Spätestens seit dem Sommer des vergangenen Jahres – eigentlich aber schon seit der Lehmann-Pleite – ist ein neuer Trend bei privaten Immobilienanlegern festzustellen: Die direkte Anlage, insbesondere in Wohnimmobilien, wird gegenüber der indirekten Anlage bevorzugt. Das war nicht immer so.
Gastkommentar: Angelika Kunath, Geschäftsführerin FHH Fondshaus Hamburg
Traditionell sind gerade in Deutschland die offenen und geschlossenen Immobilienfonds besonders beliebt. Allerdings gibt es vor allem drei Gründe dafür, warum Fonds derzeit nicht so hoch in der Gunst der Anleger stehen:
Erstens: Das Image der Branche der geschlossenen Fonds an sich ist beschädigt. Dies hat jedoch weniger etwas mit den geschlossenen Immobilienfonds zu tun als mit der schwierigen Lage bei vielen anderen Assetklassen – so etwa bei Schiffsbeteiligungen, Medienfonds, Lebensversicherungsfonds oder bei „Exoten“ wie etwa „Riesenrad“-Fonds. Obwohl die Probleme in diesen Fondsgattungen nichts mit geschlossenen Immobilienfonds zu tun haben, leiden diese jedoch mit unter den Imageproblemen.
Zweitens: Wer ein Haus oder eine Wohnung kauft, hat das Gefühl, dass er seine Immobilie jederzeit wieder verkaufen kann. Bei geschlossenen Fonds ist dagegen deutlicher, dass sich der Anleger für längere Zeit bindet. Und genau das wollen viele Anleger in der derzeit unsicheren Situation nicht. Dabei geht leicht vergessen, dass es auch bei Direktinvestments in Häuser oder Wohnungen keineswegs jederzeit einfach und sinnvoll ist, sich wieder von ihnen zu trennen. Denn wer als Privatanleger eine Immobilie vor Ablauf von zehn Jahren verkauft, muss den Gewinn mit dem vollen persönlichen Steuersatz versteuern. Und bei Transaktionskosten, die wegen der gestiegenen Grunderwerbsteuer und den bei Wohnungen und Häusern hohen Maklerkosten meist deutlich über zehn Prozent liegen, ist es auch gar nicht sinnvoll, sich schon nach wenigen Jahren wieder zu trennen. Deshalb ist es bei Direktanlagen ebenso wie bei indirekten Anlagen in der Regel nicht sinnvoll, sie vor Ablauf von zehn Jahren zu verkaufen.
Drittens: Viele Anleger sind derzeit so verunsichert, dass ihnen die Rendite eines Investments fast egal ist. Deshalb sind sie bereit, teilweise Wohnimmobilien zu erwerben, bei denen ihnen nach Abzug aller Kosten nur zwei bis drei Prozent bleiben – wenn überhaupt. Gute Immobilienfonds, die doppelt so viel bringen, können mit diesem Argument nicht mehr punkten. Die Angst vieler Anleger vor Inflation oder gar einer Währungsreform macht diese teilweise blind und führt zu irrationalen Anlageentscheidungen.
Vergessen gehen bei vielen Anlegern die Nachteile einer direkten Anlage. Oftmals kaufen sie Wohnungen in der eigenen Stadt. Und wenn diese nicht zufällig zu den demographischen Gewinnerregionen gehört, ist ein Wertverlust eher wahrscheinlich als Wertsteigerungen. Hinzu kommt, dass es unter Gesichtspunkten der Risikostreuung ebenso unsinnig ist, eine einzelne Wohnung oder ein Mietshaus für die Altersvorsorge zu kaufen wie es abwegig wäre, eine einzelne Aktie zur Alterssicherung zu erwerben. Bei Aktien haben Anleger das Prinzip der Risikostreuung verstanden und setzen deshalb eher auf Fonds.
Bei geschlossenen Fonds sollten sie auch nicht auf einen einzelnen Fonds setzen, sondern sich über die Jahre ein Portfolio aus Beteiligungen an unterschiedlichen Assetklassen und Nutzungsarten wie Büro, Einzelhandel, Wohnen, Hotel, Studentenapartments aufbauen. Das ist nur mit indirekten Anlagen möglich, da kaum ein Anleger das Geld hat, sich direkt an Gewerbeimmobilien zu beteiligen. Zudem sollten Anleger neben Vermietungsobjekten einen gewissen Teil ihres Geldes auch in Projektentwicklungen investieren, die früher in der Wertschöpfungskette ansetzen und daher höhere Erträge generieren. Auch dies ist nur über Fondslösungen möglich.
Die Fondsbranche hat es bisher nicht ausreichend verstanden, diesen Argumenten Gehör zu verschaffen. Aber nur wenn das gelingt, gibt es eine Chance, dass sich die Platzierungszahlen für die Immobilienfonds wieder deutlich verbessern. Zwar war das platzierte Eigenkapital 2011 mit 2,82 Milliarden Euro höher als in den beiden Vorjahren, jedoch noch immer deutlich niedriger als in allen anderen Jahren seit 1993, als die Gesamtmarktzahlen für die geschlossenen Fonds erstmals erhoben wurden.
Foto: FHH Fondshaus Hamburg
Gastkommentatorin Angelika Kunath ist Geschäftsführerin bei dem Hamburger Initiator FHH Fondshaus Hamburg.