Die Akzeptanz der Honorarberatung hält sich in Deutschland immer noch in Grenzen. Ein Problem, das sich aus Sicht der Honorarberater nur mit viel Kommunikation lösen lässt.
An die Gründe für seinen Einstieg in die Honorarberatung vor rund sieben Jahren kann sich Florian Dittert noch sehr genau erinnern: “Ich war extrem unzufrieden mit der Entwicklung der von mir damals vermittelten Geldanlageprodukte und konventionellen Altersvorsorgeprodukte”, erzählt der Finanzanlagenvermittler und Versicherungsmakler aus dem nordrhein-westfälischen Greven-Reckenfeld. Die Intransparenz der Kostenstrukturen und die damit verbundene Negativperformance hätten nicht nur zu unangenehmen Gesprächssituationen mit den Kunden geführt, sondern ihn auch zum Nachdenken und Nachforschen animiert. Seine “Nachforschungen” brachten ihn schließlich zur Honorarberatung.
Oliver Gessner-Turnee, Finanzanlagenvermittler und Versicherungsmakler aus dem nordrhein-westfälischen Hörstel, ging es damals ganz ähnlich. Schon länger hatte er sich über die schlechte Qualität der meisten Provisionsprodukte im Altersvorsorge- und Kapitalanlagebereich geärgert. “Als unabhängiger Berater ist es meine Aufgabe, meinen Mandanten die Information zu geben, die sie brauchen, um kluge Finanzentscheidungen treffen zu können. Wirklich unabhängig beraten kann ich aber nur, wenn ich von meinen Mandanten auch dafür bezahlt werde, dass ich sie berate und ich nicht von den Produktanbietern dafür bezahlt werde, dass ich meinen Mandanten irgendwelche Produkte verkaufe”, sagt er.
“Als ich erkannte, was für große Qualitäts- und Kostenunterschiede es zwischen Netto- und Bruttoprodukten gab, war bei mir die Entscheidung gefallen, meinen Mandanten auch Nettoprodukte gegen Honorar anzubieten und ihnen die Entscheidung zu überlassen, welchen Weg sie gehen möchten”, so Gessner-Turnee. Zwei Makler, die gleiche Entscheidung.
Mentale und betriebswirtschaftliche Hürden
Das gesetzliche Berufsbild des unabhängigen Honorarberaters gibt es in Deutschland seit dem 1. August 2014. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Honorarberatung wurde erstmals ein solches Berufsbild im Anlagebereich geschaffen. Das Gesetz bestimmt, dass Honorarberater ausschließlich vom Kunden vergütet werden dürfen. Anders als beispielsweise Großbritannien hat sich der deutsche Gesetzgeber aber ausdrücklich für ein Nebeneinander von Honorar und Provision entschieden. Kein Provisionsverbot also, sondern ein “Sowohl-als-auch”.
Doch der Einstieg in die Honorarberatung ist nicht einfach – dabei müssen sowohl mentale als auch betriebswirtschaftliche Hürden genommen werden. Aus Sicht von Ralf Teicher, Vertriebstrainer, Unternehmensberater und Experte für Honorarberatung, ist zunächst einmal zu klären, was genau Honorarberatung eigentlich ist: “Wenn Honorarberatung eine Tätigkeit für den Kunden ist, die er direkt an den Berater bezahlt, kann das sehr vielschichtig sein. Die Bandbreite kann sich von einer einfachen Marktrecherche im Kfz-Bereich bis zur komplexen Finanzplanung und Vermögensanlage erstrecken.”
Um einen fassbaren Einstieg zu definieren, mache es Sinn, diesen zunächst einmal beim Berater zu finden, nämlich in seiner mentalen Einstellung, für eine bislang augenscheinlich kostenlose Leistung nun ein Honorar zu verlangen. Der Einstieg beginnt also im Kopf.
Es folgt die betriebswirtschaftliche Betrachtung. “Ziel sollte es ja sein, durch Honorarberatung mehr als bisher zu verdienen. Und wenn man mehr als andere bekommen möchte, muss man – für Kunden wahrnehmbar – auch mehr dafür leisten”, betont Teicher. “Das können ergänzende Serviceleistungen sein oder die bisherige Beratung wird deutlich aufgewertet.” Es komme also zunächst darauf an, Ziel und Positionierung zu klären. Danach gelte es, sich geeignete Partner für den Einstieg zu suchen. Gerade in der Anfangszeit sei es hilfreich, spezialisierte Dienstleister mit einem lebendigen Berater-Netzwerk an seiner Seite zu haben.
Das aber ist leichter gesagt als getan: “Leider gibt ist – anders als in der bekannten Poollandschaft – hier noch wenig Möglichkeiten und Auswahl”, bemängelt er. Was auch daran liegen mag, dass sich die Akzeptanz der Honorarberatung in Deutschland immer noch in Grenzen hält.
Ein Problem, das sich aus Sicht der Honorarberater nur mit verstärkter Aufklärung und viel Kommunikation lösen lässt. “Es ist heute sicherlich noch schwierig, gegen Honorar zu beraten, da dieses Thema in weiten Teilen der Bevölkerung noch nicht präsent ist. Es herrscht dort das Gefühl vor, dass Finanzberatung ja kostenlos sei, was sie natürlich nicht ist. Im Gegenteil”, sagt Gessner-Turnee. Deshalb sei es wichtig, über die Kosten zu reden.
“Kein angenehmes Thema”
“Das ist gerade im Bereich der Altersvorsorge und der Kapitalanlage ein entscheidender Punkt. Gerade am Anfang ist dies sicherlich kein angenehmes Thema. Zuvor hat man nie über seine eigene Vergütung mit dem Mandanten gesprochen. Bei Steuerberatern, Rechtsanwälten und Rentenberatern ist dies hingegen ganz normale Praxis. Gleichwohl genießen diese Berufsgruppen ein sehr viel höheres Ansehen. Offen über Kosten zu sprechen, kann Vertrauen schaffen”, erklärt er.
Auch wenn das nicht unbedingt angenehm ist. “Natürlich ist es nicht sexy, mit dem Kunden darüber zu sprechen, dass er am Ende der Beratung selbst Geld in die Hand nehmen muss, statt den Berater über den Vertrag entlohnen zu lassen”, sagt Dittert. Wenn der Kunde aber die monetären Vorteile der Beratung schwarz auf weiß sieht, sei die Bereitschaft, ein Honorar zu zahlen, fast immer gegeben. “Und für die wenigen Fälle, in denen der Kunde mal nicht will, kann er immer noch den Provisionstarif nehmen”, betont er.
Den vollständigen Artikel lesen Sie in der Cash. Ausgabe 7/2020, die am 25. Juni erscheint.