Regulierungs-Chaos: Geschlossene Fonds müssen unkündbar sein

Das Europaparlament und der Europäische Rat haben nun drei Monate Zeit, um der Verordnung noch zu widersprechen. Halten beide still, tritt sie 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft und „gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat“, so der Text der Verordnung. Dass in dem KAGB eine abweichende Regelung enthalten ist, scheint die EU-Bürokraten nicht zu interessieren.

Das Regulierungs-Chaos erreicht damit einen neuen Höhepunkt. Schließlich ist das KAGB nun schon seit einem halben Jahr in Kraft und erneut steigt die schon seit Monaten schwelende Unsicherheit, ob eine seiner wesentlichen Definitionen überhaupt Gültigkeit hat.

Die Hängepartie dürfte auch ein wesentlicher Grund dafür sein, dass die Platzierung im zweiten Halbjahr 2013 in weiten Teilen der Branche offenbar nahezu zum Erliegen gekommen ist und noch immer keine neuen, nach dem KAGB konzipierten Fonds auf den Markt gekommen sind.

Bizarrer Streit zwischen den EU-Behörden

Hintergrund ist ein bizarrer Streit zwischen zwei EU-Behörden: Der Kommission in Brüssel und der in Paris angesiedelten Wertpapieraufsicht ESMA.

Rückblick: Im Sommer 2011 verabschiedete die EU nach jahrelangen Beratungen die EU-Richtlinie für „Alternative Investment Funds Manager“ (AIFM). Nicht enthalten war dort allerdings eine genaue Definition der grundlegenden Frage, wann ein Fonds als „offen“ und wann als „geschlossen“ anzusehen ist.

Hierzu steuerte nach langwierigen Konsultationen und verschiedenen Entwürfen erst im April 2013 die ESMA einen Vorschlag bei. Dieser fand ohne größere öffentliche Diskussion auch Eingang in das KAGB, mit dem die AIFM im Juli 2013 in deutsches Recht umgesetzt wurde. Demnach zählen alle Fonds zu dem geschlossenen Typ, die seltener als einmal jährlich ein Rückgaberecht vorsehen. Das Thema schien gegessen.

Vollständiger Bestandsschutz verweigert

Erst einige Wochen nach dem Inkraftreten des KAGB wurde Mitte August letzten Jahres bekannt, dass die EU-Kommission mit der Definition der ESMA nicht einverstanden war und nur Fonds ohne jegliches Kündigungsrecht als geschlossen einstufen wollte. Die ESMA widersprach ihrerseits und machte einen Kompromissvorschlag mit Bestandsschutz. Danach passierte monatelang: Nichts.

Nun wiederum prescht die EU-Kommission vor. Sie will ihre Vorstellung im Alleingang durchsetzen und verweigert dabei einen vollständigen Bestandsschutz, obwohl sie von dem in Deutschland geltenden Recht abweicht. Auch wenn es ziemlich platt klingen mag, eine Frage drängt sich hier auf: Geht’s noch?


Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse. Er beobachtet die Branche und ihre Produkte als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt bereits seit mehr als 20 Jahren. G.U.B. Analyse ist eine Marke des Deutschen Finanzdienstleistungs-Instituts (DFI), das wie Cash. zu der Cash.Medien AG gehört.

Foto: Cash.

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