„Seit Jahren predigen Versicherer, Schadenmanager und Werkstattverbände „Instandsetzen statt Erneuern“ bei der Kfz-Unfallreparatur. Die Vorteile für alle Beteiligten liegen auf der Hand. Werkstätten können schneller reparieren und müssen nicht auf Ersatzteile warten. Autobesitzer behalten die Originalteile und es werden weniger Eingriffe in der Karosserie gemacht. Und auch die Versicherer profitieren von niedrigen Reparaturkosten. Solange eine Reparatur fachgerecht durchgeführt wird, lohnt es sich fast immer, ein Teil instand zu setzen, statt es zu erneuern.
Moderne Werkzeuge und Reparaturtechniken machen die Reparaturen von vielen Teilen möglich. Neben Geschwindigkeit, Kosten und der Integrität der Karosserie gibt es zwei weitere starke Gründe, warum wir gemeinsam die Instandsetzungsquote steigern müssen.
Erstens: Nachhaltigkeit. Wer gesehen hat, wie eine neue Stoßstange, Tür oder Seitenwand verpackt und verschickt wird, versteht sofort, dass die CO2-Bilanz deutlich schlechter ist als bei einer Instandsetzung kaputter Teile. Die Innovation Group untersucht in diesem Zusammenhang in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut unterschiedliche Reparaturmethoden mit Blick auf die CO2-Bilanz und die Kosten.
Zweitens: Zeit. Momentan gerät die Ersatzteilbeschaffung oftmals in Verzug, weil es Probleme mit den globalen Lieferantenketten gibt. Wer ein defektes Teil repariert, statt zu erneuern, muss nicht auf Lieferungen warten und Kunden vertrösten. Alles geht viel schneller. Es spricht daher sehr viel für eine fachgerechte Instandsetzung und sehr wenig dagegen.
Die Innovation Group misst seit mehr als zehn Jahren die Instandsetzungsquoten von bestimmten Bauteilen in seinem Reparaturnetz. Obwohl die Quoten im Werkstattnetz höher sind als im allgemeinen Markt, stagnieren sie seit nunmehr fünf Jahren. Hier sehen wir einen sehr großen Hebel, umweltschonend zu agieren. Denn jede Instandsetzung vermeidet eine ganze Produktionskette für ein Ersatzteil.
Dem Thema Instandsetzungsquote wird sich die Innovation Group als Teil ihrer Nachhaltigkeitsstrategie in den kommenden Jahren immer stärker widmen. Neben dem seit vielen Jahren bestehenden Reporting der Instandhaltungsquoten hat bereits 2019 eine Erhebung der Leistungsfähigkeit der Werkstätten zu Instandsetzungslösungen stattgefunden. Die Kompetenz für Instandsetzung und die technischen Voraussetzungen sind überwiegend gegeben. Darauf aufsetzend, entwickeln wir zusätzliche Anreize bei Vergütung und Auftragsvolumen, die Instandsetzungen statt Austauschmaßnahmen fördern.
Notwendig wird auch ein deutlicher Beitrag der Hersteller sein. Denn die rigiden Herstellervorgaben für den Austausch von Teilen schränken die Handlungsfähigkeit der Werkstätten deutlich ein. Hier ist ein Umdenken nötig – nicht zuletzt auch beim Käufer eines Fahrzeugs. Die Frage, wie reparaturfreundlich ein Fahrzeug ist, muss stärker in den Entscheidungsfokus kommen. Erste Zeichen eines Umdenkens bei den Herstellern werden auch sichtbar. BMW hat bereits seine äußerst restriktiven Vorgaben bei Stoßstangen gelockert.
Auch Versicherer können ihren Beitrag leisten. In Diskussionen zwischen Werkstätten und Sachverständigen hat man bislang einen Teilersatz als „sichere Variante“ gesehen, auch wenn eine fachgerechte Reparatur möglich gewesen wäre. Mittlerweile verstehen immer mehr Versicherer, wie wichtig und vorteilhaft eine Reparatur ist und bezahlen lieber eine Stunde mehr Arbeitszeit als ein teures und oft nicht notwendiges Neuteil. Unsere Untersuchungen zeigen, dass das finanzielle Einsparungspotenzial bei deutlich über 20 Prozent liegen kann. Gleichwohl können die Werkstätten mehr Arbeitszeit fakturieren. Eine Win-Win-Situation mit ökologischem Vorteil.
Neben diesen offensichtlichen Vorteilen ist jetzt auch die politische Landschaft für solche Initiativen empfänglich. Die EU möchte Ressourcen sparen, indem man ein „Recht auf Reparatur“ für neue Produkte gesetzlich untermauert. Hier denken viele an Smartphones und andere elektronische Produkte, aber warum soll es nicht auch für Fahrzeuge gelten?
Wir haben alle die technischen Möglichkeiten, um die Reparaturquoten in unserer Branche deutlich zu steigern, ohne an Qualität zu verlieren. Wir sollten diese Chance nutzen, und damit etwas Gutes tun – für unsere Kunden und unseren Planeten. Die Innovation Group wird den Teileverbrauch und die CO2-Bilanz in ihrem Netzwerk reduzieren. Das wird auch bedeuten, dass wir weniger Ersatzteile verkaufen – und das ist gut so.“
Matthew Whittall ist CEO der Innovation Group. Das Unternehmen ist der größte unabhängige Schadenmanager für Kfz-Schäden in Deutschland. Die Innovation Group steuert Kfz-Schäden für etwa ein Drittel des deutschen Marktes und agiert damit an der Schnittstelle von Kunde, Werkstatt und Versicherung.