Viele Insurtechs werden von den Versicherern nicht mehr als gefährliche Gegner, sondern als willkommene Partner gesehen. Diese Wahrnehmung könnte sich jedoch als Trugschluss erweisen.
Die Angst der Versicherer vor den Fintechs nimmt ab. Das jedenfalls ist der Tenor einer Umfrage, die die Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers im vergangenen Sommer unter fast 200 Versicherungsunternehmen in 40 Ländern weltweit durchführte.
Ganze 56 Prozent der Gesellschaften gehen demnach davon aus, keinesfalls mehr als 20 Prozent ihrer Einnahmen an Start-ups zu verlieren – im Vorjahr waren es nur 48 Prozent. Nur eine Minderheit der Gesellschaften fürchtet, dass die Insurtechs einen disruptiven Wandel auslösen.
„Die Ergebnisse sind bemerkenswert – vor allem, wenn man sie im Quervergleich zur Bankenbranche betrachtet“, sagt Alexander Hofmann, Insurance Leader bei PwC Deutschland.
Umgang hat sich stark verändert
„Obwohl die Versicherungsindustrie erst später mit dem Fintech-Trend konfrontiert wurde, könnte sie früher als die Banken eine Antwort auf die Herausforderung finden. Viele Versicherer sehen in der digitalen Revolution nicht mehr zwingend eine Gefahr für ihr Geschäftsmodell, sondern im Gegenteil eine Chance – speziell bei Themen wie Big Data oder künstliche Intelligenz.“
Generell zeigen die Umfrageergebnisse laut Hofmann, dass sich der Umgang der Versicherungsbranche mit dem Thema Insurtech stark verändert hat.
Zum einen zweifle kaum noch ein Versicherungsmanager an der grundsätzlichen Relevanz der Entwicklung. Zum anderen sei der erste Abwehrreflex inzwischen einer deutlich offensiveren Haltung gewichen.
Insurtechs werden zu Partnern
„Es geht inzwischen in erster Linie um die Frage, wie die Versicherungen die technologischen Fortschritte, die die Fintech-Revolution mit sich bringt, für sich selbst nutzen können. Viele Insurtechs werden darum gar nicht mehr als gefährliche Gegner, sondern als willkommene Partner gesehen“, so Hofmann.
Spricht man mit Führungskräften aus der Versicherungsbranche, bestätigt sich dieser Eindruck. „Es macht häufig einfach Sinn, mit Start-ups zu kooperieren, weil sie frischen Wind reinbringen“, sagt zum Beispiel Karsten Eichmann, Vorstandschef der Gothaer.
Die Insurtechs ausschließlich als willkommene Partner anzusehen, könnte sich aber als Trugschluss erweisen. Denn während sich die ersten Gründer hauptsächlich noch dem Vertrieb widmeten, treten nun immer mehr Start-ups auch als digitale Versicherer auf.
Seite zwei: Umdenken in der Insurtech-Szene