Vor dem Hintergrund wird die Grundfähigkeitsversicherung (GFV) von immer mehr Anbietern als preiswerte und gute Lösung im Rahmen der Arbeitskraftabsicherung angesehen. Volkswohlbund-Produktmanagerin Gervens betont, dass es sich bei der GFV um keine Light-Variante einer BU-Versicherung handle, sondern um ein eigenständiges Versicherungsprodukt. „Sie sichert bestimmte Fähigkeiten und eben nicht die Arbeitskraft. Für einige Kunden sind allerdings genau diese Fähigkeiten für ihren Alltag und Beruf essenziell.
Für Handwerker stellt die GFV daher häufig eine sehr sinnvolle Absicherung dar“, sagt Gervens. Laut Morgen und Morgen ist allein von April bis November 2022 die Anzahl der GFV-Tarifkombinationen von 112 auf 167 gestiegen. Für dieses Jahr erwartet das Hofheimer Analysehaus einen weiteren Anstieg. „Wenige Versicherer haben auch Tarife für Kinder herausgebracht, daher erwarten wir hierzu etwas mehr Bewegung als bislang“, erwartet M&M-Experte Ludwig.
Nach Aussage von Fonds Finanz-Geschäftsführerin Schönteich gibt es in den Tarifen mancher Anbieter von Grundfähigkeitsversicherungen Leistungsauslöser, die in der Berufsunfähigkeit nicht versicherbar sind. „Hierzu zählen unter anderem die Fähigkeit „Verlust des PKW- oder LKW-Führerscheins aus gesundheitlichen Gründen“ oder für Beschäftigte der Gastronomiebranche der Verlust des Geschmackssinns. Ein Verlust einer solchen versicherten Fähigkeit führt schneller zu einem Leistungsfall als in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Leistung in der Grundfähigkeit wird zusätzlich unabhängig davon ausbezahlt, ob der Versicherte weiterhin arbeiten kann oder möchte“, sagt Schönteich.
AKS-Experte Ludwig gibt jedoch zu bedenken, dass bei einem etwaigen Berufswechsel der Versicherungsschutz nicht mit zum neuen Beruf wandert. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die GFV Fähigkeiten versichert und nicht die Möglichkeit mit der Arbeit ein Erwerbseinkommen zu erzielen. „Natürlich kann der Fall eintreten, dass man eine Fähigkeit verliert, die für den eigenen Beruf erforderlich ist. Jedoch ist genauso gut der schlimmste Fall denkbar, dass man aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, aber keine versicherte Fähigkeit verloren habe“, sagt Ludwig. „Wir sehen also, dass die GFV von der Einkommenserzielung abgekoppelt ist.“ Die Ausschnittsdeckung ist für Ludwig eine Schwäche des Produktes.
Einig sind sich die Experten, dass der Vertrieb beim Thema Arbeitskraftabsicherung gefordert sind. Denn ausgezeichnete Rating-Ergebnisse sind in den Bedingungen in der Spitzengruppe der BU-Versicherer inzwischen eine Selbstverständlichkeit. „Bei der Beratung zum Thema AKS ist eine wichtige Herausforderung, die entscheidenden Kriterien auszumachen, die für einen wirklich guten Schutz stehen. Neben Erfahrung und Finanzstärke des Versicherers sollte die Sicherheit seines Leistungsversprechens an erster Stelle stehen“, sagt Alte Leipziger-Vertriebsleiter Sattler.
Das Leistungsversprechen werde in den Bedingungen definiert. „Je klarer das Versprechen, desto berechenbarer ist die Leistungsentscheidung. Natürlich sind auch eine gute Risiko-und Leistungsprüfung und ein flexibler Schutz mit Anpassungsmöglichkeiten an geänderte Bedürfnisse wichtig. Letztendlich ist das Gesamtpaket entscheidend. Eines sollte dabei klar sein: Das beste BU-Gesamtpaket am Markt kann es nicht zum Dumping-Preis geben. Bei der Bewertung des Preises sollte auf ein faires Preis-Leistungsverhältnis mit geringem Spread zwischen Brutto- und Nettobeitrag geachtet werden“, so Sattler.
„Grundsätzlich ist die BU die beste Lösung für die Absicherung der Arbeitskraft, ihr Leistungsumfang ist sozusagen der Goldstandard“, sagt MLP-Frau Michelsen. Gleichwohl sei eine BU-Absicherung aus unterschiedlichen Gründen, wie Preis oder Vorerkrankungen, oft nicht möglich. „Die logische erste Alternative wäre die EU, die völlig zu Unrecht keinen guten Ruf genießt. Sie deckt etwa das Risiko Psyche vergleichbar gut ab wie die BU. Auch der Bezug zum Erwerb ist unmittelbar gegeben, nur gegenüber der BU in abgeschwächter Form. Daher bietet sich die EU als Alternative zur BU insbesondere bei kaufmännisch Tätigen an. Aber auch bei körperlich tätigen Berufen, die Wert auf eine umfangreiche Absicherung psychischer Erkrankungen legen, ist die EU eine gute Alternative“, ergänzt F&B-Geschäftsführer Michael Franke.
Die GFV hingegen ist laut M&M-Experte Ludwig in ihrer Grundform eine Ausschnittsdeckung einer AKS. Diese könne zu einer temporären oder einer berufsbezogenen Arbeitskraftabsicherung durch bestimmte versicherte Fähigkeiten erweitert werden. Zudem sei die GFV eine Alternative, wenn man aus gesundheitlichen Gründen keine BU oder EU mehr abschließen kann. „Ich denke dabei gerade an Verbraucher, die schon mal einen Burnout hatten. Bei diesen wird in der Regel eine Versicherung in der EU oder BU scheitern“, lautet Ludwig‘s Fazit.