Autor Christian Euler ist Buchautor und Wirtschaftsjournalist
Nachhaltigkeit ist und bleibt en vogue, das macht derzeit insbesondere der Klimawandel deutlich. ESG-Kriterien stehen bei vielen Anlegern daher ganz oben auf der Agenda. ESG steht für Umwelt (Environment) Soziales (Social) und gute Unternehmensführung (Governance). Geht es um nachhaltiges Anlegen, fällt über dieses Buchstaben-Trio hinaus immer häufiger der Begriff des Impact Investing. Laut der Definition des Global Impact Investing Network sind dies Anlagen, die mit der Absicht getätigt werden, neben einer finan- ziellen Rendite auch eine positive, messbare soziale oder ökologische Wirkung zu erzielen. Anleger können so im besten Falle nicht nur von einer Rendite, sondern auch von einem sozialen, ethischen und ökologischen Effekt profitieren. Das Netzwerk mit seinen weltweit rund 450 Mitgliedern schätzt, dass dieser Markt zwischen 2012 und 2022 von 29 Milliarden auf 1,16 Billionen US-Dollar gewachsen ist. Bewertet ESG anhand von Kriterien die Geschäftspraktiken eines Unternehmens hinsichtlich Umwelt, Soziales und Unternehmensfüh-rung, geht Impact Investing noch einen Schritt weiter.
Mehr als nur ESG
Im Fokus steht, was wirklich getan wird, damit eine positive Wirkung auf die Gesellschaft oder die Umwelt erzielt wird. Ein Unternehmen kann somit theoretisch einen guten ESG-Score erhalten, aber keine positive Auswirkung erzielen. Impact Investing gilt daher landläufig als das „wahre“ nachhaltige Investieren. „Oft wird es als Königsdisziplin bezeichnet, weil es nur sehr begrenzte Möglichkeiten gibt, unzweifelhaft eine positive Nachhaltigkeitswirkung zu erzielen und die Wirkung aufgrund der Datenlage oft nicht unmittelbar zu quantifizieren ist“, unterstreicht Marco da Costa, Senior Portfoliomanager SSA & Green Bonds beim Asset Manager Bantleon. Es beginne gemäß der Definition des Global Impact Investing Network dort, wo eine klare und unzweifelhafte Messung der Nachhaltigkeitswirkung möglich sei.
Das ist Impact Investing
Impact Investing/wirkungsorientiertes Investieren ist ein Investmentansatz, der über die reine Orientierung an Rendite und Risiko hinausgeht. Positive soziale und/oder ökologische Wirkungen sollen möglichst direkt, intendiert und nachweisbar sein. Es geht um eine messbare positive gesellschaftliche und/oder ökologische Wirkung. Impact Investing geht nach dieser Definition über die bisherigen ESG- oder SRI-Ansätze hinaus. Der deutsche Markt für Impact Investing befindet sich in der Pionierphase. Es gibt bereits einige spezialisierte Investmentfonds, Berater und Beraterinnen, Intermediäre und Intermediärinnen und Netzwerke, doch hat das Thema noch nicht den Mainstream erreicht. Gleichzeitig jedoch wächst das Interesse von Seiten der Investoren, der Sozialwirtschaft und der Wissenschaft an Impact Investing in Deutschland seit Jahren massiv. Das Impact-Investing-Segment birgt somit ein großes Potenzial und es gilt, das Thema in Deutschland noch stärker in den Fokus zu rücken. Doch existiert aktuell eine Reihe von Herausforderungen für den Marktaufbau: Zu wenig geeignete Anlageprodukte in unterschiedlichen Asset- und Risikoklassen, mangelnde Unterstützung durch die Politik zum Beispiel durch die Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen, sowie fehlende Anreizmechanismen für mehr impactorientierte Unternehmensgründungen und -finanzierungen, die im größeren Rahmen das Potenzial von Impact Investing demonstrieren könnten. (Quelle: Bundesinitiative Impact Investing)
„Für einen wirklichen Beitrag zu einer besseren Welt bedarf es Impact“, bringt Andreas von Angerer, Head of Impact bei Inyova, die Abgrenzung zu ESG-orientierten Investments auf den Punkt. Um
globale Herausforderungen wie die Klimakrise in den Griff zu be- kommen, bedürfe es Millionen
von Impact-Investoren, die ihr Geld nutzen, um die Welt ein Stück besser zu machen. Der Vorteil von Impact Investing liegt nach Ansicht von Angerers nicht zuletzt darin, dass man letztlich mehrere Ziele kombinieren könne: „Neben der positiven Wirkung investiert man in der Regel entsprechend seiner eigenen Werte und sichert gleichzeitig eine langfristig gute Performance, indem man selbst dazu beiträgt, Unternehmen für die Zukunft aufzustellen oder in zukunftsfähige Unternehmen zu investieren.“
Impact muss eine dauerhafte Lösung sein
„Impact Investing bringt einen zusätzlichen Nutzen, weil es die von den Vereinten Nationen im Jahr 2015 ermittelte Finanzierungslücke von mehreren Billionen Dollar schließt und weil es einige dergrößten Probleme der Welt in Angriff nimmt, um sie zu lösen“, ergänzt Tanja Bender, Niederlassungsleiterin Candriam Deutschland und Österreich. Zugleich soll die Investition selbst eine Lösung sein, während die Rendite ebenso ein Versprechen für Nachhaltigkeit ist wie eine Belohnung für die Anleger. Bender bezeichnet „Impact“ nicht nur als Möglichkeit, positive Veränderungen als Reaktion auf die dringendsten sozialen oder ökologischen Probleme zu bewirken,
sondern gleichzeitig als dauerhafte Lösung, die nicht auf Subventionen oder private Spenden angewiesen ist. Angesichts vieler austauschbarer Begriffe und unklarer Abgren-zungen zu verwandten Konzepten wie beispielsweise ESG oder Socially Responsible Investments ist die Messung der Wirkung eine besondere Herausforderung im täglichen Geschäft – verbunden mit
der Frage: Woran lässt sich die Wirkung ablesen – und wie lässt sie sich seriös quantifizieren? „Wichtig ist die Definition eindeutiger Nachhaltigkeitskriterien, die von Projekt zu Projekt beziehungsweise von Investment zu Investment grundverschieden sein können“, gibt Bantleon-Portfoliomanager da Costa zu bedenken.
Als Beispiele für Wirkungsindikatoren nennt er die Anzahl ge-schaffener sozialer Wohnungen, eingesparte CO2-Emissionen, die Anzahl von Streckenkilometern an zusätzlich elektrifiziertem Schienennetz oder Hektar an aufgeforstetem Wald. „Bei dieser Vielfalt müssen sich Investoren bei der Offenlegung ihrer Nachhaltigkeitswirkung zwangsläufig auf bestimmte Kennzahlen fokussieren“, so der Experte.
Impact-Berechnungsmethoden
Der Mailänder Asset Manager Eurizon Capital berechnet die Ergebnisse für seine Fonds anhand einer von Mainstreet Partners implementierten Methode. Das in London ansässige Unternehmen für ESG-Beratung und Portfolio-Analyse greift dabei auf eine ganganze Reihe von Kennzahlen wie beispielsweise generierte erneuerbare Energien, Wassereinsparungen, vermiedene Abfälle oder geförderte Arbeitsplätze zurück. Sie spiegeln die Richtlinien der ICMA Green Bond Principles wider, die international von Anlegern, Emittenten und Finanzintermediären anerkannt werden. Die so erzielten Ergebnisse werden sowohl für das gesamte Portfolio als auch für jede Million Euro ausgewiesen, die im Laufe eines Jahres in die Anlagepools Fonds investiert wird.
Vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 etwa hat der Eurizon Fund – Absolute Green Bonds in 457 grüne und themenbezogene Anleihen investiert. Dabei hat der Fonds für jede investierte Million Euro dazu beigetragen, 837 Megawattstunden Strom zu erzeugen, was dem Energieverbrauch von 232 europäischen Bürgern in einem Jahr entspricht, 1.478.928 Liter Wasser einzusparen oder zu reinigen und 749 Tonnen CO2 zu reduzieren – so viel, wie von vier Quadratkilometer Wald in einem Jahr absorbiert wird. Neben den strengeren Vorschriften für die Vermögensverwalter sind auch die Anleger selbst gefordert. Seit August vergangenen Jahres werden sie von ihrem Berater bezüglich ihrer Präferenzen befragt, als die EU-Richtlinie MiFID II im Zuge der Umsetzung des EU-Aktionsplans zur „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ um eine verpflichtende Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen ergänzt wurde. „Die Grundidee, die bisherigen Kriterien Rendite, Liquidität und Sicherheit um den Aspekt der Nachhaltigkeit zu ergänzen, ist sinnvoll und begrüßenswert“, meint Christoph Schwarzmann, Leiter Partnervertrieb bei Bantleon. Eine stringenter Beratungsprozess falle derzeit allerdings schwer, da das nach Berücksichtigung aller Anforderungen verbleibende Produktuniversum „viel zu klein“ sei.