Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen und wie sieht Ihre Nachhaltigkeitsstrategie aus?
Leitermann: Nachhaltigkeit ist auf absehbare Zeit der entscheidende Treiber wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen – auch für uns Versicherer. Wir nehmen von unseren Kundinnen und Kunden wahr, dass sie von uns nachhaltige Vorsorgelösungen, aber auch ein darüber hinaus gehendes Engagement erwarten – und zwar zurecht. Wir wollen als Signal Iduna einen aktiven Beitrag leisten. Die Obergesellschaften der Signal Iduna sind als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit von Grund auf zu einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Unternehmensführung verpflichtet.
Wir verbinden nun für unsere Kundinnen und Kunden, Mitarbeitenden und Geschäftspartner ökonomisches Handeln mit ökologischem und sozialem Engagement. Im März 2021 haben wir eine gruppenweite Nachhaltigkeitsstrategie festgelegt. Neben der Erfüllung regulatorischer Pflichten haben wir darin sieben Handlungsfelder erfasst: Unternehmensführung, Kundenbeziehung, Produkte, Kapitalanlage, Arbeitswelt, Klima- und Ressourcenschutz sowie gesellschaftliches Engagement. Dies beinhaltet auch, einen Beitrag zur nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zu leisten. Mit unserer Kapitalanlage haben wir dafür einen wirkungsvollen Hebel in der Hand.
Anfang Dezember 2021 hatte die Signal Iduna die Gründung eines neuen, auf Nachhaltigkeit, ausgerichteten Lebensversicherers angekündigt. Was sind die Gründe für diesen überraschenden Schritt?
Uhlig: Nachhaltigkeit ist ein Wachstumstreiber, der in unserer Branche gerade seine Wirksamkeit entwickelt. Unsere neue Gesellschaft bietet beste Voraussetzungen dafür, im Geschäftsfeld Lebensversicherung weiterhin zu wachsen, denn sie besitzt durch die umfassende Ausrichtung auf Nachhaltigkeit derzeit Alleinstellungsmerkmale.
Damit stoßen wir in der Branche und bei unseren Kunden auf großes Interesse. Besonders in Gesprächen rund um die betriebliche Altersvorsorge. Es zeichnet sich dabei schon jetzt ab, dass Anbieter ohne ein nachhaltiges Angebot bei Ausschreibungen zur bAV bald nicht mehr berücksichtigt werden. Denn Unternehmer und Tarifvertragspartner werden ihre Entscheidung auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten vertreten müssen.
Können Sie die Eckpfeiler des neuen Lebensversicherers kurz skizzieren?
Leitermann: Für uns hat das Thema Nachhaltigkeit eine so große Bedeutung, dass wir Ende November 2021 eigens eine neue Gesellschaft gegründet haben: die nachhaltig ausgerichtete Signal Iduna Lebensversicherung AG. Sie nimmt eine Vorreiterrolle in der Gruppe und am Markt ein.
Dazu gehört unser strategisches Ziel, in allen Belangen ein klimaneutrales Unternehmen zu werden. Der Geschäftsbetrieb ist es bereits vom Gründungstag an. Schrittweise werden wir die CO2-Emissionen unternehmensweit reduzieren, um sie langfristig ganz zu vermeiden. Wo uns das noch nicht komplett gelingt, kompensieren wir zunächst. Damit gehen wir über die derzeitigen regulatorischen Anforderungen hinaus.
Es handelt sich bei der Signal Iduna Lebensversicherung a.G. nicht um einen Run-off, denn Sie betonen, dass Neugeschäft weiterhin möglich sein wird. Welche Art von Neugeschäft wird künftig noch bei dieser Gesellschaft erfolgen?
Leitermann: Die Signal Iduna Lebensversicherung a.G. bleibt ein aktiver Versicherer. In den kommenden Jahren wird ein Teil des Neugeschäfts weiterhin in diese Gesellschaft fließen – über Dynamiken und sonstige Erhöhungen, Riester-Zulagen und Mitversicherungen.
Mal abgesehen vom Neugeschäft, was ist denn die Sorge eines Kunden, wenn er den Begriff Run-off hört? Er fürchtet Leistungs- und Serviceeinbußen. Wir stehen hingegen voll und ganz zu unseren Leistungszusagen. Auch das Serviceniveau bei der Beratung und Betreuung sowie die Ansprechpartner bleiben gleich. Zudem ist die Signal Iduna Lebensversicherung a.G. nach wie vor eine der Obergesellschaften der Gruppe.
Welches Neugeschäft wird nun über die Signal Iduna AG gezeichnet? Werden alle drei Schichten mit Produkten bedient? Welche nachhaltigen Produkte sollen hier künftig angeboten werden? Wie sieht ihre Strategie hier aus?
Uhlig: Wir bieten in der Signal Iduna Lebensversicherung AG das komplette Produktspektrum für die private und betriebliche Altersvorsorge sowie den Einkommensschutz und die Risikovorsorge als nachhaltige und digitale Lösungen an. Alle Produkte, die Serviceleistungen und die Kapitalanlage sind bereits nachhaltig ausgerichtet. Das ist ein Wettbewerbsvorteil, den wir nutzen werden.
Sie haben zum 1. Januar 2022 die modernisierte Fondspolice Signal Iduna Global Garantie Invest als nachhaltige Drei-Topf-Hybride Fondspolice aufgelegt. Wie stellen Sie die Nachhaltigkeit in der Anspar- wie auch in der Rentenphase sicher?
Uhlig: Die modernisierte Fondspolice SI Global Garant Invest – kurz SIGGI – ermöglicht unseren Kundinnen und Kunden in der privaten und betrieblichen Altersversorgung nachhaltig ausgerichtete Investments – und zwar über die gesamte Vertragslaufzeit, in der Anspar- und in der Rentenphase.
Dies ist möglich, weil wir nicht nur die Fondsauswahl und den Signal Iduna-eigenen Spezialfonds, sondern auch das Sicherungsvermögen entlang ökologischer, sozialer und ethischer Grundsätze ausrichten. Diese grundlegend nachhaltige Positionierung ist nur unter Einbeziehung der Kapitalanlage zu erzielen. Für uns war die Neugründung der Signal Iduna Lebensversicherung AG daher der konsequenteste Weg.
Die nachhaltige Ausrichtung der Kapitalanlage ist für ein Versicherungsunternehmen eine enorme Herausforderung. Wo liegen die Unterschiede zwischen der Signal Iduna Leben a.G. und dem neuen, auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Lebensversicherers? Wie berücksichtigen Sie die Nachhaltigkeitsaspekte künftig in der Kapitalanlage.
Leitermann: Für alle Produkte der neuen Signal Iduna Lebensversicherung AG investieren wir die Beiträge von Beginn an in eine nachhaltig ausgerichtete Kapitalanlage, inklusive des Sicherungsvermögens für die Altersvorsorgeprodukte. Diese Ausrichtung wäre mit der gewachsenen Kapitalanlage der bisherigen Gesellschaft in so kurzer Zeit nicht möglich gewesen. Die Anlagestrategie orientiert sich an den UN PRI, den Prinzipien der Vereinten Nationen für verantwortliches Investieren.
Unser Fokus liegt auf Investments in erneuerbare Energien sowie auf Immobilien, die nach internationalen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert sind. Schritt für Schritt richten wir unser Portfolio auch klimaschonend aus, um langfristig Klimaneutralität zu erreichen. Als gesellschaftliche Aufgabe verstehen wir die Begleitung der Transformation der Wirtschaft in eine klimafreundliche Zukunft. Dafür investieren wir beispielsweise auch selektiv in energieintensive Branchen – ausgerichtet an den europäischen Klimaschutz-Normen. Unser Ziel ist es, bei der CO2-Bilanz zu den Top Fünf der deutschen Lebensversicherer zu zählen.
Die Vermittler gelten als der Transmissionsriemen, um die Thematik einer ökonomischen, ökologischen und sozialen Produktstrategie durch Aufklärungsarbeit an die Kundinnen und Kunden heranzutragen. Doch gerade hier hapert es oft noch an Expertise.
Uhlig: Bereits bei der Vorstellung unserer nachhaltigen Ausrichtung in der Lebensversicherung zum Jahreswechsel haben unsere Außendienstpartnerinnen und Außendienstpartner die Chancen in der Kundenansprache erkannt, weil sie dem Thema bereits jetzt überall begegnen. Nachhaltigkeit ist kein kurzfristiger Trend, sondern prägt die Bedürfnisse der Menschen.
Familien bewegt dies in vielen Lebensbereichen ebenso wie unsere gewerblichen Kunden. Die nachhaltige Versicherung und Altersvorsorge werden gerade Teil dieser Entwicklung. Die Kunden erwarten von uns entsprechendes Know-how auch auf diesem Gebiet. Daher sensibilisieren und schulen wir unsere Vertriebspartner und informieren unsere Kunden über die Möglichkeiten, nachhaltig vorzusorgen, unter anderem im Beratungsprozess zur Altersvorsorge. Wir setzen selbst auf eine ressourcenschonende, digitale Kundenberatung – wo immer es sinnvoll und gewünscht ist.
Das Interview führte Jörg Droste, Cash.