Die Liberalen haben sowieso mit Frau Merkel noch ein Hühnchen zu rupfen. Die Kanzlerin hat die FDP in der letzten schwarz-gelben Koalition am langen Arm verhungern lassen und sie damit in die außerparlamentarische Diaspora geschickt. Kann die FDP diesmal keine wahrnehmbaren politischen Duftmarken hinterlassen, wird sie Jamaika platzen lassen. Das ist ihr viel wichtiger als bei der nächsten Bundestagswahl final von der Polit-Klippe zu fallen.
Man fragt sich insgesamt, wie die ideologischen Bretter der mutmaßlichen Koalitionäre fallen können und ob sie bereit sind, ohne Ekel politische Kröten zu schlucken. Vier unterschiedliche Parteien zusammenzubringen und wie die jamaikanische Bobmannschaft bei der Winterolympiade 1988 im kanadischen Calgary erfolgreich zu einem Team zu formen, erfordert einzigartige Trainerqualitäten von Frau Merkel.
Jedem Regierungs-Anfang wohnt ein Zauber inne, oder?
Die deutsche Wirtschaft zeigt sich über den Wahlerfolg der AfD entsetzt. Doch ist damit Deutschland in einer Polit-Realität angekommen, die in anderen EU-Ländern schon seit vielen Jahren gang und gäbe ist. Eine neue Regierung hat in der kommenden Legislaturperiode die Bringschuld, mit der Schaffung von Perspektiven für die Bevölkerung dagegen zu halten.
Der deutsche Aktienmarkt scheint derzeit noch keine Bauchschmerzen mit einer schwierigen Regierungsbildung zu haben. In Form der alten wie neuen Kanzlerin Merkel gibt es zumindest eine Konstante. Der letzten GroKo weint die deutsche Wirtschaft kaum Tränen nach. Gegenüber ihrer Reformunbeweglichkeit ist der Berliner Reichstag geradezu ein Kreisel. Es wurde reagiert und verwaltet, nicht regiert und nicht visionär gehandelt.
Reformistischer Neuanfang durch Jamaika
Die deutsche Wirtschaft sieht dagegen in Jamaika durchaus den Charme eines reformistischen Neuanfangs. In den Punkten Bildung, Digitalisierung und Einwanderungsgesetz nach dem Vorbild Kanadas gibt es zumindest eine konsensfähige Basis. Kehren also neue Besen gut?
Seite drei: Die Börse wird nicht ewig auf Jamaika warten