Vorweg: Eine betriebliche Altersversorgung ist gut und sinnvoll. Sie ist einer der wichtigsten „Employee Benefits“, der sich bei Mitarbeitern einer großen Wertschätzung erfreut, dadurch die Attraktivität des Arbeitgebers steigert und so zur Mitarbeitergewinnung und Bindung beiträgt. Arbeitgeber sind daher gut beraten, ihren Mitarbeitern auch weiterhin eine betriebliche Altersversorgung anzubieten, und sei es auch schlicht im Rahmen eines Zuschusses zu der vom Arbeitnehmer durchgeführten Entgeltumwandlung. Dort besteht ohnehin die Verpflichtung, Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers, die durch die Entgeltumwandlung erspart werden, an den Arbeitnehmer weiterzugeben, und eine großzügige Berechnung erleichtert die Administration.
Direktzusagen: Höhere Rückstellungen in der Niedrigzinsphase
Unternehmen, die ihre betriebliche Altersversorgung über eine Direktzusage durchgeführt haben oder noch durchführen, blicken allerdings schon seit längerem mit Sorge auf die steigenden finanziellen Belastungen und suchen nach Lösungen, um den administrativen Aufwand und die Kosten der betriebliche Altersversorgung zu reduzieren. Gerade die weiterhin andauernde Niedrigzinsphase führt beim Durchführungsweg der Direktzusage zu erheblichen finanziellen Belastungen, die durch steigende Pensionsrückstellungen verursacht werden. Vereinfacht ausgedrückt, sollen über die Pensionsrückstellungen die zukünftigen Pensionsverpflichtungen finanziert werden. Werden die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel immer niedrigerer verzinst, wachsen die finanziellen Mittel entsprechend langsamer an. Daher müssen Unternehmen bei niedrigeren Zinsen entsprechend höhere Rücklagen bilden und höhere Sparbeiträge leisten, um künftige Pensionsverpflichtungen hinreichend erfüllen zu können.
Neuerungen des Betriebsrentengesetzes
Darüber hinaus steigen die finanziellen Belastungen für Arbeitgeber infolge der am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Neuerungen des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG). Anwartschaften werden schneller unverfallbar und bleiben daher auch Mitarbeitern erhalten, deren Arbeitsverhältnis schon nach drei Jahren und nicht erst, wie bisher, nach fünf Jahren endet. Zudem müssen unverfallbare Anwartschaften unter bestimmten Voraussetzungen auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Renteneintritt weiter dynamisiert werden. Die veränderten Rahmenbedingungen könnten daher zusammen mit der wirtschaftlich herausfordernden Situation für Unternehmen in Zeiten der Corona-Pandemie Anlass sein, sich mit der zukünftigen Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung zu beschäftigen und über sachgerechte Modifizierungen und Maßnahmen nachdenken. Dazu bestehen vor allem folgende Möglichkeiten:
Schließung der Versorgungsordnung für Neueintritte
Am einfachsten kann durch die Schließung der Versorgungsordnung für neu eintretende Mitarbeiter mit geringem Aufwand eine Kostenersparnis in der betrieblichen Altersversorgung herbeigeführt werden. Die Schließung der Versorgungsordnung für neu eintretende Mitarbeiter ist arbeitsrechtlich unproblematisch möglich und verstößt insbesondere nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Allerdings würde eine komplette Schließung der Versorgungsordnung für neu eintretende Mitarbeiter zu Einbußen bei der Arbeitgeberattraktivität führen. Vor diesem Hintergrund sind Unternehmen besser beraten, für neu eintretender Mitarbeiter eine zukunftsfähige Versorgungsordnung zu entwickeln, was erfahrungsgemäß auch die Zustimmung des Betriebsrats findet.
Zukunftsorientierte Versorgungsordnungen
Zukunftsorientierte Versorgungsordnungen beinhalten in der Praxis anstatt einer Direktzusage beitragsorientierte Zusagen als Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung. Mit beitragsorientierten Zusage korrespondiert die externe Finanzierung der Zusagen. Unternehmen können grundsätzlich davon ausgehen, dass sie mit der Abführung der Beiträge ihre Verpflichtung erfüllt haben und keine weitere Inanspruchnahme droht, wenn der externe Anbieter sorgfältig ausgewählt wurde. Eine interessante Lösung, um die Betriebstreue auch angesichts der auf drei Jahre gekürzten Frist für die Unverfallbarkeit von Anwartschaften (Paragraf 1b Absatz 1 BetrAVG) zukünftig angemessen zu honorieren, ist die Regelung steigender Beiträge und Zuschüsse mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses in Versorgungsordnungen. Derartige Regelungen sind zum Beispiel in den USA üblich.
Optimierung bestehender Versorgungswerke
Änderungen bei bestehenden Versorgungswerken sind naturgemäß nicht einfach umzusetzen. Trotz vielfältiger Handlungsmöglichkeiten gibt es kein Ideallösung für den Arbeitgeber, vielmehr sind mögliche Maßnahmen mit Blick auf das verfolgte Ziel im Einzelfall zu überprüfen. Eine Kostenreduzierung bereits bestehender betrieblicher Altersversorgung kann beispielsweise durch einen Eingriff in die Versorgungsordnung mit dem Ziel, zukünftige Steigerungen der Anwartschaften zu begrenzen, erreicht werden. Ein solcher Eingriff muss besonders gerechtfertigt werden und sich an der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten sog. Dreistufentheorie messen lassen. Auf kollektiver Ebene ist zudem die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich.
Rentenanpassung nach Paragraf 16 BetrAVG
Steigende Pensionsrückstellungen können Unternehmen veranlassen, über eine Aussetzung von Rentenanpassungen nachzudenken. In Kombination mit einem insgesamt schwierigen wirtschaftlichen Umfeld können steigende Pensionsrückstellungen dazu führen, dass das Unternehmen keine angemessene Eigenkapitalrendite im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mehr erwirtschaften und deshalb eine Anpassung der Betriebsrenten nach Paragraf 16 BetrAVG verweigern dürfen.
Ausblick für die Praxis
Aus Unternehmenssicht ist es durchaus lohnenswert, sich über geeignete Maßnahmen zur Optimierung und zukunftssicheren Gestaltung betrieblicher Altersversorgung zu informieren. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Geeignete Maßnahmen können unmittelbar zu effektiven Kosteneinsparungen führen und sich positiv auf die Unternehmensbilanz auswirken.
Autoren sind Alexander Greth und Annika Scheske von der Wirtschaftskanzlei Simmons & Simmon.