In dubio pro reo? Wirecard kann Zweifel mit KPMG-Bericht nicht ausräumen

Experten wie Daniel Saurenz von Feingold Research monierten allerdings, dass wesentliche Fragen offen blieben. Der Bericht klinge „wie ein Freispruch aus Mangel an Beweisen“.

Wirecard hatte in einer Pflichtmitteilung am Morgen vor Veröffentlichung des Berichts mitgeteilt, KPMG habe Dokumentations- und Organisationsschwächen im Untersuchungszeitraum festgestellt. Diese seien vom Konzern bereits selbst identifiziert worden.

Den Schwächen werde durch den Aufbau einer Compliance-Abteilung begegnet, dies werde durch externe Berater unterstützt. Das hatte Wirecard bereits vergangenes Jahr in Gang gesetzt, nachdem es bei einer Tochter in Singapur zu Buchhaltungsfehlern gekommen war, die auch zuvor durch die „FT“ öffentlich gemacht wurden.

KPMG monierte auch die „verzögerte Lieferung von Unterlagen“ durch Wirecard selbst. So seien angeforderte Dokumente teilweise nicht oder erst mehrere Monate nach der Anforderung geliefert worden. Einzelne vereinbarte Interviewtermine mit wesentlichen Wirecard-internen Ansprechpartnern seien mehrfach verschoben worden.

Über die erheblichen Verzögerungen habe KPMG auch den Aufsichtsrat in einem Schreiben informiert. „Bei den KPMG vorgelegten Dokumenten handelte es sich nahezu ausschließlich um elektronische Kopien, deren Authentizität nicht überprüft werden konnte“, hieß es zudem weiter.

In anderen Bereichen, wie dem untersuchten Geschäft in Singapur, einem Zukauf in Indien und dem Geschäft mit Händlervorfinanzierungen, sah sich Wirecard ebenfalls entlastet. Gleichwohl konnte KPMG auch in diesen Feldern bestimmte Vorwürfe nicht komplett aus der Welt schaffen – aber auch nicht belegen. Teils waren die Probleme wie in Singapur auch schon bekannt. Anhaltspunkte für sogenanntes „Roundtripping“, also systematisch aufgeblähte Umsätze, hätten sich aber nicht ergeben.

Wirecards Bilanzpressekonferenz und auch der noch fällige Jahresabschluss wurden nun erneut verschoben. Das habe vorwiegend mit der Corona-Krise zu tun, sagte Braun. EY als regulärer Buchprüfer habe dem Unternehmen mitgeteilt, dass durch den KPMG-Bericht selbst keine Abschlussprobleme für 2019 entstünden.

Nach einer ersten Verschiebung sollte eigentlich diesen Donnerstag (30. April) der Geschäftsbericht zu 2019 vorgestellt werden. Nun soll laut Braun „in wenigen Wochen“ mit EY geklärt werden, wann der Jahresabschluss vorgelegt werden könne. Am 12. Mai will Wirecard Zahlen für das erste Quartal vorlegen. (dpa-AFX)

Foto: dpa

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