Die jüngsten Entscheidungen der Notenbanken in den USA und Japan wurden von den Investoren positiv aufgenommen, die Börsen stiegen. Gastkommentar von Jack McIntyre, Brandywine Global
Die Falken im Federal Open Market Committee (FOMC) der amerikanischen Zentralbank haben gestern bekommen, was sie wollten: Eine Zinsstraffung hat wie erwartet nicht stattgefunden, aber ein möglicher Zinsschritt im Dezember ist durchgeklungen. Während man bei der Fed also alles beim Alten ließ, hat sich die japanische Notenbank (BoJ) entschieden, neue Wege zu gehen.
Bank of Japan geht präziser vor
Die BoJ geht ihre Währungspolitik nun mit dem Skalpell und nicht mit dem Fleischerbeil an. Das soll heißen, dass die Japaner spezifischer vorgehen. Anstatt wie bisher Ziele für das Anleihekaufprogramm zu etablieren, wollen die Währungshüter nun versuchen, die Renditekurve des Landes zu kontrollieren. Diese stellt die Renditen von Wertpapieren mit verschiedenen Laufzeiten grafisch dar. Der Plan ist, die Inflationserwartungen zu erhöhen, was wiederum die Anleiherenditen erhöhen und damit zu einer steileren Kurve führen sollte. Damit soll Druck von den heimischen Banken genommen werden, deren Gewinnspannen unter dem aktuell negativen Zinsumfeld leiden. Was letztendlich aber passieren muss, ist, dass die Renditekurve aus eigener Kraft ansteigt. Das bedeutet im Klartext: mehr Inflation muss in der japanischen Wirtschaft verankert werden.
Die BoJ hat sich außerdem zu ihrem Inflationsziel von zwei Prozent bekannt und Bereitschaft gezeigt, dies sogar zu überschreiten. Damit könnten am längeren Ende der Renditekurve Inflationserwartungen eingepreist werden, wenn die Inflation anfängt umzuschlagen. Ein starker Yen ist ein Vorbehalt für diese Pläne. Wenn der Yen ansteigt, wird das einen Inflationsabbau oder eine Deflation beflügeln und damit wird die BoJ unter Druck gesetzt, weiter zu handeln – zum Beispiel durch den Ankauf von ausländischen Staatsanleihen. Meiner Meinung nach, wartet die BoJ auf den richtigen Augenblick bis Abes Regierung weiteren fiskalpolitischen Stimulus einführt oder sogar noch besser, seinen dritten Pfeil, die Strukturreformen, einsetzt.
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USA bereiten sich auf den Zinsschritt vor
Bis es soweit ist, könnte in Amerika bereits der nächste Zinsschritt stattgefunden haben. Bei der gestrigen Sitzung des FOMC gab es bereits drei Mitglieder, die sich schon gestern für eine Straffung aussprachen. Dies deutet darauf hin, dass die Falken an Popularität gewinnen. Der Markt rechnet mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 Prozent auf eine Zinsanhebung im Dezember. Sollte die Fed dies nicht tun, müssen wir uns fragen ob wir uns tatsächlich in einem Straffungszyklus befinden. Jack McIntyre ist Portfoliomanager bei der Legg Mason-Tochtergesellschaft Brandywine Global
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