Das Vorurteil gegenüber Maklern ist weit verbreitet: „Das sind diejenigen, die die Tür aufschließen, irgendwann einmal ein Exposé schreiben und ansonsten eher auf dem Golfplatz anzutreffen sind.“ Obwohl diese stereotype Aussage kaum weiter von der Realität entfernt sein könnte, verzichtet inzwischen ein signifikanter Anteil von Wohnungsverkäufern auf den Vermittler und nimmt die Sache lieber selbst in die Hand. Aber lohnt sich das wirklich? In den meisten Fällen nicht.
Problemfaktor Preisbildung
Die wahrscheinlich größte Herausforderung bei einem geplanten Verkauf besteht darin, den Preis für die jeweilige Immobilie korrekt einzuschätzen. Schließlich befinden wir uns hierzulande im schnellsten Zinsanstieg der Geschichte, und die teureren Finanzierungskonditionen wirken sich negativ auf die Kaufpreise aus.
In der Regel setzen Privatpersonen, die sich erstmals in ihrem Leben mit einem Immobilienverkauf auseinandersetzen, den Preis entweder zu hoch oder zu niedrig an. Ein zu hoher Preis kommt meist zustande, weil die Verkäufer sich nach den Preisen von 2020 oder 2021 richten, welche die Grundlage vieler Preisatlanten und Statistiken bilden. Die neue Realität fließt hierin noch nicht mit ein. Die ständigen Zeitungsartikel zu einer etwaigen Immobilienkrise und die Hochkonjunktur der Untergangspropheten in den sozialen Netzwerken können jedoch auch dafür sorgen, dass Eigentümer aus Furcht unter Wert verkaufen.
Und wie wird nun der richtige Preis ermittelt? Das stellt selbst die Experten vor Herausforderungen. Wichtige Faktoren sind gerade jetzt ein genauer Blick für die Pluspunkte wie auch für die verborgenen Potenziale der Immobilie sowie eine hohe Datenintelligenz. Viele Maklerhäuser greifen dafür bereits auf digitale Tools oder künstliche Intelligenzen mit Millionen von Datenpunkten zurück. Für Privatpersonen sind diese kaum zugänglich, sodass sich also auf jeden Fall die Einschätzung eines Experten empfiehlt. Hinzu kommt, dass jeder Preis Verhandlungssache ist. Ein Makler, der als professioneller Verhandler im Sinne des Verkäufers auftritt, ist also ein wichtiger Wertehebel für den Verkauf.
Die Maklerrolle neu interpretieren
Wer sich nicht selbst intensiv und seit Jahren mit dem Immobilienmarkt auseinandersetzt, sollte also die Hilfe eines professionellen Maklers in Anspruch nehmen. Allerdings ist es wichtig, dass dieser den Maklerberuf modern interpretiert. Denn neben der realistischen Preisermittlung ist vor allem ein zeitgemäßes Marketing vonnöten. Drohnenaufnahmen und virtuelle Begehungen der Immobilie gehören inzwischen zum modernen Vermarktungsprozess dazu, denn die potenzielle Käuferschicht wird immer jünger und besteht überwiegend aus Digital Natives. Mit nichtssagenden Handyfotos fällt es hingegen schwer, diese Zielgruppe zu begeistern.
Demgegenüber können einige Aspekte wegfallen, die klassischerweise mit dem Maklerberuf verbunden werden. Beispielsweise ist erfahrungsgemäß diejenige Person, die seit Jahren in einer Immobilie lebt, auch der kompetenteste Ansprechpartner bei einer Besichtigung. In vielen Fällen muss ein Makler also nicht zu jeder Besichtigung anreisen, sondern kann vielmehr eine Beraterrolle einnehmen: Er liefert Checklisten, geht mit dem Eigentümer die wichtigsten Punkte durch und kann im Nachgang vom Eigentümer wie auch vom Interessenten Feedback entgegennehmen. Noch wichtiger jedoch ist, dass der Makler die Kandidaten vorab gezielt auswählt, damit kein „Besichtigungstourismus“ in den eigenen vier Wänden stattfindet. Fazit: Der (moderne) Makler ist nach wie vor ein wichtiger Sicherheitsfaktor für Immobilienverkäufer. Allerdings sollten diese darauf achten, wie digital und transparent der jeweilige Makler agiert. Zeitgemäße Prozesse und eine punktgenaue Unterstützung können zudem dafür sorgen, dass die Provision niedriger ausfällt als bei jenen Maklern, die auch die „unnötigen“ Aufgaben komplett übernehmen und sich das entsprechend vergüten lassen.
Autor Sebastian Eraghi ist COO bei Neho Deutschland.