Insurtechs weltweit erhielten im ersten Halbjahr 2021 die Rekordsumme von 7,4 Milliarden US-Dollar von Kapitalgebern aus der Versicherungs- und Private Equity-Branche. Damit ist bereits zur Jahreshälfte die Investitionssumme des gesamten Vorjahres und auch aller zuvor erhobenen Jahre seit 2010 erreicht. Dies ergab das Quarterly InsurTech Briefing von Willis Towers Watson.
„Dieses Finanzierungsvolumen ist enorm und es zeigt, dass es weltweit einen hohen Mittelzufluss gibt, der investiert werden muss“, sagt Michael Klüttgens, Divisional Leader Northern and Central Europe bei Willis Towers Watson.
Immer früher an die Börse
Laut Klüttgens erfolgen die Börsengänge von Insurtechs immer früher im Entwicklungszyklus der Start-ups. Ob diese dann den Erwartungen der Investoren auch langfristig gerecht werden können, bleibt nach Ansicht des Experten allerdings erst einmal abzuwarten.
„Nicht alle Geschäftsmodelle bieten derzeit eine tatsächlich neue Art des Risikotransfers oder eine Technologie, die dem Versicherungsgeschäft einen nennenswerten Antrieb gibt“, sagt Klüttgens.
Großfinanzierungen führen zum Anstieg
Im abgelaufenen Quartal wurden 162 Finanzierungen (Vorquartal: 146) mit einem Investitionsvolumen von mehr als 4,8 Milliarden US-Dollar getätigt. Das entspricht einem Anstieg im Volumen von 89 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2021 sowie von 210 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2019.
„Dieser außergewöhnliche Sprung in den vierteljährlichen Investitionen kann erneut auf zahlreiche Großtransaktionen zurückgeführt werden“, sagt Niki Winter, Digitalisierungsexperte bei Willis Towers Watson.
„Insgesamt 15 Unternehmen, insbesondere solche, die in der Spätphase ihrer Entwicklung Expansionspläne hegen, erhielten jeweils 100 Millionen US-Dollar oder mehr. So entfielen zwei Drittel der Rekordsumme allein auf die sogenannten Mega-Deals.“
Die größte Einzelinvestition des vergangenen Quartals war eine Series C-Finanzierung in Höhe von 650 Millionen US-Dollar in das Unternehmen Wefox. Laut Willis Towers Watson war es eine der größten Insurtech-Finanzierungen in Europa überhaupt.
Vertriebsorientierte Start-ups im Fokus
Ein Großteil der Investitionen entfiel im zweiten Quartal auf Insurtechs, die sich auf die Digitalisierung des Vertriebs spezialisiert haben: Das betraf 55 Prozent aller Transaktionen und zehn der 15 Großfinanzierungen.
„Die klassischen Vertriebswege wie zum Beispiel Ausschließlichkeit oder Makler erfahren immer stärkere Konkurrenz durch digitale Vertriebskanäle“, so Winter.
„Verbraucher und Unternehmen erwarten in zunehmendem Maße, dass sie Versicherungsangebote und -Services erhalten, wann und wie sie es wünschen. Versicherer, die im Vertrieb umdenken und die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, haben bereits heute große Wettbewerbsvorteile.“