Obwohl der deutsche Finanzmarkt insgesamt als integer eingeschätzt wird, haben internationale Analysten, Asset Manager und Berater die Vergütungsmethoden im Vertrieb als erheblichen Missstand ausgemacht. Die Aufsichtsratsstrukturen werden ebenfalls bemängelt.
Auch wenn der deutsche Finanzsektor im Großen und Ganzen ein intaktes Bild abgibt, betrachten sowohl nationale Marktteilnehmer als auch internationale Experten die Vergütungs- und Aufsichtsratsstrukturen als Herausforderung. Das zeigen die Ergebnisse des „Financial Market Integrity Index 2010“, den das Netzwerk internationaler Finanzanalysten CFA heute in Frankfurt vorgestellt hat.
Der Report untersucht Einstellungen zur Integrität von Kapitalmarktakteuren sowie zur Effektivität von Finanzregulierung und Anlegerschutz in den Märkten Deutschland, USA, Kanada, Großbritannien, Hongkong und Japan. Im Rahmen der Studie wurden 2.700 Investment-Experten aus dem CFA Institute Verbands-Netzwerk in 80 Ländern befragt, mehrheitlich Portfolio Manager, Finanzanalysten und Berater mit bis zu 15 Jahren Berufserfahrung. Für den deutschen Markt wurden Umfrageergebnisse von 287 deutschen Studienteilnehmern sowie 304 Antworten aus anderen Ländern ausgewertet.
Schlechte Noten für deutsche Finanzberater
Gefragt wurde unter anderem nach der Meinung zum ethischen Verhalten verschiedener Marktakteure. Auf einer Skala von eins bis fünf (mit fünf als Bestnote) erhielten Pensionsfonds-Manager mit 3,8 Punkten, Investmentfonds-Manager mit 3,7 Punkten sowie Buy-Side-Analysten mit 3,6 Punkten die besten Bewertungen. Am schlechtesten schnitten Hedge-Fonds-Manager (2,5) sowie Finanzberater (2,7) und Private Equity-Manager (2,8) ab.
Einen Grund für die unterdurchschnittliche Bewertung von Finanzberatern sieht Dr. Iris Uhlmann, Vorstandsmitglied der German CFA Society, in den Anreizsystemen im Finanzvertrieb: „Wenn Provisionsstrukturen dazu führen, dass Finanzberater den Vertragsabschluss, nicht aber den Bedarf des Kunden in den Mittelpunkt rücken, ist dies ungesund. Berater müssen hier künftig näher am Kunden sein und darauf achten, dass diese nur in Finanzprodukte anlegen, die ihren Bedürfnissen entsprechen“.
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