Influencerin Lisa Osada: Verbot von „Payment for Order Flow“ schießt am Verbraucherschutz vorbei

Lisa Osada
Foto: Jana Haus
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Auf EU-Ebene hat man sich überraschend darauf geeinigt, das sogenannte "Payment for Order Flow" (PFOF) ab dem 30. Juni 2026 zu verbieten. Damit sollen Anlegerinnen und Anleger vor möglicherweise suboptimalen Handelsentscheidungen geschützt werden. Finfluencerin Lisa Osada kritisiert das Verbot.

Es wird befürchtet, dass PFOF dazu führen könnte, dass Kundinnen und Kunden beim Kauf von Aktien und anderen Wertpapieren nicht das beste, sondern das für den Broker lukrativste Angebot erhalten. 

Was ist Payment for Order Flow? 

Payment for Order Flow (kurz PFOF) bezeichnet Rückvergütungen (sog. Kickbacks), die z.B. Neo-Broker wie Trade Republic und Scalable Capital von ihren Handelspartnern für die Weiterleitung von Orders auf ihre Plattformen erhalten. Durch dieses Modell können diese Broker besonders günstige Ordergebühren anbieten, da die Vergütung für eine Order an eine Zahlung zwischen dem Drittanbieter und dem Broker gekoppelt ist (z.B. zwischen Trade Republic und L&S Exchange). Der Handelspartner wird also, wie der Name schon sagt, für die Weiterleitung des Orderflusses entlohnt. 

Was wird an Payment for Order Flow kritisiert? 

Die Kritik an PFOF bezieht sich vor allem auf die mangelnde Transparenz. Kritiker argumentieren, dass Neobroker Kundenaufträge nicht immer an die Handelsplätze mit den besten Kursen weiterleiten, sondern an diejenigen mit den höchsten Rückvergütungen.

Anreiz haben könnten, Kundenaufträge an die Partner weiterzuleiten, die ihnen die höchsten Zahlungen bieten, anstatt nach den besten Ausführungspreisen für ihre Kunden zu suchen. Bereits im Juli 2021 hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie in der gängigen Praxis des „Payment for Order Flow“ einen Interessenkonflikt zu Lasten der Kundinnen und Kunden sieht. Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) teilt die Bedenken der ESMA, sieht aber auch die Vorteile von PFOF, da es die Kosten für Anleger senken kann. Laut Dr. Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor der Abteilung Wertpapieraufsicht, geht es vor allem um den Schutz der Kunden, aber auch darum, das schlimmste Szenario zu vermeiden, bei dem der Handel für den Endkunden einfach nur teurer wird, ohne weitere Effekte zu haben. 

Was bedeutet ein Verbot für die Gebührenmodelle der Neobroker? 

Durch das Geschäftsmodell „Payment for Order Flow“ profitieren Privatanleger bisher stark von niedrigeren Ordergebühren. So kann eine Ausführung an etablierten Börsen bei Direktbanken durchaus mehr als 10 € kosten. Eine Ausführung an der LS Exchange oder Gettex über einen Neobroker ist dagegen für 0,00 € möglich. Ein tatsächlicher Nachteil würde nur dann entstehen, wenn die Preisqualität an den angebotenen Handelsplätzen schlechter wäre. Wird eine Order z.B. mit einem Limit und zu den regulären Öffnungszeiten der Börse ausgeführt, ergibt sich in der Regel ein Vorteil durch die niedrigen Ordergebühren gegenüber einem klassischen Online-Broker mit vergleichsweise höheren Gebühren. Bei kleineren Volumina oder weniger liquiden Assets kann der Effekt durch einen höheren Spread aber auch geringer ausfallen. Insgesamt wären von einem PFOF-Verbot vor allem Orders mit kleineren Beträgen betroffen, wie z.B. monatliche Aktiensparpläne. Diese können bisher bei Neo-Brokern zum Teil komplett kostenfrei angeboten werden, aber auch Direktbanken bieten solche Optionen z.B. für monatliche ETF-Sparpläne bereits an. 

Was geschieht mit den Neobrokern? 

Ein übereiltes Verbot, das lediglich den Handel für Privatkunden verteuert, aber ansonsten keine erkennbaren Vorteile bringt, dürfte nicht zielführend sein. Allerdings ist es auch unwahrscheinlich, dass ein Verbot von „Payment for Order Flow“ das Ende der Neo-Broker bedeuten würde, aber es wird sicherlich dazu führen, dass die Broker ihre Geschäftsmodelle in den nächsten drei Jahren entsprechend anpassen müssen. Im schlimmsten Fall könnten die Ordergebühren insgesamt steigen und kostenlose Aktien- und ETF-Sparpläne nicht mehr oder nur noch in Verbindung mit Abo-Modellen angeboten werden. Denkbar wären auch Modelle, wie sie einige Neo-Broker bereits anbieten, die über eine monatliche Flatrate oder ein Abonnement funktionieren. Sparpläne könnten dann eventuell im Rahmen dieses Abonnements kostenfrei bleiben. Dies sind jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nur Vermutungen. Generell muss jedoch festgestellt werden, dass ein Verbot von „Payment for Order Flow“ nicht unbedingt die Verbraucher schützt, sondern auch die etablierten Börsenplätze mit ihren Gebührenmodellen begünstigt.

Neobroker sprechen junge Zielgruppe an

Insgesamt gehe ich davon aus, dass der große Erfolg der Neobroker in den letzten Jahren, insbesondere durch niedrige Gebühren und die Senkung der Einstiegshürden in den Aktienmarkt, dafür spricht, dass sich die Broker auch in einem möglicherweise veränderten Marktumfeld behaupten können. Wichtig ist, dass die Branche innovative Modelle entwickelt, um den Anlegern weiterhin attraktive Angebote machen zu können. Die in den letzten Jahren stark gestiegene Zahl junger Finanzinteressierter an der Börse in Deutschland ist sicherlich nicht zuletzt den Neobrokern mit ihren attraktiven Gebührenmodellen zu verdanken. Wie das Deutsche Aktieninstitut berichtet, war vor allem die Gruppe der unter 30-Jährigen sehr aktiv. Fast 600.000 junge Erwachsene wagten sich im vergangenen Jahr erstmals auf das Börsenparkett. Das sind 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Unmut vieler Anlegerinnen und Anleger ist unverkennbar: Auf Change.org wurde inzwischen eine Petition gestartet, die bis heute über 16.300 Unterschriften gegen das Verbot gesammelt hat.

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