Um die politischen Ziele der ESG-Richtlinien konkret umzusetzen gibt es eine Offenlegungsverordnung. In der „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR) müssen Kunden, Anleger und Investoren darüber informiert werden, welche Nachhaltigkeitsrisiken es gibt und welche Folgen diese Risiken für die finanziellen Ergebnisse haben können. Denn eine fehlende Solaranlage (oder vergleichbare regenerative Energiequelle), eine fehlende Lademöglichkeit für E-Autos oder die fehlende Nutzung von Regenwasser als Brauchwasser können in Zukunft den Wiederverkaufswert einer Immobilie beeinflussen. Allein um solche Daten zu erheben, bedarf es neuer Datenerhebungsmethoden und KI- sowie Big Data basierter Bewertungsmodelle.
Werden Nachhaltigkeits-Kriterien nicht erfüllt, dann muss in Zukunft auf solche „Nachhaltigkeits-Risiken“ hingewiesen werden. Immobilienanbieter, die den ESG-Standards entsprechen wollen, müssen deren Einhaltung regelmäßig nachweisen. Dabei ist gesetzlicher Druck kaum erforderlich: Anleger, Investoren und Mieter setzen zunehmend auf Objekte, die entweder nach nachhaltigen Gesichtspunkten gebaut werden oder bei denen bei einer umweltfreundlichen Sanierung auf die ESG- Standards geachtet wurde.
Ohne Daten-Kompetenz keine ESG-Umsetzung
Viel zu viele Faktoren sind zur Nachhaltigkeits-Einstufung eines Objektes relevant, um die nötigen Daten nur mit „Bordmitteln“ zu erheben und intelligent zu verwalten. Selbst die Frage, ob ein Gebäude im permanenten Schatten oder auf einer besonders windigen Fläche steht, wird in wenigen Jahren eines von vielen Bewertungskriterien sein.
Es steht schon jetzt fest, dass die Finanz- und damit in Folge die Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren weiter steigende Anforderungen an ESG-Qualitäten zu erwarten hat. Die politischen Weichen sind dafür gestellt, das Ausformulieren von Regelwerken im Detail dauert länger. Auch Aspekte wie die gute Unternehmensführung – Sicherheit für Mitarbeiter, Gleichberechtigung, zurückverfolgbare Lieferketten – bis hin zu Mobilitätskonzepten bei Wohnanlagen werden früher oder später berücksichtigt werden. Die Branche hat „Ethisch-Ökologisch-Sozial“ offenbar bereits als neue Losung akzeptiert. Trotz der erheblichen Aufwände, vor allem bei der Gewinnung und Analyse von Daten, wird die ESG mehr als Chance denn als Risiko gesehen. Der Markt muss und wird sich damit befassen und langfristig umdenken.
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Autor Christian Crain ist Co-Geschäftsführer der PriceHubble Deutschland GmbH. Das Unternehmen mit Hintergrund in der Schweiz ist auf Immobilienbewertungen und Objekteinsichten basierend auf Big Data Analytics und künstlicher Intelligenz spezialisiert.