„Immer mehr Vermittler machen aus der Nische ihr Kerngeschäft“ 

Foto: Florian Sonntag
Die Diskussionsteilnehmer von links: Angelika Jäckel, Hauptabteilungsleiterin Tarif bei der Barmenia Allgemeine Versicherungs-AG; Nicole Keibel, Leiterin Produktmarketing bei den HanseMerkur Versicherungen; Peter Bornschein, Country Manager bei der Agria Tierversicherung

Im November kommt eine neue Gebührenordnung für Tierärzte. Damit dürften Behandlungen auch für Hunde und Katzen massiv teurer werden. Bislang ist aber nur ein Bruchteil der 10,3 Millionen Hunde und 16,7 Millionen Katzen krankenversichert. Angelika Jäckel, Nicole Keibel und Peter Bornschein diskutierten mit Cash. über einen spannenden Markt mit großem Wachstumspotenzial.

Während der Pandemie haben sich viele Berufstätige aus Furcht vor der Einsamkeit einen Hund oder eine Katze angeschafft. Und es stand die Befürchtung im Raum, dass viele in dem Moment, in dem sie wieder ins Büro müssen, nicht wissen wohin mit dem Tier. Sind tatsächlich so viele Tiere in Tierheimen gelandet? 

Jäckel: Tatsächlich haben viele Haushalte während der Pandemie ein Haustier erworben. Die Nachfrage war riesig und leider kamen damit  viele Welpen auf den Markt, die nicht nach den Zuchtstandards, beispielsweise des VDHs, gezüchtet wurden. Als nun das Reisen wieder möglich wurde, die Menschen wieder ins Büro mussten beziehungsweise durften, kam das böse Erwachen, wohin mit meinem Vierbeiner. Hinzu kommt, dass viele Tiere krank wurden, da sie unter schlechtesten Bedingungen gezüchtet wurden und somit die Tierbesitzer auch noch, neben dieser Sorge, sich mit hohen Tierarztkosten konfrontiert sahen. Die Tierheime sind leider wieder voll, auch mit kranken Tieren. Das ist ein Effekt und sehr problematisch.

Keibel: Viele haben unterschätzt, was es bedeutet, sich auch nach Corona umfangreich um ein Tier zu kümmern. Es ist traurig, was auf die Tierheime abgewälzt wird. Trotzdem glaube ich, dass wir einen weiteren Anstieg bei der Anschaffung von Haustieren sehen werden, weil sich die Arbeitswelt verändert. Wenn man nur noch zwei oder drei Tage die Woche ins Büro muss, passt ein Tier eventuell besser ins eigene Lebensmodell. Ich hoffe aber, dass die Menschen künftig besser darüber nachdenken, wie viel Aufwand ein Tier bedeutet, bevor sie sich eines anschaffen. 

Bornschein: Wir sollten nicht vergessen, dass die Tiere vielen Menschen in der Pandemie geholfen haben, die weggebrochenen sozialen Kontakte zu kompensieren. Diese Pandemie wird nie zu Ende sein.  Durch die neuen Lebens- und Arbeitsmodelle verändert sich etwas. Ich denke, der Trend zu Tieren ist nachhaltig. Jedoch sind die Themen, wenn ich mir ein Tier anschaffe, wie „Was kommen da für Kosten auf mich zu?“, oder „Was bedeutet es, wenn das Tier krank wird?“ aber leider auch bei vielen Züchtern völlig unterrepräsentiert. Das ist ein Hauptgrund, warum die Menschen sich zu wenig mit dem Thema Absicherung auseinandersetzen. 

Bei der Tierhalterhaftpflicht gibt es große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Wie bewerten Sie, dass es keine bundesweite Pflicht für eine Haftpflichtversicherung für Hunde gibt?

Jäckel: Was man bei diesem Thema berücksichtigen muss, dass Hunde Tiere sind und instinktgesteuert. Eben läuft er noch entspannt neben einem her und eine Sekunde später jagt er das Eichhörnchen. Kommt es dabei zu einem Personenschaden mit Verletzungen, Verdienstausfall und bleibenden Gesundheitsschäden, kommt man schnell in einen sechs- bis siebenstelligen Bereich. Meiner Meinung nach müsste die Tierhalterhaftpflichtversicherung bundesweit eine Pflichtversicherung werden, gerade im Hinblick auf den „Opferschutz“. Es darf nicht sein, dass das Opfer auf dem Schaden sitzenbleibt.

Keibel: Ich bin kein Freund von Pflichtversicherungen, aber beim Thema Hundehalterhaftpflicht sollte etwas passieren. Wie Frau Jäckel es sagte, der Opferschutz ist ein sehr wichtiger Punkt. Es geht nicht nur um die eigene finanzielle Absicherung bei einer Haftpflicht, sondern um den Schutz derjenigen, denen der Schaden zugefügt wurde. 

Bornschein: Wir haben in der Kfz-Versicherung auch eine Pflicht. Die Gefährdungshaftung ist hier das, was es zur Pflicht macht. Ich fände die Kombination aus Tierkrankenversicherung, Opferschutz oder einer passiven Rechtsschutzfunktion könnte ein Ansatz sein. Ich habe eine Tierkrankenversicherung und mein Hund ist Geschädigter im Rahmen eines Haftpflichtschadens, etwa durch einen anderen Hund. Hier müsste man die Behandlungskosten sicherstellen und dann die Haftungsansprüche – nachgelagert – vom Versicherer im Regressverfahren an den anderen Versicherer stellen können.

Lassen Sie uns zu den Tierkrankenversicherungen kommen. Warum ist die Marktdurchdringung in Deutschland im Vergleich zu England oder Schweden so gering?

Bornschein: Die mangelnde Aufklärung der Verbraucher und Produkte mit gutem Leistungsspektrum zu vernünftig kalkulierten Prämien sind der Grund für die noch nicht so große Marktdurchdringung. In diesem Jahr wird beispielsweise die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) novelliert. Und damit steigen die Kosten für Behandlungen deutlich, die sowieso schon von Tierbesitzern unterschätzt werden. Der Hund lebt zwischen zehn und 15, 16 Jahren, Katzen noch deutlich länger. Es ist schlichtweg unwahrscheinlich, dass das Tier in dieser Lebensspanne keinen Unfall oder keine Krankheit entwickelt. Wir haben selbst in einer Tierklinik für die Behandlung eines Blasensteins bei unserem Kater einen nicht unerheblichen Geldbetrag von 500 Euro als Anzahlung leisten müssen. Am Ende standen 1.750 Euro auf der Rechnung. Doch nicht jeder hat diesen Betrag am Monatsende als liquide Mittel auf dem Konto verfügbar. Und was geschieht dann? Die Leute überlegen sich, bringe ich mein Tier überhaupt zum Tierarzt? Das widerspricht sämtlichen Kriterien von Tierschutz. 

Keibel: In Deutschland war das Angebot an Tier-OP und Tier-Krankenversicherungen in der Vergangenheit relativ klein. Erst in den letzten Jahren kommen immer mehr Anbieter und damit mehr Produkte auf den Markt und erhöhen so die Sichtbarkeit. Hinzu kommt, dass viele die Kosten für Unfall oder Krankheit unterschätzen. Aber der Markt ist in Bewegung. Inzwischen gibt es deutlich mehr Mitbewerber. Und es kommen weitere dazu. Ich glaube, das hilft auch bei der Aufklärung, wie wichtig diese Produkte sind. Auch auf den Social-Media-Plattformen ist die Tier-Versicherung mittlerweile ein großes Thema. Und diese Breite hilft, dem Verbraucher die Möglichkeiten der Absicherung aufzuzeigen. Und wenn dann noch Tierärzte oder Züchter mit aufklären, werden wir eine deutlich bessere Abdeckung und Versorgung der Tiere sehen. 

Jäckel: In die neue GOT sind 400 Positionen hinzugekommen,  die vorher gar nicht in der Gebührenordnung geregelt waren. Etwa das MRT. Für einen Hund oder eine Katze kostet das lautet neuer GOT rund 750 Euro. Und da sind Behandlungskosten oder die tatsächliche OP nicht eingerechnet. Um mich gegen solche unerwarteten Kosten abzusichern, dafür ist eine Krankenversicherung sinnvoll. Die Beiträge hierfür sind bekannt, diese kann ich kalkulieren und schütze mich damit vor unverhofften Tierarztrechnungen die gerne auch einmal vierstellig werden können. Das ist der Sinn und Zweck der Versicherung: Das Risiko beherrschbar zu machen.

Keibel: In den vergangenen Jahren gab es bei der GOT immer ein paar Anpassungen. Vor zwei Jahren wurde die Notdienstgebühr eingeführt. Wenn ich außerhalb der Sprechzeiten in Behandlung gehe, dann musste ich schon 59,50 Euro Notdienstgebühr zahlen. Zudem wurde der vierfache GOT-Satz eingeführt. Aber das langt nicht. Wenn ein Tier am Wochenende erkrankt, dann versuchen Sie mal, eine Tierklinik in näherer Umgebung zu finden. Und dann haben sie dort Wartezeiten von bis zu sechs Stunden. Solch ein Besuch kostet auf jeden Fall 400 Euro, egal, was war. Das ist schon eine Hausnummer, die eine Tierkrankenversicherung dann abdeckt. 

Bornschein: In unserem Mutterland Schweden sind circa 90 Prozent aller Hunde krankenversichert. Bei den Katzen sieht es ähnlich aus. Ob Tierärzte, Kliniken, Entwicklung in der Veterinärmedizin, Stichwort MRT oder Gerätemedizin: In Skandinavien ist die Versicherungsindustrie auf breiter Front Kostenträger der veterinärmedizinischen Versorgung. Bei uns ist es der Verbraucher. Da muss ein Umdenken stattfinden. Wir sehen in Deutschland einen Mangel bei Tierärzten, Tierarzthelfern und -helferinnen. Wir sehen auch, dass die Kliniken unter Druck geraten, um 24 Stunden Schichtdienst aufrechterhalten zu können. Mit dem angesprochenen Fachkräftemangel ist das nicht mehr zu leisten. Und dann droht der Verlust des Klinikstatus. Das heißt, die Versicherungswirtschaft ist somit Träger der veterinärmedizinischen Versorgung. Das ist auch ein ganz wichtiger Aspekt.

Können Sie an Ihren Absatzzahlen einen positiven Trend erkennen? 

Keibel: Wir sind 2019 mit unserer Hunde-OP und 2020 mit der Tier-OP auf den Markt gegangen und haben direkt eine sehr hohe Nachfrage nach unseren Produkten erfahren – besonders in den Jahren 2021 und 2022 ist diese Nachfrage nochmals deutlich gestiegen. Mit unserer neuen Tierkrankenversicherung reagieren wir nun auf diese steigende Nachfrage. Schon jetzt gibt es von Kundenseite viele Anfragen an die Vermittler. 

Bornschein: Wir sind seit Oktober 2021 auf dem deutschen Markt. Und die Nachfrage übertrifft unsere Pläne. Darüber sind wir sehr glücklich.

Jäckel: Wir sind sehr erfolgreich in der Kranken- und in der Operationskostenversicherung. Die Wachstumsraten liegen im zweitstelligen Bereich. Und wir merken, dass die Kunden bei der Tierkranken- und auch bei der OP-Versicherung auf Qualität achten. Wir haben sehr viele Abschlüsse direkt im Welpenalter, was sinnvoll ist. Aber die Durchdringung ist viel zu gering. Als wir mit der OP-Versicherung gestartet sind, gab es vier oder fünf Anbieter am Markt. Jetzt sind es geschätzt mindestens 20. Das ist gut. Denn wenn es mehr in die Breite geht, gibt es hoffentlich auch mehr Aufklärung.

Wir sehen aktuell enorme Preissteigerungen in vielen Bereichen. Glauben Sie, dass die Inflation das Geschäft dämpfen wird?

Bornschein: Ich glaube nicht. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass sich die Menschen gerade in Krisenzeiten noch mehr Tiere angeschafft haben und die Haustiere auch zur psychischen und emotionalen Stabilität vieler Leute beigetragen haben. Ich denke, dass Inflation und Preissteigerung, Energiepreise und wer weiß, welche Krisen da noch kommen werden, die Nachfrage beim Versicherer treiben werden, weil der Kunde mit konstanten Ausgaben rechnen kann. Ich habe eine belastbare Rechnungsgröße in meinem Haushalt und keine Spitzen. Ich glaube nicht, dass sich die Menschen aufgrund von Preisdruck weniger Haustiere anschaffen. 

Keibel: Die Tierversicherung sollte von Kunden nicht als Einsparpotenzial angesehen werden. Das ginge zulasten der Tiere und wäre auch für die finanzielle Absicherung der falsche Ansatz. Grundsätzlich ist es aktuell aber schwierig einzuschätzen, wie stark die steigenden Energiepreise und die Inflation die Menschen dahingehend beeinflussen, ihre Tierversicherung zu kündigen. 

Jäckel: Ich glaube, dass die Menschen jetzt mehr Sicherheit wollen. Die neue Gebührenordnung für Tierärzte wird ein massives Steigen der Rechnungen mit sich bringen. Also ist eine Absicherung quasi ein Muss. Ich würde in jedem Fall nicht raten, die Leistungen zu reduzieren und von einer Krankenversicherung beispielsweise in eine OP umzustellen. Denn wenn das Tier schwer oder chronisch erkrankt, fehlt die passende Absicherung. Falls es dennoch einmal zu finanziellen Engpässen beim Kunden kommt, haben wir – abgeleitet aus der menschlichen privaten Krankenversicherung – ein Optionsrecht in der Tierkrankenversicherung eingeführt. Für Fälle, bei denen zum Beispiel der Premiumschutz zu teuer ist, kann der Kunde auf eine OP-Versicherung downgraden und dann ohne erneute Gesundheitsprüfung – zu zwei festen Zeitpunkten – wieder zurück in den Premiumschutz wechseln. Dennoch würde ich versuchen, den vollumfänglichen Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten, solange es geht.

Wie wichtig ist die Digitalisierung im Segment Tierversicherungen, speziell die Telemedizin?

Jäckel: Ich sehe eine ganz große Chance in der Telemedizin. Die ist mittlerweile bei vielen Tarifen im Markt enthalten und eine wirklich gute Entwicklung, um die steigenden Tierarztkosten im Griff zu halten. Wenn man über das Handy mit einem Tierarzt reden und den Hund zeigen kann, erkennt ein Tierarzt tatsächlich schon viel über den Zustand des Hundes. Das spart oft viel Geld, im Zweifelsfall eben auch die Notdienstgebühr, wenn der Tierbesitzer weiß, es ist nichts lebensbedrohliches, ich kann erst noch abwarten und gegebenenfalls nach dem Wochenende zu meinem Tierarzt gehen. Fakt ist: Durch viele Tierarztbesuche steigen die Aufwendungen bei den Versicherern und wenn die Schadenaufwendungen höher sind als die Beiträge, werden sich die Prämien erhöhen. Zudem kommt die neue GOT. Es ist davon auszugehen, dass sich die Versicherungsprämien am Markt erhöhen.

Bornschein: Telemedizin ist letztlich auch ein toller Kundenservice, den wir als Versicherer erbringen können, um Nähe zum Kunden und einen Added Value zu erzeugen. Natürlich ist es auch ein Instrument, um Schadenskosten zu minimieren und damit die Prämien auf einem konstanten Niveau zu halten. Wir haben in den skandinavischen Ländern unseren eigenen digitalen Vet Guide sehr erfolgreich an den Markt gebracht. Kundenbefragungen dort zeigen, dass die genannten Effekte eintreten. Dem Tier kann eine unnötige Fahrt zum Tierarzt erspart werden, dem Kunden wird geholfen und letztendlich auch Schadenkosten der Versichertengemeinschaft gespart werden, was sich hinterher wieder prämienrelevant auswirkt. Das ist ein Paradebeispiel, wie Digitalisierung Mehrwert stiften kann.

Keibel: Wir kennen das Thema Telemedizin schon aus der Humanmedizin. Und auch für den Tierarztbesuch ist es heute eine gefragte Alternative zum Besuch vor Ort. Man merkt deutlich, dass die Nachfrage nach Onlineberatung beim Tierarzt deutlich zunimmt. Die Chance, kurz anzurufen und eben nicht losfahren zu müssen und trotzdem jemanden zu sprechen, der einem hilft, ist für die Kunden extrem wichtig. Und es reduziert für alle Seiten Zeit und Kosten. 

Lassen Sie uns über das Thema Social Media sprechen, über Facebook und Co. Diese Plattformen leben von Bildern und Emotionen und wir haben ja schon festgestellt, dass das Thema Tiere sehr emotional ist. Wie wichtig ist Social Media im Bereich Tierversicherungen?

Jäckel: Social Media ist enorm wichtig für den Vertrieb und vor allem eine Riesenchance. Viele Vermittlerinnen und Vermittler haben sich auf Tierversicherungen spezialisiert; und die Kunden werden in der Regel über Social Media erreicht. Tiere sind eben ein emotionales Thema, bei dem ich mit schönen Bildern viel erreichen kann.

Bornschein: Das Silo-Denken in den Vertriebswegen ist heute nicht mehr kundengerecht. Wir müssen uns breit aufstellen und dem Kunden ermöglichen, uns über den Touchpoint zu erreichen, den er auswählt. Wer über Facebook mit einem Versicherer in Kontakt kommt, will eventuell nicht zu einem physischen Kundenberater. Der Kunde von heute wünscht Beratung über verschiedene Kanäle. Das nahtlos hinzubekommen, ist die Kür.

Keibel: Ich muss mir überlegen, wer ist meine Zielgruppe und wie erreiche ich diese. Social-Media kann ich weder als Versicherer noch als Makler einfach wild streuen. Auch Social-Media muss geplant werden. Für die Makler ist das aber eine Riesenchance. Es gibt Kunden, die möchten nur noch digital beraten und informiert werden. Wer für sich den richtigen Kanal findet und Spaß daran hat,  wird sicherlich auch gutes Geschäft über diese Wege generieren. 

Die Emotionalität klang heute schon mehrfach an. Was bedeutet „Haustiere als emotionaler Türöffner“ in der vertrieblichen Praxis? 

Keibel: Wir haben mit den Haustieren ein ganz neue Kundenansprache. Jeder Tierbesitzer spricht gerne über sein Tier. Wenn man also einen Kunden auf seinen Hund anspricht, hat man in der Regel direkt einen sehr einfachen Einstieg ins Gespräch. Die Kunst wird dann darin liegen, tatsächlich von diesem emotionalen Gespräch eben auch auf das Produkt zu sprechen zu kommen. Aber emotionaler kann ich fast nicht einsteigen als über das Tier. 

Jäckel: Mittlerweile haben rund 47 Prozent aller deutschen Haushalte ein Haustier. Wenn ich mit einem Kunden über seine Krankenversicherung rede, dann frage ich: „Jetzt haben sie etwas für sich gemacht. Machen wir das gleiche für Ihr Tier.“ Denn ein Tier ist ein Familienmitglied und jeder möchte, dass es seinem Haustier gut geht. Die Vorstellung eine Behandlung für den Vierbeiner nicht zahlen zu können ist für die meisten Menschen fürchterlich, da eben Emotionen im Spiel sind.

Bornschein: Bei Agria sind die meisten Mitarbeiter selbst Tierbesitzer. Deswegen haben wir von Natur aus schon diese emotionale Verbindung zu Tierhaltern und Kunden. Uns unterscheidet auch, wie wir den deutschen Markt bearbeiten. So arbeiten wir etwa mit dem Verband für das deutsche Hundewesen zusammen und sind sehr nah an den Züchtern und Tierhaltern. Zudem rekrutieren wir viele unserer Vertriebsmitarbeiter aus den Bereichen der Katzen- und Hundezüchter. Man hat sofort den Draht und auch die Nähe zum Kunden.

Wie viel Know-how braucht es, wenn man sich auf  Tierversicherungen spezialisieren möchte?

Jäckel: Ja. Die Tierkrankenversicherung gehört zwar in die Kategorie der Sachversicherung, es gibt aber viele Unterschiede in den Produkten, beispielsweise das beidseitige Kündigungsrecht. Stellen Sie sich vor, Ihr Tier fünf Jahre alt, wird krank, die Rechnungen kommen und der Versicherer kann kündigen. Das ist ein Problem. Ich empfehle, dort genau hinzuschauen. Wir verzichten in der OPKostenversicherung auf das Kündigungsrecht. Jedes Tier bleibt bis zum Lebensende versichert. Das ist wichtig. Es gibt darüber hinaus viele Unterschiede in den Leistungen bei den Anbietern. Zum Beispiel reduzieren einige Versicherer ihre Leistungen im Alter oder begrenzen sie in den ersten zwei Versicherungsjahren. Gerade Welpen sind oft die größten Rechungsverursacherer, da bleibt ein Tierbesitzer schnell auf ein paar Tausend Euro sitzen Mit dem Thema sollte man sich als Vermittler richtig auseinandersetzen.

Bornschein: In der Tat gibt es viele Kriterien. Zu den eben genannten kommt die lebenslange Absicherung hinzu. Es ist oft so, dass bei höherem Tieralter entweder Leistungen gekürzt werden oder gar die Versicherung komplett ausläuft. Die lebenslange Absicherung ist für mich persönlich ein sehr wichtiger Punkt. Und auch für den Makler, allein schon aus der Beraterhaftung heraus. Ich denke, dass die Komplexität des Themas unterschätzt wird. Wir sind zwar in der Sachversicherung, aber ein Tier zu versichern ist eben etwas anderes, als wenn ich mein Auto versichere oder den Hausrat. Immer mehr Vermittler haben das, was früher eine Nische war, mittlerweile zu ihrem Kerngeschäft gemacht.

Keibel: Wir haben einen superinteressanten Markt. Und wir haben unterschiedliche Rassen, Haltung, Ansprüche, Verwendungen für das Tier. Das muss alles berücksichtigt werden. Natürlich kann ein Kunde heute online selbst abschließen. Und genau da kommen wir wieder zu dem Unterschied, weswegen der Vermittler so wichtig ist. Der Kunden hat sich vielleicht schon informiert. Aber wirklich noch einmal ins Detail zu gehen und zu erklären, welches Produkt, mit welchen Leistungen zu welchem Preis letztlich zum Kunden passt, dazu braucht es den Vermittler. Wer sich dort einarbeitet, hat Potenzial. Nur schätzungsweise 13 Prozent aller Hunde haben eine Krankenversicherung und nur 20 Prozent eine Hunde-OP-Versicherung. Die HanseMerkur bietet für den Vermittler über den Makler-Online-Antrag einen relativ einfach Abschluss für die Tierprodukte an. Der Vermittler kann sich zusammen mit dem Kunden einwählen und die Versicherung ohne viel Aufwand konfektionieren. Und mit einer Maklervollmacht sogar für den Kunden abschließen. So hat der Kunde trotz erstklassiger Beratung nicht mehr Aufwand als beim  Onlineabschluss.  

Abschließende Frage mit der Bitte um eine kurze Antwort: Welche Perspektiven sehen Sie für das Vertriebsjahr 2023 in dem spannenden Segment? 

Keibel: Die Tierversicherung wird auch 2023 ein großes Segment bleiben. Das war bereits vor der Pandemie so und der Trend hat sich kaum geändert. Wir als Hanse Merkur sind in dem Bereich der Tier-OP- und Tierkrankenversicherung aktiv. Unsere Krankenversicherung wurde gerade gelauncht. Ende 2021 gab es 10,3 Millionen Hunde und 16,7 Millionen Katzen. Doch nur ein Bruchteil ist krankenversichert. Es ist also ein großes Feld, auf dem es bisher wenig Abdeckung gibt. Wir wollen die Marktdurchdringung vorantreiben und die Tierversicherung weiter etablieren.

Bornschein: Die Nachfrage wird bleiben. Für Agria ist die Tierversicherung unser Kernthema. Wir sind Spezialist und wir glauben an den deutschen und den europaweiten Markt. Darauf können unsere Kunden auch in Zukunft weiter vertrauen. 

Jäckel: Wir schreiben uns auf die Fahne, aufzuklären, die Tierkrankenversicherung weiter in den Markt zu bringen und mit qualitativ sehr hochwertigen Produkten den Kunden zu unterstützen. Unser Credo ist, dass wir sein allerliebstes Haustier gut schützen wollen.

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