Impfschäden bei AstraZeneca: Die Entschädigungsfrage ist geklärt

Foto: Tobias Arhelger / Shutterstock

Die Impfungen gegen Covid-19 laufen in Deutschland auf Hochtouren. Mit der steigenden Zahl von Impfungen stand zuletzt auch immer häufiger die Frage im Raum, wer bei etwaigen Impfschäden in Anspruch genommen werden kann. Auch für AstraZeneca herrscht jetzt Klarheit. Ein Gastbeitrag von Rechtsanwältin Dr. Yvonne Schuld, Kanzlei Dr. Schuld.

Nach wochenlanger Ungewissheit steht nun endlich fest: Auch unter 60-Jährige, die sich mit AstraZeneca impfen lassen und dabei einen Impfschaden erleiden, können vom Staat eine Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetz verlangen. Bundestag und Bundesrat haben vor kurzem eine entsprechende Gesetzesänderung in § 60 Abs. 1 Nr. 1a IfSG beschlossen und damit eine bundeseinheitliche, verbindliche Regelung geschaffen. Damit ist endlich eine wichtige medizinrechtliche Streitfrage geklärt und Rechtssicherheit für alle Betroffenen geschaffen.

Rechtsanwältin Dr. Yvonne Schuld

Haftungslücken bei AstraZeneca-Impfungen

Bei den Impfstoffen von Biontech und Moderna war die Rechtslage immer schon eindeutig: Wer über 18 Jahre (bzw. Biontech: über 16 Jahre) alt ist und durch die Corona-Impfung einen Impfschaden erleidet, kann Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz geltend machen (z.B. Renten, Zulagen). Denn die Biontech-/Moderna-Impfung wird für diese Altersgruppen von der STIKO uneingeschränkt empfohlen, und damit bestehen im Falle eines Impfschadens automatisch auch Entschädigungsansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz. Bei einer Impfung mit Biontech bzw. Moderna ist der Patient also haftungsrechtlich – zumindest zu einem gewissen Grad – abgesichert.

Dagegen war die Rechtslage bei AstraZeneca aufgrund der eingeschränkten Impfempfehlung der STIKO lange Zeit unklar: Nach den – teilweise sehr kompliziert formulierten – Vorschriften der einzelnen Bundesländer konnten nur die über 60-jährigen Patienten im Falle eines Impfschadens Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz geltend machen. Dagegen wären alle jüngeren Patienten, die sich freiwillig und noch dazu unter bewusster Inkaufnahme besonderer Risiken einer AstraZeneca-Impfung unterzogen hätten, leer ausgegangen.

Haftungsproblem bei AstraZeneca-Impfungen entschärft

Dass solch eine Differenzierung und Benachteiligung im Ergebnis nicht haltbar ist, liegt auf der Hand. Einige Bundesländer wurden daher bereits selbst aktiv und änderten ihre Regelungen. Andere Bundesländer äußerten sich dagegen nicht zu dem Problem bzw. gaben keine rechtsverbindlichen Stellungnahmen ab. Nun hat der Bund das Thema aufgegriffen und einheitlich entschieden. Damit ist für alle Personen unter 60 Jahren, die sich trotz aller Risiken für eine Impfung mit AstraZeneca entscheiden, endlich eine wichtige Haftungslücke geschlossen worden. Die Vorschrift gilt sogar rückwirkend für alle Impfungen ab 27.12.2020.

Bei Impfschäden: Immer auch Arzthaftung prüfen

Die Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz decken jedoch oft nur einen kleinen Teil der Impfschäden und der durch sie bedingten Mehraufwendungen ab. Daher sollten Patienten mit Impfschäden immer prüfen lassen, ob in ihrem Fall möglicherweise auch Schadensersatzansprüche gegen den Impfarzt bestehen. In Betracht kommt z.B. eine Haftung des Impfarztes wegen Aufklärungsfehlern (falsche oder fehlende Aufklärung) oder Behandlungsfehlern (z.B. Schäden durch mangelnde Hygiene, vertauschte Impfmittel usw.). Da die Regulierung solcher Fälle oft kompliziert und langwierig ist, sollte frühzeitig ein auf das Medizin- und Arzthaftungsrecht spezialisierter Rechtsanwalt hinzugezogen werden.

Autorin Dr. Yvonne Schuld ist Rechtsanwältin und Gründerin der Kanzlei Dr. Schuld. Sie berät und vertritt Unternehmen, Selbständige und Privatpersonen schwerpunktmäßig in den Bereichen Wirtschafts- und Medizinrecht.

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