Die Gesundheitsminister-Konferenz (GMK) hat das Bundesgesundheitsministerium gebeten, aufgrund der steigenden Energie- und Sachkosten einen Inflationsausgleich für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und weitere Akteure im Gesundheitswesen zu schaffen. Was halten Sie von diesem GMK-Beschluss?
Richard: Für uns ist es nicht nachvollziehbar, dass es einen speziellen Inflationsausgleich für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen geben soll. Denn die Energiekosten, die hier vor allem zur Begründung herangezogen werden, machen im Gegensatz zum großen Block der Personalkosten nur einen sehr geringen Teil von ein bis zwei Prozent der laufenden Kosten von Kliniken und Pflegeheimen aus. Zudem haben wir im Krankenhausbereich mit dem jährlich angepassten Orientierungswert als Basis für die Erhöhung der Landesbasisfallwerte bereits einen sehr gut funktionierenden Mechanismus zum Ausgleich von steigenden Kosten. Der Orientierungswert 2023 wird wegen der aktuell steigenden Preise wohl deutlich höher ausfallen als in den vergangenen Jahren. Bei den Pflegeeinrichtungen können Kostensteigerungen im Rahmen der laufenden Vergütungsverhandlungen geltend gemacht werden. Ein unterjähriger Ausgleich für Kostensteigerungen ist daher weder im Krankenhausbereich noch in der Pflege notwendig. Er würde letztlich ausschließlich zu Lasten der Beitragszahler gehen – und deren Belastungen werden angesichts der großen Defizite in den Finanzen von GKV und Sozialer Pflegeversicherung in den nächsten Monaten ohnehin steigen.
Die Union fordert zur „Abfederung unvorhersehbarer inflationsbedingter Kostensteigerungen“ ein Gesetz, das Zuschläge für die Krankenhäuser festschreibt. Was hätte das für Folgen für die GKV-Finanzen?
Richard: Nach unseren Berechnungen würde die Umsetzung des Vorschlages von CDU und CSU die gesetzliche Krankenversicherung bis Ende 2023 mit insgesamt 5,8 Milliarden Euro zusätzlich belasten. Wenn es hierfür keine Refinanzierung durch den Bund gäbe, würden Sozialversicherungsbeiträge schon allein deshalb über die 40-Prozent-Marke steigen – mit entsprechenden negativen Folgen für die Konjunktur. Zu befürchten ist auch, dass entsprechende Initiativen nicht auf den Krankenhausbereich begrenzt bleiben werden. Eine solche Maßnahme wird Begehrlichkeiten in allen anderen Leistungsbereichen des Gesundheitswesens nach sich ziehen. Und das in einer Phase, in der die GKV finanziell ohnehin mit dem Rücken zur Wand steht – übrigens nicht zuletzt wegen der teuren Gesetzgebung des CDU-Gesundheitsministers Jens Spahn aus den vergangenen Jahren.
Was muss denn aus Ihrer Sicht passieren?
Richard: Gerade im Krankenhausbereich kann es nicht die Lösung sein, mit der Gießkanne immer mehr Geld über den Kliniken auszuschütten und damit Strukturen zu stützen, die längst nicht mehr zukunftsfähig sind. In den letzten zwei Jahren sind die Einnahmen der Kliniken bereits um elf Milliarden Euro gestiegen, während die Fallzahlen und die Auslastung der Krankenhaus-Betten stark gesunken sind. Die Expertenkommission zur Krankenhausreform beschäftigt sich ja gerade mit Lösungen. Unsere Forderungen liegen auf dem Tisch: Wir brauchen einen klug geplanten, gesteuerten und qualitätsorientierten Umbau der Versorgungsstrukturen und mehr Konzentration von Krankenhaus-Leistungen, gerade bei der Behandlung schwerer Erkrankungen wie Krebs. Das würde die Versorgung nicht nur wirtschaftlicher, sondern sie auch für die Patientinnen und Patienten sicherer machen. Nötig ist ein neuer ordnungspolitischer Rahmen für eine sektorenübergreifende Versorgung mit einer sinnvollen Leistungs- und Mengensteuerung. Klinikstandorte, die in der bisherigen Form nicht mehr benötigt werden, sollten zu interprofessionellen Gesundheitszentren umgebaut werden, die ambulante Leistungen erbringen.