanleihen sind nicht nur auf absoluter Basis attraktiv, sondern auch auf relativer Basis im Vergleich zu anderen Anlageklassen.
• Da es zunehmend so aussieht, als würde sich der Inflationsabbau
langsamer vollziehen als erwartet, ist es unwahrscheinlich, dass
die Zentralbanken die Zinssätze in nächster Zeit senken werden. Weitere
Zinserhöhungen könnten erforderlich sein. Das wird sich wahrscheinlich
negativ auf die Renditen von Staatsanleihen auswirken.
• Investment-Grade-Anleihen sind nach der Neubewertung im
letzten Jahr attraktiv, aber europäische Hochzinsanleihen bieten den
Anlegern immer noch einen Spread-Aufschlag von rund 300 Basispunkten
gegenüber dem Investment-Grade-Markt. Das gleicht
unserer Meinung nach das zusätzliche Kreditrisiko mehr als aus –
insbesondere, wenn man bedenkt, dass die Anlageklasse heute überwiegend
ein BB-Rating aufweist.
• Wir sind sogar der Meinung, dass europäische Hochzinsanleihen
als Alternative zu Aktien betrachtet werden sollten, allerdings
mit einer geringeren potenziellen Volatilität. Der beträchtliche Wert,
der mittlerweile in der Anlageklasse steckt, bestätigt dies. Wie wir
kürzlich gezeigt haben, haben die beiden Anlageklassen über lange
Zeiträume ähnliche Renditen erzielt. Hochzinsanleihen allerdings
profitieren von einer Zinskomponente, die bei Marktstress oft Schutz
bietet und daher eine geringere Volatilität aufweist. Heute, in einem
wachstumsschwachen Umfeld, in dem es für den Aktienmarkt wahrscheinlich
schwieriger wird, bieten Hochzinsanleihen eine zuverlässigere
Einkommensquelle durch Kuponzahlungen.
Keine Anlage ohne Risiko
Neben den Chancen, die Investitionen in Anleihen bieten, müssen natürlich auch die Risiken bewertet werden. Eine wichtige Überlegung für den Hochzinsmarkt ist das erhöhte Kreditrisiko, das mit dieser Anlageklasse verbunden ist. Dieses ist besonders in Zeiten geringen Wachstums oder einer Rezession von Bedeutung. Sollten Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihren Schulden nachzukommen, sind sie traditionell mit höheren Ausfallraten verbunden. Im Jahr 2022 hatten die Unternehmen jedoch Zeit, sich auf das neue makroökonomische Umfeld und die zu erwartenden Herausforderungen einzustellen. In Verbindung mit den günstigen Marktbedingungen im Jahr 2021 waren die Unternehmen in der Lage, ihre Bilanzen vorrangig zu sanieren, ihre kurzfristigen Fälligkeiten zu refinanzieren und sich auf die Generierung von Cashflow zu konzentrieren.
Die Fundamentaldaten der Unternehmen sind daher recht gesund: Der Verschuldungsgrad ist wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückgegangen, die Zinsdeckungsquoten sind auf einem historischen Höchststand, und die bevorstehenden Fälligkeiten sind begrenzt. Wir rechnen zwar mit einem Anstieg der Ausfallraten, sind aber der Ansicht, dass sich dieser in Grenzen halten dürfte. Die Preise in den von uns bevorzugten, höherwertigen Marktsegmenten dürften ebenfalls für einen ausreichenden Ausgleich sorgen.
Umsetzung der Theorie in die Praxis – ein flexibler und aktiver Ansatz
Bei der Verwaltung unserer Hochzins-Strategien berücksichtigen wir diese Faktoren und tendieren in der Regel zu Schuldtiteln mit kurzer Duration. Dies hat sich im vergangenen Jahr als sehr vorteilhaft
erwiesen, da es einen Schutz sowohl gegen die steigenden Zinsen als auch gegen die Ausweitung der Kreditspreads bot. Wir glauben, dass dieser Ansatz angesichts des extremen Werts am vorderen Ende der Renditekurven weiterhin gut positioniert ist. Angesichts des potenziellen Drucks auf die Gewinnmargen der Unternehmen bevorzugen wir Unternehmen mit höherer Qualität und BB-Rating. Da sich die Marktaussichten verbessert haben, haben wir auch damit begonnen, Kapital in B-Titel mit hoher Überzeugungskraft zu investieren.
Wir bevorzugen weiterhin defensive Titel in Sektoren wie Konsumgüter, Telekommunikation und Gesundheitswesen und meiden zyklischere Branchen wie den Einzelhandel und Immobilien.
Wir sind der Ansicht, dass ein flexibler und aktiver Ansatz für das Portfoliomanagement erforderlich ist, um dieses schwierige Marktumfeld zu meistern. Ein Ansatz, der in der Lage ist, sich den ständig verändernden Gegebenheiten anzupassen und der einen Total-Return-Ansatz mit einer Allokation in Anlagen mit hoher Überzeugungskraft bevorzugt. Eine Allokation in europäische Hochzinsanleihen könnte für Anleger geeignet sein, die die Rendite ihres festverzinslichen Portfolios erhöhen wollen und bereit sind, ein gewisses zusätzliches Kreditrisiko einzugehen – oder auch für diejenigen, die aktienähnliche Renditen bei geringerer Volatilität anstreben.
Autor Yves Berger ist Senior Portfolio Manager bei AXA Investment Managers.