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Interview Martin Gräfer: „Unsere Sachwerte-Fonds sind ein Stabilitätsanker auf stürmischer See“

Foto: Waeis Filme
Martin Gräfer: "An der Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit hat sich nichts geändert, höchstens an der Wahrnehmung."

Die demografische Krise ist nicht mehr aufzuhalten, die Klimakrise eine Herausforderung. Im Gespräch mit Cash. erklärt Martin Gräfer, Vertriebsvorstand der Bayerischen, warum Nachhaltigkeit und Altersvorsorge gemeinsam gedacht werden müssen.

Auch 2024 war geprägt von geopolitischen Konflikten und wirtschaftlichen Unsicherheiten, volatilen Finanzmärkten und unsicheren Rohstoff- und Energiepreisen. Das alles spiegelt sich an den Börsen und bei den Kunden wider. Welche Auswirkungen hatte das auf die Bayerische, Pangaea Life und ihre nachhaltigen Investments?

Gräfer: Die Bäume wuchsen angesichts dieser Herausforderungen für unsere Branche nicht in den Himmel. Umso mehr freut es mich, dass wir als die Bayerische unseren Wachstumskurs trotz des schwierigen Marktes fortsetzen konnten: In einigen Bereichen setzen wir sogar neue Rekordmarken, alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Die Sachwerte-Fonds unserer nachhaltigen Investmentmarke Pangaea Life blieben für unsere Kundinnen und Kunden ein Stabilitätsanker auf stürmischer See, ganz gleich ob in der Fondspolice Blue Invest, in der Basisrente oder als bAV. Während die meisten Fonds aus dem Bereich erneuerbare Energien und Wohnen auf Jahressicht teils signifikant im Minus lagen, konnten unsere beiden Fonds eine positive Rendite erzielen.

Cash.: Die Ampelkoalition ist Geschichte. Und damit auch das BRSG II und die geplante Reform der privaten Altersvorsorge. Waren die vergangenen drei Jahre verlorene Jahre für die bAV und für die private Altersvorsorge?

Gräfer: Ich würde nicht nur die letzten drei Jahre betrachten, sondern eher die letzten zehn oder sogar die letzten 20 Jahre. Seit 2004 hat sich in einigen Bereichen wenig getan, zumindest nicht ausreichend wirksam. Die Klimakrise ist eine Herausforderung, die – wenn wir entschlossen handeln – noch abgewendet werden könnte. Die demografische Krise in Deutschland hingegen ist nicht mehr aufzuhalten. Ich sage meinen Kindern, die heute 28 und 30 Jahre alt sind, ganz deutlich: Verlasst euch nicht auf die gesetzliche Rente. Meine Tochter entgegnet dann: ‚Aber ich zahle doch Beiträge!‘ Meine Antwort darauf lautet: ‚Das stimmt, aber diese Beiträge finanzieren die Renten der heutigen Rentner. Die Ansprüche, die du dadurch erwirbst, werden 2060, wenn du in Rente gehst, vermutlich sehr gering ausfallen. Es ist dringend notwendig, eine umfassende Rentenreform einzuleiten. Wir müssen über die Lebensarbeitszeit diskutieren – nicht für alle, aber für jene, die können und möchten. Und was jeder tun kann, um selbst für die Zukunft vorzusorgen, ist eine Kombination aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Altersvorsorge. Am besten auf nachhaltiger Basis. So kann jeder seine eigene Rentenreform in die Hand nehmen.

Cash: Und wie fällt Ihr Resümee beim Thema Nachhaltigkeit in der Altersvorsorge aus? Welche Relevanz hat das Thema für die Kunden?

Gräfer: An der Bedeutung des Themas hat sich nichts geändert, höchstens an der Wahrnehmung. Mein Vorschlag ist, die Themen Altersvorsorge und Nachhaltigkeit unbedingt zusammen zu denken. Keine finanzielle Sicherheit ohne private und betriebliche Altersvorsorge, kein zukünftig lebenswerter Planet ohne massive Investitionen in Nachhaltigkeit. Und auch das Thema Wettbewerbsfähigkeit spielt eine zentrale Rolle, für die zum Beispiel günstige Strompreise elementar sind. Dafür braucht es Milliardeninvestitionen jährlich. Als Versicherungsbranche müssen wir unseren Kundinnen und Kunden deshalb noch besser erklären, dass es nicht reicht, sich zurückzulehnen und auf die Politik zu verlassen. Wir alle sollten und können Teil der Lösung werden. Für unsere persönliche finanzielle Zukunft und die Zukunft unserer Kinder und Enkel.

Cash? Vor dem Hintergrund: Gibt es Kundengruppen, für die ESG in der Altersvorsorge eine Rolle spielen?

Gräfer: Provokant gefragt: Für welche Kundengruppen ist das Thema ESG nicht relevant? Wenn Sie als Vermittler zehn ihrer Kunden fragen: „Was wünschen Sie sich am meisten für Ihre Zukunft?“ Dann werden die Themen Gesundheit und Sicherheit ganz oben stehen. Dazu zählt natürlich finanzielle Sicherheit. Genauso sind aber Themen wie sozialer Frieden, Schutz vor Extremwetter und somit immer auch des Eigentums und eine nicht krankmachende Umwelt elementar. Wer diesen Nexus zwischen persönlichen Werten und konkreten Lösungen aufzeigt, führt die Debatte weg von tagespolitischen, ideologischen Grabenkämpfen hin zur konkreten Lebensplanung der Kundinnen und Kunden. Mit unserer Fondspolice Blue Invest machen Vermittlerinnen und Vermittler ihren Kunden ein auf dem Markt einzigartiges Angebot, ihre Altersvorsorge auf Basis essenzieller nachhaltiger Zukunfts-Sachwerte aufzubauen.

Mit Ihrem Fonds „Blue Energy“ investieren Sie in den Ausbau erneuerbarer Energien in verschiedenen europäischen Ländern. Wohin sehen Sie den Sektor in den nächsten Jahren gehen?

Gräfer: An der Frage, ob es uns gelingt, eine stabile, autarke und für Wirtschaft und Bewohner bezahlbare Energieversorgung jenseits der Fossilen in der EU aufzubauen, hängt ganz wesentlich Zukunft und Wohlstand unseres Kontinents. Im Erfolgsfall sind wir damit ein positives Gegenmodell zu den USA, die unter Trumps Devise „Drill, baby, drill“ dem Klimakiller Öl zu einer für den Planeten verhängnisvollen Renaissance verhilft. Die Vergrößerung des Angebots an Erneuerbaren Energien allein ist allerdings nur ein Teil dieser Herausforderung. Mindestens ebenso wichtig ist die Schaffung einer flächendeckenden und leistungsfähigen Energiespeicher-Infrastruktur. Ein Grund, warum der Pangaea Life Fonds „Blue Energy“ verstärkt in diese Zukunftstechnologie investiert. Mit dem Fonds partizipieren Kundinnen und Kunden schon heute an zwei hochmodernen Energiespeicher-Projekten in Belgien und Schleswig-Holstein. Diverse weitere Projekte, bei denen die Energieproduktion, zum Beispiel eines Solarparks in Süditalien, mit Energiespeichern vor Ort gekoppelt wird, sind in der Pipeline. Übrigens ein Modell, das auch für Anleger höhere Renditeaussichten verspricht.

Mit Ihrem zweiten Fonds „Blue Living“ engagieren Sie sich im Neubau und der Entwicklung nachhaltiger Wohnquartiere in deutschen und US-amerikanischen Großstädten. Warum setzen Sie als Versicherer auf nachhaltige Immobilien? Die Branche ist, wie der Marktreport von Assekurata zeigt, bei Immobilieninvestment skeptisch. Und der US-Präsident nicht unbedingt ein Unterstützer nachhaltiger Investments.

Gräfer: Wie Energie ist auch Wohnen eines der ewigen Grundbedürfnisse der Menschheit. Trends wie das Wachstum der Weltbevölkerung, die fortschreitende Urbanisierung und die binnen- wie länderübergreifende Migration bestärken die Nachfrage nach Wohnraum in Metropolen zusätzlich. Sie kennen die Bilder der hundert Meter langen Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen in Berlin, München und Co. Die enorme Nachfrage macht die Assetklasse Wohnimmobilien aus Investorensicht für jedes Portfolio unverzichtbar. Hinzu kommt, dass der Gebäudesektor in Deutschland laut Umweltbundesamt 35 Prozent des Endenergieverbrauchts ausmacht und für 30 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich ist, weltweit geht ein UNO-Bericht sogar von 38 Prozent aus. Der Bau und die Entwicklung energieeffizienter Wohnimmobilien ist also ein enorm wirkmächtiger Hebel für den Klimaschutz. Zugleich bekämpfen wir damit in Form der Wohnraumkrise – die hier wie im US-Süden drastisch ist – eines der wichtigsten sozialen Probleme der Gegenwart. Am enorm hohen Bedarf an Wohnraum in den Wachstumszentren des boomenden US-Südens ändert auch ein Präsident Trump nichts. Die Immobilienentwicklungen, die Pangaea Life aktuell in Dallas und Miami vorantreibt, erfüllen gerade wegen ihrer sozialen und ökologischen Merkmale höchste Standards in Sachen Lebensqualität. Wir sind deshalb sehr zuversichtlich, was die US-Projekte angeht.

Cash: Seit über zwei Jahren ist der Vertrieb verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden abzufragen. Wir hören immer wieder, dass die Regulatorik hier massive Hürden aufbaut. Wo muss nachjustiert werden?

Gräfer: Definitiv in der Vereinfachung, Entschlackung und auch Vereinheitlichung des hiesigen ESG-Regulatorik-Dschungels. Augenmaß sollte hier die Devise sein. Die stetig ausufernden unterschiedlichen parallel zueinander gültigen Vorgaben bürden gerade kleineren und mittelständischen Marktteilnehmern im Vergleich zu Großkonzernen, die dies kapazitär und monetär leichter abfedern können, einen unverhältnismäßig großen Ressourceneinsatz auf. Und das, ohne am Ende Kundinnen und Kunden und auch Vertriebspartnern eine klare Orientierung zu geben, im Gegenteil. Mit transparent nachhaltigen und zudem renditestarken Produkten wie unserer Blue Invest Fondspolice oder Blue Invest Basisrente haben Vermittler im Kundengespräch einen Trumpf in der Hand, den sie aus Überzeugung und nicht aus Verpflichtung zücken.

Cash: Und wenn Sie jetzt einen Ausblick geben müssten, wo sehen Sie die Bayerische bei Thema Nachhaltigkeit in fünf Jahren? Und welche Relevanz spielen nachhaltige Fondspolicen künftig?

Gräfer: Nachhaltigkeit ist eine elementare Säule unserer Unternehmensstrategie und hat entsprechend auch Eingang in unsere Unternehmensvision gefunden. Als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit sind wir von Natur aus auf Dauerhaftigkeit ausgelegt. Ohne Abhängigkeit von Börsenfinanzierungen steht unser Geschäftsmodell für langfristige Stabilität und Verantwortung – sowohl gegenüber unseren Mitgliedern als auch gegenüber der Umwelt. Dabei werden die Folgen der Klimakrise auch in den kommenden Jahren nicht kleiner werden. Zunehmende Extremwetterereignisse werden die Wichtigkeit nachhaltigen Handelns noch stärker im Bewusstsein der Menschen verankern. Ich bin überzeugt, dass das Thema Sustainable Finance somit keineswegs von gestern ist. Im Gegenteil: Fondspolicen und andere Anlagenprodukte mit einem greifbaren und glaubwürdigen nachhaltigen Investitionsansatz werden in fünf Jahre noch deutlich mehr als heute von Kundinnen und Kunden nachgefragt werden.

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