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Interview mit Michael H. Heinz, BVK: „Weiterhin Bestrebungen, Provisionen einzuschränken“

Foto: Christian Daitche
Michael H. Heinz: "Die EU-Kleinanlegerstrategie bringt weiterhin zahlreiche Herausforderungen mit sich."

Nach der Bundestagswahl sortiert sich die deutsche Politik neu. Gleichzeitig schläft Europa nicht. Cash. sprach mit Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), über die aktuellen Themen und Herausforderungen.

Unmittelbar nach der Bundestagswahl Ende Februar hat der BVK einen Forderungs-Katalog mit zehn Punkten veröffentlicht. Welche davon sehen Sie als besonders wichtig an?

Heinz: Besonders bedeutend sind unter anderem die Stärkung der privaten Altersvorsorge, die Anerkennung der Versicherungsvermittler als unverzichtbare Berater sowie der Schutz vor übermäßiger Regulierung. Wir hoffen auf Signale aus der Politik, dass einige dieser Anliegen aufgegriffen werden, insbesondere im Bereich der Altersvorsorge. Allerdings besteht weiterhin erhöhter Bedarf an Aufklärung und Überzeugungsarbeit, insbesondere hinsichtlich der Vermittlerrolle und der Vermeidung neuer Bürokratielasten.

Wie zuversichtlich sind Sie, die Forderungen durchsetzen zu können?

Heinz: Es bleibt abzuwarten, inwieweit unsere Belange die notwendige Berücksichtigung finden. Themen wie die militärisch schwierige Lage, die Situation der Wirtschaft, die Energiepolitik oder auch Migration, die eine neue Bundesregierung dringend angehen muss, überlagern derzeit vieles. Wichtiger als die Bundestagswahl war für uns allerdings die Europawahl im Juni letzten Jahres. Denn die meisten Gesetze, die für unsere Branche relevant sind, werden heute in Brüssel gemacht. 


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Die geplatzte Ampel-Koalition hatte einen Gesetzentwurf zur Reform der Riesterrente durch ein Altersvorsorgedepot schon recht weit vorangetrieben. Ist nach aktuellem Stand, also Mitte März 2025, realistisch, dass das Gesetzgebungsverfahren noch fortgesetzt oder zumindest darauf aufgesetzt wird, oder geht alles wieder von vorne los?

Heinz: Es ist unklar, ob die Gesetzgebung in ihrer bisherigen Form fortgesetzt oder neu aufgerollt wird. Zwar gibt es politische Bestrebungen, diese Konzepte weiterzuentwickeln, aber es besteht auch die Gefahr, dass eine neue Bundesregierung eigene Ansätze verfolgt, wodurch ein Neustart notwendig wäre und mehr Zeit in Anspruch nehmen würde. 

Wo stehen die voraussichtlichen Regierungsparteien?

Heinz: In der SPD, insbesondere im linken Flügel, aber auch in Teilen der CDU, herrscht immer noch der Gedanke „Staat vor privat“ vor.  Dabei ist in der SPD vieles ideologisch getrieben. Es ist jedoch notwendig, endlich steuerliche Anreizsysteme für betriebliche und private Vorsorge zu schaffen. Und was für mich noch wichtiger ist: Wir müssen innerhalb der Bevölkerung ein Bewusstsein schaffen, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist in der Vorsorge fürs Alter, für die Hinterbliebenen und gegebenenfalls auch für die Absicherung der Arbeitskraft.

Aus welchem Grund betonen Sie in dem Zehn-Punkte-Papier, dass Vermittler auch in die Beratung von Selbstständigen einbezogen werden müssen? Ergibt sich ein Beratungsbedarf bei einer entsprechenden Vorsorgepflicht nicht von selbst beziehungsweise welche speziellen Zweifel oder Hürden gibt es dabei?

Heinz: Es gibt in Deutschland etwa zwei bis drei Millionen sogenannte Solo-Selbstständige, von denen viele nichts oder wenig für ihre Altersvorsorge tun. Der Politik ist schon seit vielen Jahren bewusst, dass hier Handlungsbedarf besteht und auch Selbstständige nachweisen müssen, dass sie vorsorgen. Allein die Einbeziehung der Solo-Selbständigen in eine gesetzliche Versicherung, die teilweise gefordert wird, wäre aus Sicht des BVK nicht zielführend, zumal daraus ja auch neue Ansprüche gegenüber der Rentenkasse entstünden. Wir befürworten ein Opt-out-Modell, also stattdessen eine private Vorsorge nachweisen zu können. Die Vorsorgepflicht für Selbstständige erfordert fachkundige Beratung, um passgenaue Lösungen zu finden. Es gibt jedoch politische Bestrebungen, die Beratung auf staatliche Stellen zu beschränken. Der BVK betont, dass unabhängige Vermittler eine wichtige Rolle spielen, um qualifiziert zu beraten sowie Vielfalt und Wettbewerb zu gewährleisten. 

Sie fordern in dem Papier auch ein „Regulierungsmoratorium“. Was verstehen Sie darunter und sollen davon auch die EU-Kleinanstrategie (Retail Investment Strategy, kurz RIS) und die EU-Verordnung FiDA (Financial Data Access) umfasst sein, die im Gesetzgebungsverfahren schon weit fortgeschritten sind?

Heinz: Der BVK fordert eine Regulierungspause, um bereits bestehende Regelungen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Dies sollte auch Regelungen wie die RIS und FiDA umfassen, die erhebliche Auswirkungen auf die Branche haben. Die Flut an Regulierungsinitiativen der EU muss insgesamt geringer werden. Erste Signale der EU zum Bürokratieabbau deuten hier in eine positive Richtung. Dass die RIS oder FiDA noch komplett abgesagt werden, ist aus heutiger Sicht aber vor allen Dingen in Bezug auf die RIS unwahrscheinlich. Umso wichtiger ist, dass es wenigstens nicht noch zu Verschärfungen gegenüber dem aktuellen Stand kommt.

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