Die Zahl der Makler, die ihre Nachfolge noch nicht geregelt haben, ist alarmierend hoch. Manche wollen ihren Bestand einfach unbetreut auslaufen lassen. Das kann allerdings haftungsrechtliche Folgen haben.
James Bond, britischer Geheimagent mit der Lizenz zum Töten, staunt nicht schlecht, als ihm Q, der Waffenmeister des Secret Service, seinen Nachfolger vorstellt: In „Die Welt ist nicht genug“ (1999) kündigt „Q“ seinen Ruhestand an, Bond hat offenbar nicht damit gerechnet. Den neuen Mann nimmt 007 zunächst nicht ernst, verspottet ihn gar als „R“. Und tatsächlich fällt der neue Waffenmeister, gespielt von Ex-“Monty-Python“ John Cleese, im weiteren Handlungsverlauf in erster Linie durch Tollpatschigkeit als durch technische Raffinesse auf. Ob „R“ geeignet ist, der neue „Q“ zu werden, muss sich also erst noch zeigen. Doch immerhin: Der bisherige Waffenmeister hat sich offenbar rechtzeitig mit der Frage auseinandergesetzt, wer sein Nachfolger werden soll.
Damit ist er vielen deutschen Finanzvermittlern einen großen Schritt voraus, denn laut einer Studie von Policen Direkt aus dem Mai 2019 haben 85 Prozent der Versicherungsmakler ihre Nachfolge noch nicht geregelt, obwohl zwei Drittel über 55 Jahre alt sind. „Dass Zukunftsfragen oft noch nicht geklärt oder noch nicht einmal gestellt sind, ist für uns ein deutliches Alarmzeichen. Denn Zeit ist der entscheidende Faktor, wenn es darum geht, die Nachfolge ordentlich zu regeln“, sagt Philipp Kanschik, Projektverantwortlicher für die Maklerrente bei Policen Direkt und Initiator der Studie. 15 Prozent der Teilnehmer hatten zum Zeitpunkt der Umfrage bereits das aktuelle Rentenalter von 65 Jahren erreicht, nur fünf Prozent aber hatten den Ausstieg innerhalb der nächsten zwölf Monate geplant. Kanschik empfiehlt, das Thema mindestens drei Jahre vor dem geplanten Ruhestand anzugehen – idealerweise noch früher.
Doch wie kommt es, dass die Zahl der Makler, die ihre Nachfolge noch nicht geregelt haben, so alarmierend hoch ist? Norman Wirth, Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, bringt es auf einen einfachen Nenner: „Nachfolgeregelung ist in etwa so sexy wie zum Zahnarzt gehen. Aber beides ist notwendig und eine Investition in zukünftiges Wohlergehen.“ Der Großteil der Versicherungsmakler plane seine Nachfolge nicht strategisch und gehe oftmals schlecht vorbereitet in die Nachfolgersuche oder in die Übergabe seiner Bestände oder Maklerunternehmen. „Das führt dazu, dass viele Makler ihr Unternehmen weit unter Wert verkaufen oder ihre Angehörigen im Falle einer Notlage oder des Todes in eine emotionale und fachliche Überforderung bringen.“ Was sicherlich eher selten gewünscht ist.
Paradoxe Situation
Der Mangel an „Sexyness“ ist aber nur ein Grund für die häufig unzureichende Nachfolgeplanung: Hinzu kommt, dass viele Makler einfach weiterarbeiten wollen, solange ihr Alter und ihre Gesundheit es zulassen, wie die Studie von Policen Direkt zeigt. Fast die Hälfte der Versicherungsmakler sind sich sicher, dass sie aus Altersgründen die Tätigkeit aufgeben werden. „Offenbar stehen Versicherungsmakler zu ihrem Beruf und sehen sich auch gut aufgestellt. Denn nicht einmal jeder Fünfte lässt sich durch Bürokratie, Konkurrenz und Digitalisierung den Spaß so nachhaltig verderben, dass er deswegen ans Aufhören denkt“, so Kanschik. Eine Einstellung, für die Dr. Frank Kersten, Geschäftsführer der AMC Finanzmarkt GmbH, ein Netzwerk der Assekuranz und ihrer Partner, durchaus Verständnis hat: „Viele Makler haben sich ihren Kundenbestand in jahrelanger Arbeit aufgebaut. Der tägliche Kontakt zu Menschen und die Bindung an viele liebgewordenen Kunden gibt ihnen Kraft für den Alltag. Warum sollte man also, wenn man sich noch gut fühlt, damit aufhören? Ein Angestellter geht halt mit spätestens 67 in Rente, ob er will oder nicht. Ein selbstständiger Makler hört erst auf, wenn es wirklich nicht mehr geht.“ Außerdem hätten viele Makler für sich selbst nicht so gut fürs Alter vorgesorgt wie ihre Kunden – eine Situation, die mit „paradox“ noch zurückhaltend beschrieben ist.
Immerhin 13 Prozent der von Policen Direkt befragten Makler wollen den Ruhestand bewusst nicht regeln und ihren Bestand einfach unbetreut auslaufen lassen – was allerdings haftungsrechtliche Folgen haben kann. „Der Makler ist Sachwalter des Kunden. Der Kunde meldet sich in der Regel nicht von selbst, wenn er veraltete Vertragsbedingungen in seinen Unterlagen hat. Auch Veränderungen im Kundenbedarf bekommen viele ältere Makler aufgrund fehlender Aktivitäten nicht mit. Das führt immer mehr auch zu Fällen der Beratungshaftung. Dessen sind sich viele ältere Makler nicht bewusst“, warnt Kersten. „Die Kunden werden allein gelassen, gerade wenn sie eventuell Hilfe brauchen. Und der Ex-Makler begibt sich in Haftungsgefahr“, bestätigt Wirth. So würden dem Makler zum Beispiel relevante Marktveränderungen entgehen, die ein aktives Handeln erfordern könnten. „Ein unbetreutes Auslaufen lassen ist verantwortungslos gegenüber den Kunden und sich selbst, insbesondere aber auch gegenüber der eigenen Familie“, kritisiert er.
Seite zwei: Wie Versicherer auf die steigende Zahl unbetreuter Kunden reagieren