KAGB: Die wundersame Wendung

Beteiligungsangebote in der bisherigen Rechtsform der GmbH & Co. KG sollen unter bestimmten Voraussetzungen auch künftig ohne BaFin-Aufsicht und ohne die Bürokratie des geplanten Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) möglich bleiben. Die Folgen allerdings wären grotesk. Die Löwer-Kolumne

Cash.-Kolumnist Stefan Löwer
Cash.-Kolumnist Stefan Löwer

Durchaus unter die Regulierung fallen können hingegen entgegen den Erwartungen vieler Auguren auch andere Anlageformen wie Genussrechte und Genossenschaftsanteile sowie deren Anbieter.

Die wundersame Wendung geht aus dem Entwurf für ein Auslegungsschreiben zum KAGB hervor, das die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kurz vor Ostern in Umlauf gebracht hat. Demnach ist nicht die Rechtsform Ausschlag gebend dafür, ob es sich um ein „Investmentvermögen“ im Sinne des KAGB handelt, sondern die Ausgestaltung.

Nur Investmentvermögen fallen unter das KAGB. Für die Einstufung ist, so die BaFin, unter anderem Voraussetzung, dass eine festgelegte Anlagestrategie besteht, zum Beispiel durch genau bestimmte Anlagekriterien oder Beschränkungen bei der Asset Allocation.

Über 60 Prozent Fremdkapital bleiben erlaubt

Blind Pools ohne konkrete Anlagekriterien, die gemeinhin als hochriskant gelten, bleiben demnach ohne staatliche Aufsicht über die Anbieter und ohne weitere Produktregeln erlaubt – auch in der Rechtsform der GmbH & Co. KG und mit einem Fremdkapitalhebel von mehr als 60 Prozent des Investitionsvolumens. Es besteht lediglich weiterhin die gesetzliche Prospektpflicht für Vermögensanlagen.

Einen noch weitaus größeren Umgehungsspielraum bietet die Voraussetzung, dass laut Gesetzentwurf auch Beteiligungen an „operativ tätigen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors“ nicht als Investmentvermögen gelten und damit nicht unter das KAGB fallen. Diese Grenze zieht die BaFin offenbar recht weit.

So sei etwa die Projektentwicklung (Konzeption, Ankauf, Entwicklung der Immobilie und anschließender Verkauf der selbst entwickelten Immobilie) als operative Tätigkeit anzusehen. Gleiches gelte für den Betrieb einer Immobilie, zum Beispiel eines Hotels oder einer Pflegeeinrichtung. Unter den Betrieb fällt auch die Verpachtung des Objekts, wenn die Pacht überwiegend an den Umsatz gekoppelt ist. Die reine Vermietung ist hingegen keine operative Tätigkeit.

Groteske Folgen

Im Klartext: Besteht ein langfristiger Vertrag mit einer festen Pacht, müssen sich Fonds und Anbieter der dauerhaften Kontrolle der Finanzaufsicht stellen und den gewaltigen Bürokratieaufwand des KAGB bewältigen. Fehlt hingegen die Absicherung durch eine feste Miete und betreibt der Fonds die Einrichtung selbst, dürfen die Anbieter weiterhin ohne jegliche Beschränkungen oder Befähigungsnachweise agieren.

Eine ähnlich absurde Folge ergibt sich bei Schiffsbeteiligungen. Die bisher üblichen Zeitcharterverträge stuft die BaFin nicht als operative Tätigkeit ein. Begründung: Der Vercharterer (Fonds) bleibe zwar für die technisch-nautische Betriebsführung verantwortlich, für die Auslastung des Schiffes sei aber der Charterer verantwortlich. Im Umkehrschluss dürfte ein Schiffsfonds ohne Chartervertrag, der sich seine Frachtaufträge in dem sehr volatilen Markt täglich neu besorgen muss, operativ tätig sein und damit nicht unter die Aufsicht fallen.

Ebenfalls ausgenommen von dem KAGB sind laut BaFin-Schreiben Bürgerbeteiligungsprojekte (zum Beispiel Windkraft- oder Solaranlagen), sofern der Betrieb der Anlagen nicht ausgelagert ist. Weitere operative Tätigkeiten seien die Produktion von Gütern oder die Lagerung von Rohstoffen, so die BaFin.

Anlegergeld zum Beispiel für die Suche nach Öl, das Schürfen nach Gold oder die Investition in ein einzelnes Start-Up-Pharmaunternehmen ohne jegliche Risikostreuung einzusammeln, ist wohl weiterhin ohne Einschränkungen möglich.

Seite 2: Zockerfonds bleiben ohne staatliche Aufsicht

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