Viele europäische Banken stehen unvermindert unter großem Druck. Natürlich wirkt sich das auch auf viele Fondsgesellschaften aus, die sich oftmals immer noch im Besitz der Kreditinstitute befinden. Der Rademacher-Kommentar
Bilder sagen bekanntlich mehr als 1.000 Worte. Dies trifft auch auf die Charts vieler europäischer Banken zu. So haben sich etliche Geldhäuser, gemessen am Kursverlauf, nie wirklich von der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 erholt und tendieren seit mehreren Quartalen wieder kräftig abwärts. Zwar zogen nach der Trump-Wahl die Notierungen einiger Banken wieder etwas an, der generelle Abwärtstrend bleibt bei den Titeln aber unvermindert intakt.
Selbst Branchenführer im Fadenkreuz
Ein gutes Beispiel für die Herausforderungen innerhalb der Branche stellt die italienische Großbank Unicredit dar, die unter vielen faulen Krediten im dortigen Bankwesen leidet. Auch bei anderen Instituten dies- und jenseits des Atlantiks wird die Eigenkapitalausstattung von Investoren mittlerweile als kritisch angesehen. Entsprechend ist die Meldung, dass die Südeuropäer sich in konkreten Verkaufsgesprächen über die Veräußerung von Pioneer Investments befinden, keinesfalls verwunderlich. Auch über einen möglichen Verkauf der Fondstochter der Deutschen Bank kursieren in Frankfurt immer wieder Gerüchte. Bereits im Herbst trennten sich Berenberg und das Bankhaus Lampe von ihren Anteilen an Universal Investment.
Für jede Transaktion innerhalb der Fondsbranche mag es unterschiedliche Gründe geben. Dennoch ist europaweit der Trend erkennbar, dass sich Banken immer stärker aus dem Sektor zurückziehen und spezialisierten Asset Managern zunehmend das Feld überlassen. Diese nutzen derzeit offenbar die Gunst der Stunde und erwerben Fondsgesellschaften zu attraktiven Konditionen. Im Gegenzug erhalten die Verkäufer für ihr Tafelsilber immerhin ordentliche Verkaufserlöse, da das Geschäft der meisten Fondsgesellschaften rund läuft.
Die zunehmende Unabhängigkeit der großen Asset Manager von den europäischen Banken ist keinesfalls von Nachteil. In den USA, wo das Trennbankensystem in den Jahren 1933 bis 1999 vorherrschte, waren die Erfahrungen für die Endkunden keinesfalls schlecht. Vor allem wurden zu dieser Zeit viele Interessenkonflikte vermieden, die in dieser Branche zweifelsfrei bestehen. Insbesondere in der Nachkriegsgeschichte hatten viele Banken direkt umfangreiche Anteile an Unternehmen, was oftmals im Widerspruch zu den Aktivitäten einzelner Fonds stehen konnte.
Lebendiger Wandel innerhalb der Branche
Am Finanzplatz Frankfurt sind auch in Zukunft weitere Transaktionen zu erwarten. Insgesamt befindet sich die Branche in einem stetigen Wandel, der durch die zunehmende Digitalisierung innerhalb des Sektors sogar noch beschleunigt werden dürfte. Auf der einen Seite findet durch die Übernahmen ein Konzentrationsprozess bei den großen Asset Managern statt. Auf der anderen Seite entstehen immer wieder kleine innovative Player, die mit neuartigen Ansätzen den Wettbewerb befördern.
Tim Rademacher ist leitender Redakteur im Bereich Investmentfonds bei Cash. und analysiert die Geschehnisse am Kapitalmarkt direkt vom Finanzplatz Frankfurt aus.
Foto: Dirk Beichert