EXKLUSIV

Jahreswechsel: So wird 2025 für den Finanzvertrieb

Wie auch immer die Sache ausgeht: Die Kleinanlegerstrategie wird 2025 wohl so oder so noch für einige Diskussionen sorgen. Denn sie enthält umfangreiche Änderungen und neue Bürokratie, etwa zur Geeignetheitsprüfung und zur Kostentransparenz, die bislang wegen des alles dominierenden Themas Provisionsverbot außerhalb von Verbandskreisen kaum Beachtung gefunden haben.

Konkret betreffen werden diese Änderungen die Arbeit von Finanz- und Versicherungsvermittlern indes erst nach 2025. Denn schon der bisherige Entwurf der RIS sieht eine Übergangsfrist von 18 Monaten vor. Bei einer Verabschiedung bis Mitte 2025 wäre das Inkrafttreten also Ende 2026. Das wird jedoch vielfach als zu kurz angesehen. Zudem werden die für die Umsetzung wichtigen Detailvorschriften absehbar wieder einmal erst mit Verzögerung kommen. 

So berichtete der AfW aus einem Gespräch mit Markus Ferber (CSU), Mitglied des EU-Parlaments, wonach der EU-Rat eine deutlich längere Übergangsfrist von 36 Monaten bevorzugt. Laut Ferber könnte es auf einen Kompromiss von etwa 30 Monaten hinauslaufen. Realistisch sei das Inkrafttreten am 1. Januar 2028 zu erwarten, sagte er.

„Umfangreiche Anpassungen bei allen Akteuren notwendig“

„Die Retail Investment Strategy (…) erfordert umfangreiche Anpassungen der Systeme und Prozesse bei allen Akteuren der Branche. Schulungen, IT-Updates und die Anpassung nationaler Gesetzgebungen sind notwendig, um eine rechtskonforme Umsetzung zu gewährleisten“, so Ferber. Die Kleinanlegerstrategie wird also auch ohne Provisionsverbot eine ziemliche Herausforderung und die Vorbereitungen werden sicherlich unmittelbar nach deren Verabschiedung beginnen müssen. 

Bedeutung für 2025 hat daneben etwas, das nun wahrscheinlich zunächst nicht stattfindet: Die Reform der privaten Altersvorsorge und die Fortentwicklung der glücklosen „Riesterrente“ zu einem „Altersvorsorgedepot“ mit mehr Flexibilität der Kunden und angemessenen Verdienstmöglichkeiten für Anbieter und Vertrieb. Dieser Gesetzentwurf befand sich vor dem Ampel-Aus nach langem Gezerre auf der Zielgeraden oder jedenfalls in deren Nähe.

Auch wenn die meisten Finanzdienstleister das Ende der ungeliebten Ampel mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben werden, ist es in diesem Punkt keine gute Nachricht. Denn das Gesetzesvorhaben war von den Branchenvertretern durchweg begrüßt worden, jedenfalls grundsätzlich. Nun ist sehr unwahrscheinlich, dass es noch vor der Wahl verabschiedet wird und was danach passiert, steht in den Sternen. 

Hoffnung auf Ende der Hängepartie

Auch dem Vertrieb bleibt somit nur die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Hängepartie. Für die Branche werde von großer Bedeutung sein, welche Akzente eine neue Bundesregierung setzt, sagt etwa Norbert Porazik, Geschäftsführer des Maklerpools Fondsfinanz. „Wir hoffen auf eine stabile Koalition, die sich für die Stärkung des Finanz- und Versicherungswesens einsetzt und sich um drängende Themen kümmert, wie ein tragfähiges Konzept zur Altersvorsorge oder Lösungen für die finanziellen Herausforderungen in der Kranken- und Pflegeabsicherung“, betont er. Die allgemeine Entwicklung der Wirtschaft werde ebenfalls eine Rolle spielen, beeinflusst von globalen Ereignissen und dem weiterhin spürbaren Fachkräftemangel. 

„Mit einer klugen Strategie bin ich mir jedoch sicher, dass sich die Fonds Finanz weiterhin stabil behaupten und wachsen wird“, so Porazik weiter. „Im Unternehmen legen wir unseren Fokus im kommenden Jahr vor allem auf Themen rund um Digitalisierung, Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI)“, kündigt er an. Effizientere Prozesse nützten letztlich auch den angebundenen Partnern. „Außerdem setzen wir uns dafür ein, den Vermittlern niedrigschwellig Zugang zu KI-gestützten Anwendungen zu ermöglichen“, so Porazik.

KI sei dabei, die gesamte Wirtschaft zu revolutionieren und für Makler seien vor allem Einsatzfelder interessant, die zur Automatisierung von Routineaufgaben, Datenpflege oder Unterstützung bei der Standardkommunikation beitragen. „Wir wollen, dass auch Einzelmakler von diesen Vorteilen profitieren und diese nicht größeren Unternehmen oder Verbünden vorbehalten sind“, betont der Fondsfinanz-Chef.

Beachtliches Wachstum bei Vema

Auch andere Unternehmen konzentrieren sich trotz der wenig erbaulichen Rahmenbedingungen, die sie ohnehin nicht allein ändern können, auf sich selbst – und sind dabei durchaus optimistisch. „Im Jahr 2025 werden wir die Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern auf allen Ebenen weiter ausbauen“, antwortet zum Beispiel Hermann Hübner, Vorstandsvorsitzender des als Genossenschaft organisierten Versicherungsmakler-Verbunds Vema, auf die Frage nach den Erwartungen und Planungen für 2025. Vema werde „die rund acht Millionen verwalteten aktiven Verträge weiter steigern und das Courtagevolumen des über die Vema vermittelten Versicherungsgeschäfts wird sicher die 500-Millionen-Euro-Grenze überschreiten“, kündigt er an. 

Das wäre ein beachtliches Wachstum, jedenfalls gegenüber 2023. Für das vergangene Jahr hatte Hübner im Rahmen der Cash.-Hitliste der Maklerpools ein Courtagevolumen, das bei dem Modell der Vema von den Versicherungsgesellschaften überwiegend direkt mit den angeschlossenen Maklern abgerechnet wird, von 425,3 Millionen Euro gemeldet. Schon 500 Millionen Euro wären rund 18 Prozent mehr.

Auch MLP optimistisch

Optimistisch ist auch Oliver Liebermann, Vertriebsvorstand des Vertriebs MLP, auch wenn er sich nicht mit konkreten Zahlen aus dem Fenster lehnt. „Die breite und verzahnte Aufstellung unserer MLP Gruppe wird uns auch 2025 strategische Wettbewerbsvorteile verschaffen: Relevante Trends wie das Thema Nachhaltigkeit oder die fortlaufende Digitalisierung und der kundenorientierte Einsatz von Künstlicher Intelligenz werden unterstützend auf diesem Weg wirken“, schreibt er auf die Cash.-Anfrage. 

„Insbesondere das Wachstum der Vermögen in Deutschland sowie die Bedürfnisse, die aus Vermögensnachfolgen und dem demografischen Wandel entstehen, werden uns weiterhin zugutekommen“, so Liebermann weiter. Schon für die ersten neun Monate 2024 hatte MLP unlängst einen Umsatzanstieg von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 746 Millionen Euro gemeldet und dürfte damit für das Gesamtjahr eine Milliarde Euro im Blick haben.

Auch die Wettbewerber Jung, DMS & Cie. sowie Netfonds meldeten per Ende September kräftiges Wachstum. Trotz Ampel-Gewürge und schwachen Wirtschaftsdaten waren die Bedingungen für den Finanz- und Versicherungsvertrieb 2024 also offenbar so schlecht nicht. 

Nächste Seite: Herausforderungen im Immobilien-Vertrieb

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

1 2 3Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments