Zurück zum Publikumsgeschäft. Hier haben außer der Deutschen Finance nur wenige Unternehmen im klassischen Markt größere Zuwächse zu verzeichnen. Dazu zählt die BVT mit ihrer Kapitalverwaltungsgesellschaft Derigo. Sie steigerte das Neugeschäft mit Publikumsfonds um 36 Prozent auf 67,4 Millionen Euro und landete damit auf Platz sieben der Gesamtliste. Beim Gesamtvolumen inklusive Großkunden setzte sich das Unternehmen gar auf Platz zwei.
BVT hat ebenfalls einen Schwerpunkt bei US-Immobilien. Auch US Treuhand legte mit einem US-Immobilienfonds kräftig zu und hat das Retailvolumen auf umgerechnet 30 Millionen Euro fast verdreifacht. Der Spitzenreiter von 2021, der ebenfalls mit US-Immobilien auf dem Siegertreppchen gestanden hatte, hat hingegen 93 Prozent des Platzierungsvolumens verloren: Jamestown. Das dürfte jedoch nicht durch Desinteresse der Anleger begründet sein, sondern dadurch, dass der Jamestown 32 erst im November 2022 auf den Markt gekommen ist und das Unternehmen bis dahin ohne Produkt war. Ähnliches gilt für den US-Investor TSO, der sogar erst im Dezember mit dem neuen Vermögensanlagen-Prospekt auf den Markt gekommen ist.
Wegen des drastischen Rückgangs bei Jamestown und des regulatorisch erzwungenen Stopps bei TSO ist das für US-Immobilien insgesamt platzierte Kapital zwar rund 17 Prozent niedriger als im Vorjahr. Aber das Interesse an US-Immobilien scheint weiterhin groß zu sein. „Binnen kurzer Zeit haben uns hier bereits außerordentlich viele Zeichnungen erreicht“, berichtet TSO-Vertriebsleiter Christian Kunz nach dem Neustart des Publikumsgeschäfts im Dezember. Mit Private-Placement-Vermögensanlagen über 200.000 Euro hat TSO 2022 weitere 91 Millionen US-Dollar platziert und damit das Gesamt-Eigenkapital um rund 25 Prozent gesteigert. Auch BVT setzt weiter auf die USA. „US-Mietwohnimmobilien wird unser Schwerpunkt bleiben“ kündigt Jens Freudenberg, Geschäftsführer und Bereichsleiter Private Kunden, an. „Deutsche Wohnimmobilien sehen wir bis auf Weiteres nur für die Zielgruppe der professionellen Anleger“, so Freudenberg.
Deutsche Immobilien uneinheitlich
Für deutsche Immobilien ist das Bild indes uneinheitlich. Bei Patrizia Grundinvest, Primus Valor und der Hahn-Gruppe, die mit einem Baumarkt-Portfolio punktete, war das Geschäft stabil. Auch Asuco schaffte mit Zweitmarkt-Vermögensanlagen praktisch das Vorjahresergebnis, obwohl das Publikumsgeschäft nur gut die Hälfte des Jahres laufen durfte. Beim Gesamtvolumen legte Asuco wie TSO sogar kräftig zu: Um fast 30 Prozent. Ein dickes Plus verzeichnet auch die DFI Deutsche Fondsimmobilien, und Dr. Peters legte mit deutschen Immobilien gar, wenn auch ausgehend von einer sehr geringen Basis, den höchsten prozentualen Zuwachs aller Anbieter hin.
Deutliche Minuszeichen stehen hingegen bei Project, WIDe, Paribus und HTB. Immac war fast das ganze Jahr ohne Produkt im Publikumsgeschäft, Verifort Capital hatte ebenfalls nur noch ein Restkontingent zu platzieren. Bei der PI-Gruppe hingegen ist der Rückgang um 44 Prozent auch hausgemacht: Fonds 5 war nur bis Mai in der Platzierung und ging in eine Vertriebspause, weil der Beiratsvorsitzende der hauseigenen KVG und Gesellschafter der Gruppe, Klaus Wolfermann, im Streit ausgeschieden war. Für 2023 kündigt das Unternehmen an: „Wir wollen den PI Immobilienfonds 5 weiter platzieren und in der zweiten Jahreshälfte eine neue Serie von Beteiligungen im Bereich Erneuerbare Energien aufbauen“. Die Beantwortung der Cash.-Anfrage erfolge auf Veranlassung von Ottmar Heinen.
Ottmar Heinen Geschäftsführer bei PI-Fonds
Nanu? Den Namen kennen wir doch. Richtig: Es handelt sich um jenen Ottmar Heinen, der von 2017 bis Oktober 2020 Vorstand und zuletzt Vorstandsvorsitzender der Project Beteiligungen AG war. Zuvor war er lange bei dem Windenergie-Anbieter Lacuna tätig. Heinen fungiert demnach bereits seit etwa September 2022 als Geschäftsführer der diversen Fonds- und Objektgesellschaften der PI-Gruppe.
So unterschiedlich wie die Ergebnisse 2022 sind auch die Planungen für 2023. WIDe etwa hat den Fonds 10, der bereits konzipiert war, aufgrund der Marktsituation vorerst zurückgestellt, berichtet Geschäftsführer Dieter Lahner. Für den Vertriebsstart gebe es derzeit noch keine konkreten Planungen, ein Platzierungsbeginn im Laufe des zweiten Halbjahres 2023 sei aber denkbar, so Lahner.
DFI-Vorstand Mark Münzing, der ein ähnliches Konzept wie WIDe verfolgt und wie Lahner einst in der Chefetage von ZBI saß, hält hingegen an seinem geplanten zweiten Publikumsfonds fest. „Das Platzierungsvolumen wuchs im vergangenen Jahr langsamer als in der Vergangenheit. Für die Zukunft sind wir jedoch voller Zuversicht, da gerade im gegenwärtigen Inflations- und Zinsumfeld und der daraus resultierenden sinkenden Neubauvolumina die Bestandswohnimmobilien, die das Herzstück unserer Fonds sind, weiterhin an Bedeutung gewinnen“, sagt er. Auch Dr. Peters erwartet „nicht zuletzt aufgrund des positiven Feedbacks unserer Vertriebspartner auf unsere kürzlich emittierten Produkte und die weitere Produktplanung für 2023 ein deutlich steigendes Platzierungsvolumen“ und kündigt an: „Ein Plus von mehr als 50 Prozent halten wir durchaus für realistisch.“
„Produktoffensive“ der One Group
Andere Häuser sind ebenfalls optimistisch. So gibt HMW zu Protokoll: „Genau jetzt ist die Zeit für Investitionen“ und die One Group plant gar eine „Produktoffensive“. Dazu zählt eine Fortsetzung der „ProReal“-Serie zur Finanzierung von Wohnungsbau-Projekten als Private Placement und als Publikums-AIF sowie ein Club Deal gemeinsam mit einem professionellen Spezial-AIF für den Umbau eines Hotels auf Mallorca zu einem Fünf-Sterne-Plus-Haus. Daneben plant die One Group im Bereich „Green Solutions“ sowohl Private Placements als auch Green Bonds mit dem Schwerpunkt auf „grüne“ Projekte mit dem Fokus auf nachhaltiges Energiemanagement und will einen 6b-Fonds-fähigen Spezial-AIF auflegen, der in eine Klinik-Immobilie investiert. Unter dem Begriff „Inflations Protect“ sei zudem ein Publikums-AIF geplant, der in eine Mixed-Use Immobilie investiert und als reiner Eigenkapitalfonds geplant ist. Puh!
Nicht bei den Planungen der One Group angegeben ist indes eine weitere Namensschuldverschreibung (Vermögensanlage) für den Publikumsvertrieb. Dieses Vorhaben sei jedoch nicht aufgegeben und befinde sich im Billigungsverfahren, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. Der zeitliche Ablauf des Billigungsverfahrens sei unter anderem aufgrund neuer Verfahrensgrundsätze bei der BaFin schwer planbar, so dass parallel ein Publikums-AIF vorbereitet und die Namensschuldverschreibung nicht als Vorhaben definiert wird.
So hat jedes Unternehmen seine eigene Strategie entwickelt, um sich bestmöglich auf die Zukunft einzustellen. Was diese wirklich bringt, wird sich im Laufe des Jahres zeigen. Entscheidend wird sicherlich sein, dass der Ukraine-Krieg nicht weiter eskaliert – und dass nicht wieder etwas anderes passiert, das niemand vorhergesehen hat oder ahnen konnte.
Dieser Artikel stammt aus der Cash. Ausgabe 3/2023.