Der neue US-Präsident Donald Trump hat schon in den ersten Tagen seiner Amtszeit zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Doch vieles ist noch offen. Auf welche Personen kommt es an, die Trumps Wirtschaftsprogramm umsetzen werden?
„Aus meiner Sicht stehen drei Männer im Mittelpunkt. Da wäre zunächst Scott Bessent zu nennen, den Trump schon seit November für den Posten des Finanzministers vorsieht. Und dann sind da noch Howard Lutnick, der künftige Handelsminister, und Jamieson Greer, der als Handelsbeauftragter vorgesehen ist….
Scott Bessent steht für Deregulierung und Steuersenkungen und spricht sich dafür aus, Zölle einzusetzen, um aus seiner Sicht für die USA unfaire Handelsbedingungen zu korrigieren.“
Was ist mit Lutnick und Greer?
„Beide haben sich für höhere Zölle ausgesprochen und tragen die Angebotspolitik von Trump mit. Sie bringen praktische Erfahrung und Sachkenntnis mit und stehen der Wall Street nahe.“
Auf welche Eckpunkte sollten Anleger nun besonders achten?
„Drei Politikbereiche sind aus meiner Sicht zentral. Die Handelspolitik, die Energiepolitik und die Fiskalpolitik. Die genannten Politiker stehen für eine striktere Handelspolitik und Zollerhöhungen. …
Die Regierung Trump wird die Zollpolitik einsetzen, um Interessen der USA stärker durchzusetzen. Trump droht Kanada und Mexiko etwa mit höheren Zöllen und begründet dies mit der hohen Zuwanderung und der Lieferung von Drogen in die USA. Trump setzt auch die EU und China mit Zöllen unter Druck und erwartet Gegenleistungen. Wir sollten erwarten, dass die USA Zölle als Druckmittel einsetzen werden, um nationale Interessen der USA durchzusetzen. Ökonomisch wirken Zollerhöhungen wie eine Besteuerung der Konsumenten.
Die Inflation in den USA könnte – im schlimmsten Fall – um bis zu 2 Prozent steigen, falls die USA Zölle in Höhe von 60 Prozent für chinesische Güter und 20 Prozent für Importe aus der EU durchsetzen würde. Vermutlich werden die Zölle jedoch allein aus dem Eigeninteresse der USA maßvoller ausfallen. Unter einer restriktiveren Handelspolitik würden primär Europa und China leiden – und nicht die USA. Gerade Deutschland ist eine sehr offene Volkswirtschaft. Der Außenhandel ist für uns weitaus wichtiger als für die USA. Die Gefahr von Zöllen ist insbesondere für die deutsche Automobilindustrie enorm. …
Ein zweiter großer Bereich ist die Energiepolitik. Trump möchte die Gas- und Ölproduktion enorm ausbauen. Dies könnte zu einem Überangebot führen und würde sich dämpfend auf die Energiepreise auswirken. In Europa und Deutschland sind die Energiepreise zwei- bis dreimal so hoch wie in den USA. Dies belastet gerade in Deutschland die Chemie-, Stahl- und Papierindustrie sowie andere energieintensive Branchen. Die Folge ist, dass Unternehmen hierzulande immer wenig in Produktionsanlagen investieren. Die geringen Investitionen der Unternehmen führen dazu, dass das Potentialwachstum in Deutschland niedrig ist. Nach Schätzungen der EU-Kommission liegt das Potentialwachstum bei 0,6 Prozent, nach dem Sachverständigenrat bei 0,4 Prozent. Zentral für Deutschland und Europa ist, dass die EU einheitlich handelt, eine besser abgestimmte Energiepolitik betreibt und Maßnahmen unterlässt, die Investitionen behindern. Das dritte große Politikfeld wird die Fiskalpolitik sein. Hier müssen wir sehen, wie Trump die Steuersenkungen für Unternehmen finanziert. …
Steuern sind ein wesentlicher Kostenblock für Unternehmen. Eine niedrigere Steuerlast ist gut für amerikanische Unternehmen und die Wall Street. Denn weniger Steuern wirken unmittelbar positiv auf den Gewinn je Aktie. Zudem wird die Regierung Trump eine Deregulierung der Wirtschaft einleiten. Eine der ersten Maßnahmen von Trump war, dass er die unter Joe Biden geschaffene Regulierung für KI abgeschafft hat.“
Drohen unter Trump mehr Handelskonflikte?
„Die Handelsbeziehungen der USA zum Rest der Welt werden auf jeden Fall schwieriger. In seiner Rede zur Amtseinführung wollte Trump keinen Zweifel daran lassen, dass er kompromisslos die Interessen der USA an oberste Stelle setzen werde. Eine gute und wünschenswerte Folge wäre, dass die EU nun fester zusammensteht. Ob dies passiert, ist jedoch leider ungewiss.“
Auf welche weiteren Risiken müssen sich die Anleger noch einstellen?
„Eine weitere Unbekannte ist die Entwicklung der Staatsverschuldung, die ja heute schon mit über 120 Prozent des BIP sehr hoch ist. …
Die hohen Schulden führen dazu, dass Anleger höhere Risikoprämien verlangen werden, wenn sie dem Staat Kapital zur Verfügung stellen. Im Trend sind die Zinsen seit den 80er Jahren weltweit zurückgegangen. Die fallenden Zinsen haben dazu geführt, dass die Bewertung der Unternehmen an den Finanzmärkten gestiegen ist…
Wenn die Verschuldung der USA aber weiter steigt, dann werden die Anleger höhere Laufzeitprämien fordern, die sie für das höhere Risiko infolge der zunehmenden Verschuldung kompensieren. Deutlich höhere Zinsen wären Gift für die Bewertung von Anleihen und Aktien. Eine zu rigide Handelspolitik und die Abschiebung von Millionen Arbeitskräften könnten zudem die Inflation in den USA beflügeln. Die Hoffnung ist, dass der neue Finanzminister Scott Bessent und andere ökonomisch sehr gut geschulte Fachleute, die der US-Regierung angehören, auf eine maßvollere Handels- und Abschiebungspolitik dringen. Aber die Gefahr einer höheren Inflation in den USA steigt. Die Regierung Trump wird zudem versuchen, die Unabhängigkeit der Federal Reserve (Fed) zu beschneiden. …
Sollte er die Unabhängigkeit der Fed einschränken wollen, wäre dies meiner Ansicht nach ein falsches Signal an die Märkte.“
Wie sollten sich Anleger gegenüber den USA positionieren?
„Vorsichtige Anleger schauen sich die Risiken stets genau an. …
Im Falle Trumps überwiegen meiner Meinung nach – zumindest derzeit – aus Sicht der Anleger die Chancen. Die Regierung Trump wird offenbar eine klar angebotsorientierte Wirtschaftspolitik verfolgen, die die Wettbewerbsfähigkeit der USA aller Voraussicht nach verbessern dürfte.“