„Investoren sollten das Gegenteil von allem tun, was von 2010 bis 2020 funktioniert hat“

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Michael Contopoulos, Director of Fixed Income bei RBA Richard Bernstein Advisors, kommentiert die Inflation in den USA, die Erwartungen an die bevorstehende Sitzung der Fed und rät Anlegern, wie sie sich verhalten sollten.

Michael Contopoulos, Director of Fixed Income bei Richard Bernstein Advisors, ist bereits seit fast zwei Jahren der Meinung, dass die Inflationsrate für längere Zeit hoch bleiben dürfte. Daher konnten ihn der Anstieg der am Freitag veröffentlichten US-Verbraucherpreise nicht überraschen. „Die Verbraucherpreisdaten zeigen, dass die Fed der Zeit weit hinterherhinkt. Jeder, der glaubt, dass die Inflation nur vorübergehend ist, sollte zu diesem Zeitpunkt endgültig vom Gegenteil überzeugt sein.“ 

„Das Entscheidende ist das mangelnde Verständnis für die Ursachen dieser Entwicklung: Janet Yellen spricht von Engpässen in der Lieferkette und von Russland, was sicherlich nicht hilfreich ist, aber wo bleibt die Erkenntnis, dass jahrelange Quantitative Easing (QE) und jetzt fiskalische Anreize die eigentlichen Ursachen sind? Es gibt enorme Parallelen zu den Konjunkturprogrammen im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg und den Ölembargos in den 70er Jahren. Ganz zu schweigen von der demographischen Entwicklung, die ebenfalls die Inflation anheizt.“

US-Staatsanleihen unter Druck

„Das Abflachen der Kurve ist ein guter Hinweis darauf, was wahrscheinlich weiterhin bei den US-Staatsanleihen passieren wird. Die 2-jährige Anleihe spiegelt die Leitzinsen wider. Und um die Inflation zu senken, muss der Leitzins wahrscheinlich deutlich höher liegen, als die Fed und der Markt erwarten. Der 2-Jahres-Zins hat also reichlich Spielraum, um weiter zu steigen. Der 10-Jahres-Zins hingegen preist Wachstum ein. Und wenn die Fed aggressiver wird, muss das Wachstum zurückgehen. Die kurzfristigen Zinssätze steigen also über die gesamte Kurve hinweg, aber der 10-Jahres-Zins ist heute viel näher am fairen Wert als noch vor 6 Monaten.“

„Mancher fragt sich, ob sich die US-Notenbank selbst in die Enge getrieben habe, indem sie die Erhöhung um 75 Basispunkte vom Tisch genommen hat: Ganz und gar nicht. Die 75 Basispunkte sind sehr wohl noch auf dem Tisch. Die Fed hat sehr deutlich gemacht, dass dies von den Daten abhängt.“ 

Neue alte Abhängigkeiten von Anleihen- und Aktienmarkt

„Derzeit fallen Anleihen und Aktien noch parallel. Doch vieles spricht dafür, dass langfristige Investments wie Technologie, Kommunikationsdienstleistungen und zyklische Konsumgüter durch höhere Zinsen doch beeinflusst werden. Aber es geht nicht nur um die Zinsen. Wir haben Lagerbestände aufgebaut, die Inflation drückt auf die Margen, und das Gewinnwachstum geht zurück. Ob ein Rückgang der Renditen positiv für Aktien wäre, ist fraglich. Schauen wir uns an, was sowohl im März als auch im Mai passierte: Die Zinsen gingen zurück und Aktien wurden abverkauft. Die Auswirkungen eines geringeren Wachstums und niedrigerer Anleiherenditen verheißen wahrscheinlich auch nichts Gutes für Aktien.“

Wie müssen sich Investoren jetzt aufstellen?

„Der Bullenmarkt bei Anleihen ist offenbar vorbei. Doch was sollen die Anleger nun tun? Zunächst sollten sie die Duration untergewichten. Das ist aktuell für das Portfolio sehr wichtig. Außerdem ist es entscheidend, dass Aktieninvestoren erkennen, dass ihre Aktien an den Anleihenmarkt gebunden und zinssensibel sind, insbesondere Wachstumsaktien. Im Anleihemarkt dagegen sollten Investoren sehr liquide und taktisch vorgehen. Im Moment bedeutet das, dass man hochwertige, variabel verzinsliche Investment-Grade-Papiere halten sollte. Diese werden durch steigende Zinssätze nicht allzu sehr in Mitleidenschaft gezogen und könnten eine positive Rendite abwerfen, wenn sich der Markt beruhigt und eine Rezession vermieden werden kann. Außerdem werden Hypotheken langsam attraktiv. Und bei Unternehmensanleihen gibt es ebenfalls Bereiche, die zum ersten Mal seit wahrscheinlich einem Jahr ein gewisses Gesamtrenditepotenzial aufweisen.“

Hoffnungsschimmer Japan, China, Kanada, UK, Australien, Irland

„Investoren dürfen nicht kurzsichtig sein. Japan und China sind zwei große Länder, die die finanziellen Bedingungen nicht verschärfen. Es gibt rohstoffreiche Länder wie Kanada, das Vereinigte Königreich und Australien, die nicht so einen Ansturm auf die Energiemärkte erlebt haben wie die USA. Im Inland haben sich qualitativ hochwertige Dividendenpapiere in diesem Jahr sehr gut gehalten, und wir gehen davon aus, dass sich dies fortsetzen wird. Die makroökonomische Situation in den USA jedoch wird wohl noch einige Zeit lang herausfordernd bleiben. Solange die Fed die Inflation nicht in den Griff bekommt, werden die Märkte weiterhin Schwierigkeiten haben, einen Katalysator für einen anhaltenden Aufwärtstrend zu finden.

„Die größten Sorgen bei Investoren sind derzeit, was sie mit ihren festverzinslichen Wertpapieren tun sollen. Sie können sich nirgendwo verstecken. Und es ist klar, dass Cash auch keine Lösung ist. Die meisten Investoren haben schon einmal mit fallenden Aktienmärkten zu tun gehabt, aber mit einem Anleihenmarkt wie wir ihn heute haben, noch nie.“

Was sollten Anleger jetzt tun?

„Seien Sie liquide und taktisch. Vergessen Sie die Vorstellung, dass dies das 4. Quartal 2018 ist, und machen Sie sich klar, dass wir uns in einem neuen Zeitalter bewegen, das von höherer Inflation, einer aggressiveren Fed und einem langsameren Gewinnwachstum geprägt ist. Je eher die Investoren diese Dinge akzeptieren, desto eher können sie sich neu positionieren, um von dieser Art von Welt zu profitieren. Im Wesentlichen bedeutet dies, das Gegenteil von allem zu tun, was von 2010 bis 2020 funktioniert hat. Wachstum ist nicht die Antwort. Die Basis eines Portfolios sollten defensive und rohstoffbezogene Engagements in Verbindung mit hochwertigen variabel verzinslichen Papieren und Investment-Grade-Risiken bilden. Suchen Sie außerhalb der USA nach Möglichkeiten.“

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