Michael Dreibrodt, Vorstandsvorsitzender der auf Netto-Tarife spezialisierten My Life Lebensversicherung, spricht mit Cash. über die Zukunft der Honorarberatung, die Entwicklung seines Hauses sowie mögliche Szenarien in der Lebensversicherung hinsichtlich Provisionsdeckelung und Provisionsverbot.
Nach der Verabschiedung des Honoraranlageberatungsgesetzes im Sommer dieses Jahres haben Sie von einer „Signalwirkung“ gesprochen. Wie sieht diese aus?
Dreibrodt: Die Signalwirkung resultiert daraus, dass die Honoraranlageberatung in Deutschland erstmals überhaupt geregelt wurde. Man darf nicht vergessen, dass in der Branche jahrelang diskutiert wurde, ob das Gesetz überhaupt nötig sei. Ich erwarte von der Regelung, dass die Honorarberatung hierzulande eine größere Rolle spielen wird. Zudem gehe ich davon aus, dass sich die Versicherer darauf einzustellen haben, dass innerhalb der nächsten vier Jahre auch eine Regelung für den Versicherungssektor folgen wird.
Ein absolutes Verbot der Provisionsberatung wäre aber nicht in Ihrem Sinne, oder?
Wir sind nicht der Auffassung, dass die Honorarberatung das alleingültige Modell sein soll. Daher wäre es überhaupt nicht sinnvoll, Provisionsverbote aus einzelnen Ländern zu übernehmen. Da hat My Life eine ganz wirtschaftsliberale Haltung: Wir wollen ein pragmatisches Nebeneinander der Vergütungsmodelle – das ist am Ende das Beste für alle.
Gleichwohl haben Sie anderweitige Forderungen an die Politik. Wie sehen diese aus?
Dreibrodt: Wir fordern zunächst, dass der Begriff des Honorarberaters auch für den Versicherungsbereich definiert wird. Darüber hinaus muss geklärt werden, was mit dem Provisionsabgabeverbot geschieht und ob ein Versicherer auch Netto-Tarife anbieten muss.
Wofür pladieren Sie denn in der Netto-Tarif-Frage?
Dreibrodt: Heute haben wir die Situation, dass ein Versicherungsmakler, der seinem Kunden möglicherweise nicht die gesamte Produktpalette anbieten kann, auf Provisionstarife ausweichen muss. Unser Vorschlag ist, dass es Vereinbarungen zwischen Kunde und Berater gibt, wonach der Berater sämtliche Provisionen an den Kunden abtritt, sodass keine Doppelabzüge für den Kunden entstehen.
Was sagen Sie zu dem Vorwurf aus der Branche, dass eine umfassende Honorarberatungsleistung gar nicht stattfinden könne, weil es nur ein gutes Dutzend Anbieter von Netto-Tarifen gibt?
Wenn wir das Gespräch vor fünf Jahren geführt hätten, hätten Sie mir vermutlich nur drei Anbieter genannt. Heute zählen hingegen viele namhafte Versicherer zur Netto-Tarif-Welt – das ist nicht mehr zurückzudrehen und ich weiß, dass viele Kollegen bereits daran arbeiten, bald mit dazuzugehören. Zu Ihrer Frage: Die Argumentation passt überhaupt nicht, denn umfassende Beratung und die Erfassung der individuellen Lebenssituation kann erst einmal ganz ohne Produkt stattfinden – das ist ja der Urgedanke von Honorarberatung.
Viele Provisionsberater fordern, dass Honorarberater ausschließlich Netto-Tarife anbieten dürfen. Ärgert Sie das?
Sagen wir es mal so: Eine solche Einschränkung auf Netto-Produkte würde den Markt nicht vorwärts bringen – man sollte den Markt entscheiden lassen. Alles andere würde nur darauf hinauslaufen, ein Geschäftsmodell zu schützen, das stark unter Beschuss geraten ist.
Seite zwei: Provisionsbegrenzung in der Lebensversicherung, Provisionsverbot in Großbritannien