Wie hoch die Zahl der Privatinsolvenzen am Ende der Corona-Pandemie sein wird, steht genauso wenig fest wie das Ende der Krise selbst. Was hingegen klar ist: Es wird mehr private Pleiten geben.
Mehr Privatinsolvenzen am Ende der Corona-Pandemie?
Dabei zeigte das „Schuldenbarometer “ von Crifbürgel 2019 wieder sinkende Zahlen: Zum neunten Mal in Folge sank die Zahl der privaten Pleiten in Deutschland und zwar auf 86.838. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform schätzt die Zahl der Verbraucherinsolvenzen vor der Corona-Pandemie sogar auf nur 65.700.
Doch durch Corona-bedingte Kurzarbeit und den Anstieg von Arbeitslosigkeit wird es zu einer Trendumkehr kommen, deren Umfang laut Schuldenbarometer noch gar nicht vorhersehbar ist.
Wie melde ich eine Privatinsolvenz?
Beantragt werden muss die Verbraucherinsolvenz beim zuständigen Gericht. Unterstützung finden Betroffene in der Regel bei den Sozialämtern der Gemeinden, bei Verbraucherzentralen oder bei gemeinnützigen Wohlfahrtsorganisationen wie etwa der Diakonie oder Caritas. Auch ein Fachanwalt kann Hilfestellung geben. Bundesweit gibt es ca. 1.450 Beratungsstellen. Das Statistische Bundesamt stellt dazu auf seiner Homepage einen Schuldnerberatungs-Atlas bereit, der zeigt, wo die nächste Schuldnerberatungsstelle zu finden ist.
Sich mit den Gläubigern außergerichtlich einigen
Bevor ein Insolvenzantrag gestellt wird, versucht der Schuldnerberater nach Durchsicht aller offenen Rechnungen mit den Gläubigern zu einer außergerichtlichen Lösung zu kommen. Dabei wird auch geprüft, ob es pfändbares Einkommen oder Sachwerte gibt.
Ob die Lösung am Ende Teilverzicht oder Ratenzahlung lautet – es müssen alle Gläubiger diesem sogenannten Schuldenbereinigungsplan zustimmen, ansonsten muss vor Gericht ein Insolvenzverfahren beantragt werden. Klappt die Einigung nicht, muss eine Schuldnerberatung dies bescheinigen.
Das Insolvenzplanverfahren
Dieses seit 2014 neue Verfahren eröffnet verschuldeten Verbrauchern die Möglichkeit, mit Hilfe des Gerichts einen erneuten Versuch zu unternehmen, sich mit den Gläubigern zu einigen, weil sich beispielsweise ihre Vermögensverhältnisse zwischendurch geändert haben oder weil die Gläubiger jetzt doch verhandlungsbereit sind. Der außergerichtliche Einigungsversuch vor dem eigentlichen Verfahren ist Pflicht.
Das gerichtliche Insolvenzverfahren
Wenn alle Lösungsversuche scheitern, wird das Gericht ein Insolvenzverfahren eröffnen und einen Insolvenzverwalter bestellen. Zudem wird das Verfahren auf einem Portal der Insolvenzgerichte veröffentlicht. Der Insolvenzverwalter, der nach Auskunft der Arag auch vom Schuldner bestimmt werden kann, prüft zunächst alle Vermögenswerte und bildet daraus die Insolvenzmasse, die unter den Gläubigern verteilt wird.
Auch der pfändbare Teil des Einkommens muss an die Gläubiger abgegeben werden. Wie viel des Einkommens die Schuldner behalten dürfen, richtet sich nach der Pfändungsfreigrenze, die regelmäßig vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz angepasst wird. Die letzte Erhöhung gab es am 1. Juli 2019.
Pflichten in der Privatinsolvenz
Während der Privatinsolvenz gelten einige Auflagen, an die sich Schuldner halten müssen. Zu diesen Obliegenheiten zählen die Erwerbsobliegenheit (d. h. man muss sich um Arbeit bemühen und jeden zumutbaren Job annehmen), die Abgabe von 50 Prozent einer in der Insolvenz erhaltenen Erbschaft oder Schenkung, die vollständige Herausgabe eines Lotteriegewinns und die Angabe von Arbeitgeber- und Wohnsitzwechsel. Außerdem dürfen keine direkten Zahlungen an Gläubige geleistet werden.
Schuldenfrei jetzt schon nach drei Jahren
In der sogenannten Wohlverhaltensphase müssen sich insolvente Verbraucher diszipliniert an alle Auflagen des Gerichts halten und ihre Schulden abbauen. Am Ende steht die Restschuldbefreiung, nach der Verbraucher schuldenfrei sind. Jegliche Forderungen von Gläubigern sind dann hinfällig. Auch von Corona-bedingten Schulden, die etwa durch Ratenkredite, Einkommensverluste oder Bürgschaften entstanden sind, werden Betroffene befreit.
Bis vor kurzem wurde die Restschuldbefreiung im Regelfall nach sechs Jahren erteilt. Das Verfahren konnte auf fünf Jahre verkürzt werden, wenn Schuldner es schafften, in diesem Zeitraum auch noch die Verfahrenskosten von etwa 2.000 Euro zu begleichen. Wem es sogar gelang, innerhalb von drei Jahren 35 Prozent der Gläubigerforderungen sowie die Verfahrenskosten zu begleichen, war schon nach drei Jahren aus dem Schneider.
Nach einer Gesetzesänderung zum 1. Januar 2021 gilt dies nur noch für Insolvenzanträge, die bis zum 30. September 2020 gestellt wurden. Verbraucher, die ab dem 1. Oktober 2020 eine Privatinsolvenz beantragt haben, können nun direkt nach drei Jahren von ihren restlichen Schulden befreit werden, sofern sie ihren Pflichten nachgekommen sind.
Im Gegenzug wurde die Sperrfrist für eine eventuelle zweite Restschuldbefreiung von zehn auf elf Jahre verlängert. Außerdem dauert die wiederholte Restschuldbefreiung dann zwingend fünf statt drei Jahre und kann nicht wieder verkürzt werden.
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