Die EZB bekundet allerdings – meines Erachtens glaubwürdig –, die mit dem „Quantitative Easing“ verbundenen Geldmengeneffekte im Falle einer Gefährdung des Stabilitätszieles an anderer Stelle wieder zu sterilisieren.
Inflationsrisiken erwachsen deshalb nicht zwingend aus dem Einsatz des für die EZB neuen Instruments des „Quantitative Easing“. Vielmehr – wenn überhaupt – erwachsen Inflationsrisiken aus dem preisniveausteigernden Zusammenspiel von Euro-Abwertung und perspektivisch steigenden Rohstoffpreisen – sprich einer importierten Kosteninflation.
Euro-Abwertung wirkt als Konjunkturprogramm
Die markante Abwertung des Euro hat die Wirkung eines massiven Konjunkturprogramms, weil dadurch die ohnehin gute preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft im US-Dollar-, Yen , und Remimbi-Bereich zusätzliche Impulse erfährt. Die Kapazitätsauslastung wird schneller zunehmen als bislang erwartet. Gleichzeitig ist – bedingt durch die verstärkte Nachfrage aus den jungen Industriestaaten und der chinesischen Rohstoffpolitik – in der mittleren Frist – mit einem für uns durch die Euro-Abwertung akzentuierten Preisanstieg bei den wichtigen Rohstoffen zu rechnen.
Ein hoher Auslastungsgrad der Kapazitäten – wie er ab dem Jahr 2012 zu erwarten ist – der sich in steigenden Lohnforderungen niederschlagen dürfte, müsste die EZB ihrem geldpolitischen Textbuch folgend zu kontraktiven Maßnahmen veranlassen. Kommt allerdings ein großer Teil des Inflationsdrucks von hohen und steigenden Preisen wichtiger aus dem Ausland bezogener Rohstoffe – wie dies zuletzt im Jahr 2008 der Fall war – steht die EZB vor einem Dilemma. Denn der Preis einer kontraktiven Geldpolitik zur Bekämpfung einer importierten Kosteninflation führt entweder zur Stagnation oder gar wie in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zur Stagflation. Eine Voraussage, wie sich die EZB in zwei Jahren in einer ähnlichen Situation entscheiden wird, ist Spekulation.
Rohstoffpreise und Euro-Schwäche treiben die Inflation
Fazit: Eine Gefährdung der Geldwertstabilität wird weniger aus der gestiegenen Staatsverschuldung und einer Komplizenschaft von Zentralbank und Regierung bei einer Haushaltskonsolidierung via Inflation erwachsen, sondern eher aus einer nachhaltigen Abwertung des Euro in Kombination mit einem Anstieg der Preise für kurzfristig nicht substituierbare Rohstoffe.
Eine nachfrageseitig induzierte Inflation bedingt einen Ressourcentransfer der Haushalte und Sparer an den Staat, der damit seine Haushalte konsolidieren kann. Bei einer importierten Kosteninflation kommt es dagegen zu einem Ressourcentransfer ins Ausland. An einer solchen Inflation wird allerdings keine Regierung eines Eurolandes ein Interesse haben können.
Professor Dr. Dr. h.c. Bert Rürup ist ehemaliges Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage der Bundesrepublik („Wirtschaftsweiser“) und Namensgeber der Basisrente. Er ist Mitglied des Vorstands der neu gegründeten MaschmeyerRürup AG, die Banken, Versicherungen und Regierungen berät. Von 1976 bis 2009 hatte der Ökonom eine Professur im Fachbereich Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Darmstadt inne. Auch nach seiner Emeritierung lehrt er noch an dieser Hochschule.
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