Versicherungsmakler, Immobilienmakler, Finanzanlagenvermittler, Finanzberater, Versicherungsvertreter und Vermögensverwalter haben zwei Dinge gemeinsam. Sie sind als Finanzvermittler tätig und dabei häufig als Selbstständige oder Einzelunternehmer am Markt aktiv. Dies wiederum haben sie mit insgesamt fast vier Millionen Erwerbstätigen in Deutschland gemeinsam, die als Selbstständige tätig sind.
Der Anfang Juni veröffentlichte Geschäftsklimaindex des ifo Instituts für Selbständige zeigt, dass ihre Erwartungen in Deutschland nach wie vor noch von Skepsis geprägt sind, auch wenn die Geschäfte zumindest etwas besser laufen als noch zu Jahresbeginn. Daher wird es sehr wahrscheinlich auch weiterhin mehr Insolvenzen von Selbständigen und Einzelunternehmern geben, bei denen die Betroffenen ihre selbstständige Geschäftstätigkeit aufgeben wollen oder müssen. Und gerade in diesem Zusammenhang müssen sie aufpassen, nicht in eine Gesetzeslücke im Einkommensteuergesetz zu fallen. Denn die Besteuerung sogenannter Sanierungsgewinne kann dabei den finanziellen Neustart der ehemals Selbstständigen verhindern. Mit entsprechender Vorsorge kann das aber vermieden werden.
Um die existenzielle Bedeutung der Sanierungsgewinne zu verdeutlichen, ist zunächst ein Blick auf die Besonderheiten der Insolvenzverfahren von Selbstständigen wichtig. Denn bei Selbstständigen liegt, anders als etwa als bei Kapitalgesellschaften wie einer GmbH oder einer UG, keine Trennung von geschäftlichem und privatem Vermögen vor. Dies stellt in einer Insolvenz ein besonderes Risiko dar. Denn für die Schulden haftet der Selbstständige in einem solchen Fall mit seinem gesamten Vermögen. Das bedeutet dann beispielsweise für einem Versicherungs- oder Immobilienmakler, dass im Falle einer Insolvenz auch seine private Altersvorsorge oder das Haus betroffen ist, in dem sie oder er mit der Familie lebt.
Um ihr finanzielles Risiko zu reduzieren, sollten Selbstständige daher am besten bereits vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit prüfen, ob die Gründung einer UG oder GmbH nicht von Vorneherein der bessere und sicherere Weg ist. Auch wenn bei der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nachvollziehbarerweise niemand an deren Ende, geschweige denn an eine Insolvenz denken will, beschränken sie dadurch für den Fall der Fälle das finanzielle Risiko für sich als Unternehmer. Der dafür erforderliche Aufwand und auch die Kosten zahlen sich im Krisenfall im wahrsten Sinne des Wortes aus und der Selbstständige muss sich zudem keine Sorgen machen, dass er durch den Schritt ins Unternehmertum Haus und Hof riskiert, wenn er richtig beraten ist. Wichtig: Die Gründung einer UG oder GmbH ist auch noch im laufenden selbstständigen Geschäftsbetrieb möglich.
Aber auch für den Fall, dass Selbständige in eine finanzielle Schieflage geraten, gibt es Sanierungsverfahren und -instrumente, mit denen sie sich finanziell neu aufstellen und sich mit ihren Gläubigern einigen können. Eines davon ist der Insolvenzplan, mit dem eine Sanierung grundsätzlich innerhalb weniger Monate möglich ist. Allerdings kommt bei Selbstständigen im Zusammenhang mit dem Insolvenzplan eine Besonderheit zum Tragen, wenn der Selbstständige seine Geschäftstätigkeit im Zuge der Insolvenz einstellen will oder muss. Im Fall eines Insolvenzplans kann es sein, dass die Finanzbehörden sogenannte Sanierungsgewinne aufgrund einer Gesetzeslücke steuerlich geltend machen, da Insolvenzpläne im Einkommensteuergesetz nicht steuerbefreit sind.
Unter einem Sanierungsgewinn versteht man die bilanzielle Vermögensverbesserung, die durch den Forderungsverzicht der Gläubiger entsteht. Das lässt sich am besten anhand eines Beispiels darstellen: Wenn die Gläubiger im Rahmen eines Insolvenzplans zum Beispiel eine Quote von 15 Prozent erhalten, also auf 85 Prozent ihrer Forderungen verzichten, verringert das die Verbindlichkeiten des Selbstständigen. Steuerlich werden die 85 Prozent, auf die die Gläubiger verzichtet haben, als Sanierungsgewinn betrachtet, auch wenn sie nur auf dem Papier des Insolvenzplans existieren.
Wenn dieser Sanierungsgewinn besteuert würde – der ehemals Selbstständige also Steuern auf einen real nicht existierenden Gewinn bezahlen müsste, den er jedoch nicht einnimmt und finanziell zur Verfügung hat – könnte er das nicht und wäre meist direkt wieder insolvent. Denn real macht er ja überhaupt keinen Gewinn, mit dem er eine solche Steuer bezahlen könnte. Es ist daher wichtig, dass gerade bei Insolvenzanträgen von Selbstständigen, die im Zuge des Verfahrens auch ihre Geschäftstätigkeit einstellen müssen oder wollen, sogenannte Verlustvorträge geprüft werden. Diese könnten dann mit möglichen Sanierungsgewinnen verrechnet werden. Oder anders formuliert: Wenn ein Selbstständiger im Rahmen eines Insolvenzverfahrens seine Geschäftstätigkeit aufgeben will oder muss, sind Verluste ein Gewinn.
Grundsätzlich gilt: Bei Insolvenzanträgen und Insolvenzverfahren ist Vorbereitung unabhängig von der Unternehmensform das A und O – das zeigt sich gerade auch bei den Sanierungsgewinnen, auch wenn dieser Aspekt bei Kapitalgesellschaften im Vergleich zu Selbstständigen gesetzlich anders geregelt ist.
Autor Alexander Eggen ist Rechtsanwalt bei Schultze & Braun. Zu seinen Spezialgebieten gehören die Sanierung von Unternehmen, er hat aber bereits zahlreiche (ehemalige) Selbstständige in ihren Insolvenzverfahren begleitet.