In der Fondsbranche ist Pessimismus unangebracht

In der vergangenen Woche präsentierte der BVI die Absatzstatistik für das Jahr 2016. Auf den ersten Blick wirken die Zahlen negativ, da die Dynamik gegenüber dem Vorjahr nachgelassen hat. Dennoch fällt die Bilanz überwiegend zufriedenstellend aus.

Der Rademacher-Kommentar

Tim Rademacher analysiert die BVI-Zahlen.
Tim Rademacher analysiert die BVI-Zahlen.

In der deutschen Fondsbranche ist das Nettomittelaufkommen im Jahr 2016 auf 102,8 Milliarden Euro geschrumpft. Gegenüber dem Vorjahreswert von 192,6 Milliarden Euro wirken die Zahlen enttäuschend. Allerdings ist der Zufluss mit diesem dreistelligen Milliardenbetrag immer noch auf einem historisch hohen Niveau. Nur zweimal wurde dieser Wert in den vergangenen 15 Jahren übertroffen.

Außergewöhnliche Belastungen

Dass dennoch die frischen Gelder für die Fondsbranche nicht mehr ganz so kräftig sprudelten, liegt vor allem an Sondereffekten. Der Kurseinbruch vor rund zwölf Monaten, der durch eine chinesische Konjunkturschwäche ausgelöst wurde, dämpfte auch die Euphorie der deutschen Anleger. Ebenfalls belasteten der Brexit, das Italien-Referendum sowie die Trump-Wahl, die allesamt die Investitionsneigung in Deutschland reduzierten.

Im internationalen Vergleich steht der deutsche Sektor keinesfalls schlecht dar. In Italien und Spanien fiel der Rückgang des Nettomittelaufkommens mit jeweils gut 65 Prozent noch deutlich stärker aus. In Gesamt-Europa schrumpfte die Kennziffer ebenfalls um 56 Prozent. Die aktiv gemangten Mutual Funds in den USA verzeichneten sogar Abflüsse von 340 Milliarden US-Dollar. Hier waren besonders ETFs gefragt, die klassische Fonds abermals massiv unter Zugzwang setzten.

Branche muss sich neu aufstellen

In Deutschland dürfte der Druck auf die einzelnen Fondsgesellschaften im Jahr 2017 ebenfalls zunehmen. Zum einen müssen sie beweisen, dass aktive Produkte einen Mehrwert gegenüber den kostengünstigeren Strategien liefern. Zum anderen dürfte sich der Wettbewerb auf dem deutschen Markt intensivieren, weshalb die Margen bei den Gesellschaften eher rückläufig sein könnten.

Grund für Pessimismus besteht aber auch in den Frankfurter Bürotürmen kaum. Aktuell ist der Absatzmarkt noch keinesfalls gesättigt, was auch an der bisherigen Zurückhaltung der Deutschen lag. Diese vertrauen trotz der negativen Realzinsen zumeist immer noch auf Termin- und Festgelder sowie Spareinlagen. Deshalb besteht bei den Gesellschaften nach wie vor die Chance, im Retailsektor viele Neukunden zu gewinnen.

Tim Rademacher ist leitender Redakteur im Bereich Investmentfonds bei Cash. und analysiert die Geschehnisse am Kapitalmarkt direkt vom Finanzplatz Frankfurt aus.

Foto: Dirk Beichert

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