Im Versicherungsbereich ist Beratung und Vermittlung gegen Honorar gemäß Paragraf 34e Gewerbeordnung (GewO) als Versicherungsberater möglich, doch die Kritiker sehen darin eine ungenügende Regelung. Dieter Rauch, stellvertretender Vorsitzender des BVDH und Geschäftsführer der VDH GmbH Verbund Deutscher Honorarberater (VDH), sieht durch diesen Mangel die kundenorientierte Finanzberatung gefährdet.
„Im Sinne einer wirklich kundenorientierten Beratung ist es von großer Bedeutung, eine produktunabhängige, ganzheitliche Finanzberatung anzustreben“, so Rauch. Diese umfasse neben der Beratung zu Wertpapieren und Vermögensanlagen auch den Bereich der Versicherungen, das Bausparen sowie Finanzierungen. Diese Einschätzung teilt auch Verbraucherschützer Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (VZBV). Der VZBV fordert daher eigene Gesetze für die Honorarberatung zu Bausparverträgen, Versicherungen, Krediten und Sparprodukten.
Dieser Forderung widerspricht der BVK, der eine weitere Regulierung oder Förderung der Honorarberatung im Versicherungsbereich für unnötig hält. BVDH-Vorsitzender Rauch hätte dagegen schon eine vergleichsweise simple Lösung parat. Der in Paragraf 34e GewO bereits regulierte Versicherungsberater solle in Honorar-Versicherungsberater umbenannt werden, um in der Systematik des Referenten-Entwurfs zu bleiben.
Dann müssten nur noch geringfügige Anpassungen der Gewerbeordnung erfolgen, so Rauch. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat bereits im Juni mitgeteilt, das Modell der Honorarberatung auf weitere Bereiche der Finanzberatung ausdehnen zu wollen.
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Übergangsfrist soll Einstieg erleichtern
Ein Hindernis auf dem Weg zur Etablierung der Honorarberatung könnten nach Ansicht von Honorarkonzept-Geschäftsführer Britt auch die im Gesetz verankerte strikte personelle Trennung von Provisions- und Honorarberatung und fehlende Übergangsfristen für wechselwillige Berater sein.
Der Gesetzgeber verkenne, dass das Geschäftsmodell eines freien Beraters nicht von einem auf den anderen Tag von der Provisions- auf die Honorarberatung beumgestellt werden könne. Um die Umstellung zu erleichtern, sollten daher gesetzliche Übergangsfristen geschaffen werden, die es Beratern ermöglichen, eine Zeitlang parallel Provisions- und Honorarberatung anzubieten, so Britt.
Auch Tim Bröning, Mitglied der Geschäftsleitung des Münchener Maklerpools Fonds Finanz, hält Mischmodelle für sinnvoll. „Im Versicherungsbereich sehen wir große Schwierigkeiten für Umsteiger, ohne Mischmodell als Honorarberater Fuß zu fassen“, erläutert Bröning.
Vielleicht sei es im Sinne der Honorarberatung, diesen Schritt auch im Versicherungsbereich zu ermöglichen, damit Berater sich ausprobieren können, meint Bröning.
Europäische Regulierung ausschlaggebend
Trotz des neuen Gesetzes bleibt die Zukunft der Honorarberatung in Deutschland ungewiß. Auch auf europäischer Ebene soll die Honorarberatung gefördert, aber nicht zwangsweise vorsgeschrieben werden. Es bleibt abzuwarten, welchen Einfl uss die anstehenden europäischen Richtlinien IMD 2 und MIFid II auf die Honorarberatung haben werden. Ein Provisionsverbot ist in beiden Verordnungen nicht mehr vorgesehen.
Ohne dieses wird die Honorarberatung hierzulande wohl nicht aus ihrem Nischendasein heraustreten. „Ich glaube, wenn es kein Provisionsverbot gibt, dann wird das Thema Transparenz allein der Honorarberatung nicht zu einem Durchbruch verhelfen können“, meint Rauch. Seiner Ansicht nach könnte die Honorarberatung in Deutschland im Laufe der nächsten fünf Jahre auf einen Marktanteil von drei bis fünf Prozent kommen.
Sollten einschneidende Regularien für die Honorarberatung erlassen werden, könnte der Marktanteil seiner Ansicht nach zwischen zehn und 15 Prozent liegen. Sowohl Bundesregierung als auch Opposition planen nach eigenen Aussagen die Ausweitung der Honorarberatung auf weitere Bereiche der Finanzberatung, ob sich das Modell tatsächlich als gleichwertige Alternative zur Provisionsvergütung etablieren kann, wird letztendlich der Markt entscheiden.
„Ich appelliere an die Finanzwirtschaft, die gesetzlichen Regelungen positiv aufzugreifen, ihre bisherigen Geschäftsmodelle zu überprüfen und die Finanzberatung so zu gestalten, dass sie ausschließlich im tatsächlichen Interesse der Verbraucher erfolgt“, richtet sich Ministerin Aigner an die Branche. (jb)
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