Der vertragliche Haftungsausschluss ist kein Tor zur Narrenfreiheit: In seinem Urteil vom 9. Februar 2018 hat der Bundesgerichtshof geklärt, wann trotz eines vertraglich zugesicherten Haftungsausschlusses des Verkäufers ein Schadenersatzanspruch aufgrund von Sachmängeln bestehen kann (Az.: V ZR 274/16). Ein Beitrag von Philipp Takjas, McMakler
BU: Philipp Takjas: „Der Einzelfall entscheidet, ob Käufer trotz vertraglichem Haftungsausschluss eine Chance auf Schadenersatz haben.“
Ein Sachmangel besteht bei Immobilien immer dann, wenn sich das Objekt nicht für die vertraglich vorausgesetzte Nutzung eignet. Für den Fall, dass der Verwendungszweck nicht vertraglich geregelt ist, gilt folgendes:
Der Sachverhalt
Die Immobilie muss für die gewöhnliche Nutzung geeignet sein und eine Beschaffenheit aufweisen, die der Käufer aufgrund ihrer Art erwarten kann. Ein Sachmangel kann zum Beispiel dann bestehen, wenn es Mängel an der Elektroinstallation oder Feuchtigkeitsschäden gibt.
Bei Bestandsimmobilien wird die Haftung des Verkäufers für Sachmängel aber in der Regel vertraglich ausgeschlossen. Hat der Immobilienkäufer bei einem Haftungsausschluss also keinerlei Schadensersatzansprüche?
Die Antwort
Doch, hat er – unter bestimmten Voraussetzungen. Zum Beispiel immer dann, wenn der Verkäufer Sachmängel wissentlich verschwiegen hat. In dem vor dem Bundesgerichtshof verhandelten Fall ging es um ein ungefähr 300 Jahre altes Bauernhaus mit Anbauten aus den 1940er und 1960er Jahren, in dem bei Umbaumaßnahmen nach dem Kauf Wasserschäden entdeckt wurden.
Der Kläger hatte vor den Instanzgerichten argumentiert, dass die Verkäufer durch ihre Reinigungskraft über die Wasserschäden informiert wurden.
Daraufhin hätten die Verkäufer die Flecken überstrichen. Die Klage auf Schadenersatz wurde vom Landgericht aber abgewiesen, die Begründung: Die Richter sahen in der Aussage der Reinigungskraft keine ausreichende Begründung für eine arglistige Täuschung.
Gleichzeitig haben sie grundlegend angezweifelt, ob ein Sachmangel vorliegt, da aufgrund des Alters des Gebäudes nicht davon auszugehen war, dass es über entsprechende Schutzvorrichtungen gegen Wasserschäden verfügt.
Bundesgerichtshof revidierte das Urteil und verwies den Streit zurück ans Landgericht
Der Bundesgerichtshof hat bestätigt, dass der Verkäufer nicht aufgrund eines reinen Sachmangels schadensersatzpflichtig sein kann, sehr wohl aber, wenn eine arglistige Täuschung vorliegt. Ob diese vorliegt, wurde laut den Richtern durch die Vorinstanz nicht ausreichend geprüft, weshalb das Berufungsurteil aufgehoben wurde und der Fall neu verhandelt werden muss. Gleichzeitig hat der BGH festgestellt, dass durch die Feuchtigkeitsschäden die gewöhnliche Nutzung nicht gewährleistet ist. Die Räume sind also nicht richtig bewohnbar, wobei das Alter nicht den Ausschluss eines solchen Sachmangels begründet.
Fazit
Ob Käufer trotz eines vertraglichen Haftungsausschlusses des Verkäufers eine Chance auf Schadensersatz haben, wird im Einzelfall entschieden. Berechtigt ist die Forderung etwa immer dann, wenn eine arglistige Täuschung vorliegt oder der Verkäufer eine bestimmte Beschaffenheit der Immobilie garantiert beziehungsweise diese vertraglich zugesichert hat.
Autor Philipp Takjas ist Rechtsanwalt und General Counsel beim Full-Service-Immobiliendienstleister McMakler.
Foto: McMakler