Immobilienbranche: Kategorisierung in ABCD-Städte nicht zeitgemäß

Vor mehr als 25 Jahren entwickelte das Analyseunternehmen bulwiengesa die Klassifizierung in ABCD-Städte, um Investoren eine erste Einschätzung zu Renditechancen und Risiko eines Projekts zu ermöglichen. Diese Kategorisierung hat jedoch an Aussagekraft verloren.

Seit der Einführung der ABCD-Kategorisierung hat sich das Investitionsumfeld in Deutschland stark gewandelt.

„Die Nachfrage auf dem deutschen Wohnungsmarkt hat sich durch eine lange Phase der extremen Niedrigzinsen, Zuzug in die Ballungsräume und Zuwanderung sehr verschärft. Diesen neuen Bedingungen wird die herkömmliche Segmentierung nicht mehr gerecht“, sagt Edward Martens, Vorstand der AVW Immobilien AG.

Mit den stark vereinfachenden Kategorien können sich Anleger bei Investitionsentscheidungen heutzutage nicht mehr ausreichend orientieren, da sie weder aktuelle Risiken in vermeintlichen Top-Lagen, noch das Potenzial kleinerer Städte vermitteln.

Daher bewerte das Hamburger Unternehmen Standorte unabhängig von diesem Schema und treffe Investitionsentscheidungen auf Basis individueller Standortanalysen. Dafür gebe es drei Hauptgründe:

1. Entwicklung wichtiger als Status-Quo

Durch die typische Klassifikation werden grundlegende Unterschiede der Standorte laut AVW Immobilien auf wenige und größtenteils statistische Parameter, wie Einwohnerzahl und Büroflächenbestand reduziert.

Gleichzeitig werden dynamische Faktoren wie Bevölkerungsentwicklung und Kaufkraftkennziffern nicht berücksichtigt, obwohl diese Informationen nötig seien, um Risiko und Risiko-Rendite-Relation eines Investments realistisch einzuschätzen.

So haben die Kaufpreise in den A- und B- Städten teilweise Niveaus erreicht, die keine Wertsteigerungen oder Sensitivitäten in der Renditebetrachtung zulassen. Im Februar 2018 habe die Bundesbank sogar vor Überbewertungen in Großstädten von etwa 35 Prozent gewarnt.

Dynamische Faktoren sind entscheidend für die langfristige Preisentwicklung an einem Standort und den Wiederverkaufswert der Immobilie. Und da sehen wir für bestimmte kleinere Städte gerade deutlich mehr Entwicklungspotenzial. Investoren, die trotzdem weiter in Schubladen denken, vergeben somit womöglich Renditechancen“, so Martens.

2. Vernachlässigung von Megatrends

Auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Trends, die das Leben, Arbeiten und Wohnen nachhaltig beeinflussen werden von der gängigen Klassifikation nicht berücksichtigt. Beispielsweise hängen viele deutsche Städte stark von einer Branche, wie zum Beispiel der Autoindustrie ab.

Aktuell ist die Preis- und Nachfrageentwicklung laut AVW Immobilien an vielen dieser Standorte sehr gut. Trotzdem sei nicht absehbar, wie bestimmte Entwicklungen – wie beispielsweise die Umstellung auf Elektromobilität – die lokalen Arbeitsmärkte beeinflussen werden.

Seite zwei: Nicht-klassifizierte Standorte

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