„Unsere institutionellen Investoren und privaten Mandanten erleben es im Dialog mit unserem Haus seit langem: In Anbetracht ungehemmter Geldvermehrung der Notenbanken, exorbitanter fiskalischer Maßnahmen und der daraus resultierenden manipulierten Märkte zeichnet sich zunehmend das Szenario eines schleichenden Übergangs von einem deflationären hin zu einem inflationär geprägten Marktumfeld ab“, sagt Markus Merkel von Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung. Was das für die Ausrichtung der Investments bedeutet
Wir plädieren daher ausdrücklich für eine signifikante Berücksichtigung inflationssensitiver Anlagekategorien im Rahmen von auf Kaufkrafterhalt und Vermögensschutz ausgerichteten Investmentstrategien. Auch wenn der Rentenmarkt angesichts dauerhafter Niedrigzinsen z.B. von Staatsanleihen hoher Bonität in der Vielfalt seiner Facetten als Anlageklasse weitgehend ausgefallen ist, so können u.a. inflationsgeschützte Anleihen dennoch eine stabilisierende Komponente innerhalb eines Substanzwerte-Portfolios bilden.
„Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“ (Mark Twain zugeschrieben)
Es ist nun reichlich zehn Jahre her, als mein Kollege Markus Steinbeis einen strikt substanzwertorientierten Investmentstil prägte und seither kontinuierlich weiterentwickelt hat. Auch damals beherrschten Schlagzeilen wie „Rezession“, „Börsencrash“, „Geldschwemme“ und „Schuldenkrise“ die einschlägigen Anlegermagazine. Seither erlebte die Investmentindustrie eine Vielzahl an vermeintlichen Innovationen, von denen sich die meisten als Strohfeuer ohne bleibenden Mehrwert entpuppten. Denken wir nur an Hedge Funds Light, Absolute Return, Liquid Alternatives (Volatilitätsstrategien einmal ausgenommen) oder auch Faktor-Investing. Demgegenüber boten Investments in Qualitätswerte der Realwirtschaft wie dividendenstarke Substanzaktien aller Marktsegmente, Rohstoffe, liquide Immobilienanlagen (Immobilienaktien und REITs) sowie Edelmetalle in Kombination mit kundigem und aktivem Management nicht nur auskömmliche Renditen, sondern auch Vermögensschutz unter Berücksichtigung des Realzinses.
Es erwies sich stets als vorteilhaft, Eigentümer anstatt Gläubiger zu sein. Jedoch wird die Risikotragfähigkeit nicht aller Anleger, Anlagevorschläge, die auf festverzinsliche Wertpapiere verzichten, uneingeschränkt zulassen. Fremdwährungsanleihen der Industriestaaten sowie bonitätsstarke Unternehmensanleihen schaffen hier bereits jetzt Abhilfe. Des Weiteren können wir uns vorstellen, perspektivisch wieder verstärkt inflationsgeschützte Bonds, so genannte „Linker“, zu berücksichtigen. Was hat es mit dieser durchaus komplexen Spezialform von Anleihen konkret auf sich? Welche Mechanismen wirken?
Inflation Linked Bonds: eine Anleihe wie jede andere – oder eben nicht?
Zwar tragen inflationsindexierte Anleihen gegenüber nominalverzinslichen Anleihen anfänglich einen niedrigeren Kupon, jedoch bestimmt sich der jährliche Zinskupon sowie die Rückzahlung des Nominals unter Berücksichtigung der Verhältniszahl eines Inflations-Index. Im Fall von Bundesanleihen ist dies der unrevidierte Harmonisierte Verbraucherpreisindex ex Tabak der Eurozone (HVPI), der monatlich vom statistischen Amt der Europäischen Gesellschaft (Eurostat) ermittelt wird. Die Index-Verhältniszahl selbst bestimmt sich nach dem Verhältnis des Referenzindexes am Abrechnungstag der Anleihe und dem entsprechenden Wert zu Beginn des ersten Zinslaufs. Beide Größen können über die Internetseite der Bundesfinanzagentur eingesehen werden. Hieraus ergibt sich somit ein Inflationsschutz. Sofern sich während der Haltedauer keine inflationären Tendenzen einstellen, erfolgt eine Rückzahlung zu 100% des Nennwerts.
Relative Vorteilhaftigkeit in Abhängigkeit von der Inflationserwartung
Es bleibt gleichwohl zu bedenken, dass die Auswahl an Inflation Linked Bonds vergleichsweise gering ist. Größter Emittent sind auf globaler Ebene die Vereinigten Staaten von Amerika; in Europa Großbritannien, Frankreich und Italien (!). Seitens der Bundesrepublik Deutschland stehen derzeit vier Anleihen mittlerer bis langer Laufzeit aus (bis 2046). Ein Investment in einen Inflation Linked Bond sollte nur dann getätigt werden, wenn mindestens die so genannte Breakeven-Inflationsrate erreicht wird. An dieser erwarteten Inflationsrate der Marktteilnehmer ist abzulesen, wie hoch die Inflationsrate tatsächlich ausfallen muss, damit ein Linker gegenüber einer traditionellen Anleihe mindestens dieselbe Realverzinsung erreicht.
Ein Beispiel
Rentiert eine herkömmliche Bundesanleihe bei zehnjähriger Laufzeit bei -0,5 % und das inflationsgeschützte Pendant bei -1,25 %, so ergibt sich eine Breakeven-Inflationsrate von 0,75 %. Dies entspricht der Inflationsrate, die pro Jahr in den nächsten zehn Jahren überstiegen werden muss, damit der Kauf der inflationsindexierten Anleihe vorteilhafter war als die klassische Alternative. Die Breakeven-Inflationsrate als Richtschnur für die jeweilige Investitionsentscheidung sollte jedoch stets auch kritisch hinterfragt werden. So könnte die Nachfrage und damit die Preise für Linker anziehen (und im Gegenzug die reale Verzinsung sinken), ohne dass damit tatsächlich eine allgemeine Steigerung der Inflationserwartungen am Markt einhergeht. Ursächlich könnten Mittelzuflüsse durch allgemeine Allokationsentscheidungen und Umschichtungen in dieses vergleichsweise marktenge Segment sein.
Fazit
Das „Endspiel“ an den Finanzmärkten hat begonnen. Die erhebliche Ausweitung der Geldmenge erfordert eine Positionierung in Substanzwerte, um inflationären Risiken frühzeitig zu begegnen. Diese Ausrichtung der Vermögensstruktur dient dann als Schutzschild gegen einen unwiederbringlichen Kaufkraftverlust. Die Anlageinstrumente, die grundsätzlich infrage kommen, erstrecken sich u.a. in Form inflationsgeschützter Anleihen auch in den Rentenbereich. Ähnlich einer Feuerversicherung sollte nicht erst dann nach einem Versicherungsgeber gegen eine allgemeine Teuerung gesucht werden, wenn der Dachstuhl eines Hauses bereits lichterloh brennt.
Markus Merkel, CEFA, ist Leiter Mandate und Kooperationspartner der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung GmbH in München.