Indien lässt China hinter sich

Die demografische Entwicklung im Reich der Mitte kann auf lange Sicht dramatische Folgen haben. Dieser Ansicht ist das Team von Pyrford International bei BMO Global Asset Management. Das auf Qualitäts- und Value-Investments spezialisierte Team hat wichtige Märkte unter Demografie-Gesichtspunkten beleuchtet.

Indiens Premierminister Narendra Modi
Indiens Premierminister Narendra Modi sorgt mit seiner Reformpolitik für mehr Wachstumsimpulse.

Wenn wir nur einen Dollar zum Investieren für einen Anlagezeitraum von 20 oder 30 Jahren hätten und als Region zwischen China und Indien auswählen müssten: Wir würden uns für Indien entscheiden. Dafür gibt es vor allem einen Grund: die demografische Entwicklung in beiden Schwellenländern.

Demografische Entwicklung in Indien günstiger

Die beiden Länder sind die bevölkerungsreichsten Staaten auf der Erdkugel – zusammen machen sie 37 Prozent der Weltbevölkerung aus. Heute leben in China 1,37 Milliarden Menschen, in Indien sind es 1,32 Milliarden. Bereits in rund sieben Jahren wird voraussichtlich Indien China überholen. Die chinesische Bevölkerung wird ihren Höhepunkt im Jahr 2030 mit rund 1,44 Milliarden erreichen – danach dürfte die Bevölkerung wieder abnehmen. Die Bevölkerung Indiens hingegen dürfte bis ins Jahr 2060 immer weiter auf 1,68 Milliarden Menschen wachsen.

Der künftig schwindende Bevölkerungsanteil liegt im Reich der Mitte an der geringen Geburtenrate von derzeit 1,6. Dies führt zu einer schnell alternden Bevölkerung mit entsprechenden Belastungen für soziale Wohlfahrt und Rentensysteme. Indien weist derzeit eine Geburtenrate von etwa 2,3 auf. Andere kritische Daten beziehen sich auf die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter – lose definiert als Personen zwischen 15 und 64 Jahren. Wachsende Arbeitskräfte bieten die Möglichkeit für schnelles wirtschaftliches Wachstum und eine deutliche Steigerung des Lebensstandards. Die erwerbsfähige Bevölkerung Chinas sinkt allmählich, während sie in Indien bis ins Jahr 2040 weiterhin wächst.

Reformen in Indien kommen langsamer voran

Dies hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Wirtschaftswachstumsraten in beiden Ländern. Vereinfacht gesagt hat Indien das Potenzial, das chinesische Wachstum in den nächsten Jahrzehnten zu übertreffen. Die Betonung liegt auf „Potenzial“. Ob Indien dieses nutzt, ist nach wie vor fraglich. So schreiten die Reformen langsamer voran, als wir gehofft hatten. Indien muss schon einiges dafür tun, um das gleiche Niveau im Hinblick auf die chinesische Produktivität pro Einwohner zu erreichen. Dennoch sind wir für die Entwicklung Indiens auf lange Sicht optimistisch. Und deshalb würden wir – wenn wir die Wahl hätten – langfristig eher auf Indien als auf China setzen.

In einigen Ländern Asiens droht Rückgang der Arbeitskräfte

Wenn wir uns Asien generell ansehen, ist es offensichtlich, dass einigen anderen Ländern das gleiche demografische Problem wie China droht – nämlich der Rückgang der Arbeitskräfte. Während die Belegschaft in Japan, Hongkong, Südkorea und Thailand bis 2025 schrumpft, wächst diese in Malaysia, Singapur, Indonesien und den Philippinen. Sogar in Afrika stellen die Vereinten Nationen fest, dass sich die Fruchtbarkeit insgesamt verringert – zugegebenermaßen von einem heute hohen Niveau aus. Kurzum: Es gibt offenbar kein Entkommen vor der Vergreisung. Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass sich bis 2050 weltweit die Anzahl der Personen, die 60 Jahre oder älter sind, verdoppelt – bis 2100 soll sie sich sogar verdreifachen.

Beste Aussichten für Pharma-Firmen

Diese Aussichten wiederum schaffen beste Perspektiven für Pharmafirmen, Heilpraktiker, Elektrorollstuhl-Hersteller und Seniorenheime. Das Gute an der Demografie ist, dass wir voraussagen können, in welch hohem Maße es einen Arbeitskräftemangel geben wird. Wir wissen, wie viele Menschen auf der Erde leben. Wir kennen ihr Alter und ihre durchschnittliche Lebensdauer. Nur ist es irritierend, dass die Weltwirtschaft schlecht vorbereitet zu sein scheint, um die finanziellen und gesellschaftlichen Belastungen zu tragen. Eines steht heute schon fest: Niemand kann später einmal sagen, dass wir nicht gewarnt wurden.

Foto: Shutterstock

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