„Begriff der Honorarberatung erstmals definiert“

Heute wirken sich Provisionen steuermindernd auf die Abgeltungssteuer aus, Honorare dagegen nicht. Darüber hinaus sind einige Formulierungen zu konkretisieren. So ist etwa die „unverminderte und unverzügliche Weiterleitung von Provisionen“ als Voraussetzung für eine „Honorar-Anlageberatung“ genau zu definieren.

Sie lässt noch einen erheblichen Spielraum für Gestaltungsmissbrauch, etwa im Bereich der hauseigenen Produkte von Banken. Zwar müssen diese, sofern es sich nicht um Nettotarife handelt, Produktprovisionen an den Kunden weiterleiten. Kaum ein Kunde wird aber kontrollieren können, ob versteckte Zuwendungen des Emittenten nicht doch zum Teil bei der Bank hängenbleiben.

Cash.: Nach wie vor gibt es viele Marktexperten, die Deutschland mittel- bis kurzfristig als nicht honorarberatungsfähig ansehen. Wie ist die Sicht des BVDH in diesem Kontext?

Rauch: Bei allem Respekt vor diesen Marktteilnehmern, oft wird hier sehr theoretisch mangels praktischer Erfahrungen argumentiert. Sprechen Sie mit Honorarberatern, werden Sie die Bedenken, dass deutsche Verbraucher nicht „honorarberatungsfähig“ sind nicht antreffen.

Sobald Anleger oder Versicherungsnehmer erst einmal wissen, was sie bis dato versteckt bezahlt haben, steigt die Bereitschaft zur Honorierung der Beratung rapide an. Aus meinen fast 20 Jahren eigener praktischer Honorarberater-Erfahrungen kann ich ausschließen, dass es eine fehlende Akzeptanz nach der entsprechenden Aufklärung bei Verbrauchern gibt.

Was wir daher in Deutschland brauchen, ist eine Informationskampagne über die jeweiligen Beratungs- und Vermittlungskosten. Danach kann der Verbraucher eine objektive Entscheidung fällen, für welches Modell der Finanzberatung er sich entscheidet.

Die Erfahrungen zeigen, dass er Großteil sich für das Honorar entscheidet. Das zeigt auch der Blick auf andere Länder, die bereits deutlich weiter sind als wir in Deutschland.

Cash.: Welche Faktoren müssen eintreten, damit die Honorarberatung auch hierzulande nachhaltig Fuß fasst?

Rauch: Der erste Schritt ist mit dem Referentenentwurf bereits erfolgt. Ich möchte jedoch auch auf die Notwendigkeit der Stärkung der Honorarberatung im Grundsätzlichen hinweisen.

Zehn Jahre Transparenzvorschriften im Finanzdienstleistungsmarkt haben nichts gebracht und auch verschärfte Transparenzgebote sind nicht geeignet, den Verbraucherschutz in der Finanzbranche zu stärken.

Dies hat eine Studie im Auftrag des Berufsverbands deutscher Honorarberater (Download unter: www.deutsche-honorarberater.de) und der quirin bank ergeben, die im September 2012 veröffentlicht wurde.

Ein Systemwechsel im Sinne eines flächendeckenden Provisionsverbots, wie es in Großbritannien in 2013 eingeführt wird, ist deshalb aus unserer Sicht langfristig unabdingbar. Zu dieser Einsicht werden neben Großbritannien, den Niederlanden und Australien auch andere Länder gelangen.

Wir gehen davon aus, dass die immer strenger werdende Regulierung auch in Deutschland in fünf bis zehn Jahren zu einem Provisionsverbot, mindestens aber zu einer flächendeckenden Einführung von Nettotarifen für Finanzprodukte, führen wird.

Durch die zunehmende Aufklärung der Verbraucher, rechnen wir mit steigenden Marktanteilen für die Honorarberatung, die sich mittelfristig auf 15% bis 20% erhöhen sollten.

Verstärkt wird dieser positive Trend für die Honorarberatung durch Initiativen auf europäischer Ebene, im Rahmen der MiFID II, Gesetzesinitiativen einzelner europäischer Länder sowie die strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Sachen „Kick-back“, die ein enormes Haftungspotential für Banken in sich birgt und den Druck auf das Provisionsmodell in Deutschland weiter erhöhen werden.

Das Gespräch führte Frank O. Milewski, Cash.

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